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Evergreen: digital und grün sparen

Die Vermittlung von Wissen rund ums Geld findet in der Schule nur ansatzweise statt. Daher springen Start-ups in diese Lücke und bieten Apps, die jungen (und auch älteren) Menschen helfen, die eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen. Das DIA stellt in loser Folge einige davon vor. Heute: Evergreen.

In den ersten Wochen des laufenden Jahres präsentierte Evergreen der Öffentlichkeit gleich drei Neuigkeiten. Erst vermeldete der nachhaltige Asset-Manager mit digitaler Vermögensverwaltung den Launch von zwei neuen Fonds. Dann schloss er eine neue Finanzierungsrunde erfolgreich ab. In der ersten Februardekade schließlich lieferte das Start-up die eigene App an den Google Play Store und den App-Store von Apple aus.

Die App, das räumte Gründer und Evergreen-CEO Iven Kurz ein, hatten die Nutzer schon länger erwartet. Der einfache und auch mobile Zugang zu den persönlichen Finanzen sei heute nun einmal Standard. In diesem Punkt folgt Evergreen also dem Markttrend. In einigen anderen hebt es sich hingegen mit Nachdruck ab. Zwei sind dem Leipziger Unternehmen besonders wichtig: die Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage und im eigenen Unternehmen sowie die Kostenstruktur.

Aber der Reihe nach: Zunächst verspricht Evergreen seinen Nutzern eine leicht zu handhabende digitale Plattform, um den Vermögensaufbau zu planen, zielgerichtet zu investieren und flexibel zu sparen. Flexibel wie bei einem Girokonto soll es zugehen. Mit den Evergreen-Pockets können einzelne Sparziele unabhängig voneinander angestrebt werden. Also zum Beispiel eines dieser „digitalen Sparschweine“ für den nächsten Urlaub und eines für die Altersvorsorge. Da die unterschiedlichen Sparziele auch mit unterschiedlichen Sparzeiträumen verbunden sind, wird jedem Ziel eine eigene Risikoklasse zugeteilt. Bei der Altersvorsorge mit einem Zeithorizont von 30 oder 40 Jahren ist mehr Risiko in der Kapitalanlage möglich als beim Sparen für den Urlaub in zehn oder zwölf Monaten. Ein Planungstool unterstützt die Nutzer bei der Entscheidung für solche, in der Anzahl nicht begrenzter Unterkonten. Die Einrichtung des Depots verspricht Evergreen innerhalb von 15 Minuten.

Fonds aus eigener „Fertigung“

Anders als andere Vermögensverwalter und Robo-Advisor setzt das Unternehmen für die Kapitalanlage aber keine ETF oder Fonds von externen Anbietern ein, sondern verwaltet eigene Publikumsfonds nach strengen Nachhaltigkeitskriterien. Darin sieht das Start-up auch einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb, weil es aus diesem Grund deutlich kostengünstiger sein könne. So wird Evergreen als „erster gebührenfreier Robo-Advisor“ beworben. Das ist vielleicht ein wenig Haarspalterei. Natürlich ist unter dem Strich auch diese Dienstleistung nicht umsonst zu haben. Aber Evergreen finanziert sich ausschließlich aus der Gebühr für die Verwaltung der eigenen Fonds und bepreist die übrigen Leistungen wie das tägliche Rebalancing nicht gesondert. Die Fondskosten sind mit 0,59 Prozent pro Jahr moderat, vor allem wenn man bedenkt, dass damit alle Dienstleistungen abgedeckt sind. Vermögensverwaltung bei anderen Anbietern kostet zusammen mit den Fondsgebühren schnell einiges mehr.

Tägliches Rebalancing der Portfolios

An den anderenorts üblichen Kosten in Finanzprodukten reibt sich CEO Iven Kurz gern und heftig, wie ein Gespräch mit dem Deutschen Institut für Altersvorsorge vor einiger Zeit zeigte. Passend dazu gibt es auf der Webseite von Evergreen ein Rechentool, mit dem jeder ermitteln kann, wie sich Kosten über die Jahre auf die Rendite einer Kapitalanlage auswirken. Da kann Evergreen natürlich gegenüber den beiden Alternativen (konkurrierende Robo-Advisor und Fondsanlage in der Filialbank) klar punkten.

In der Kapitalanlage fällt auf, dass Evergreen ein tägliches Rebalancing betreibt und so je nach Marktlage den Aktien- und Rentenanteil sowie die Kassenquote anpasst. Die jeweiligen Quoten weist das Fintech für den Kunden transparent aus. Mit der neuen App werden die Sparer zudem direkt informiert, wenn im Rahmen des Risikomanagements Umschichtungen stattfinden. Außerdem weist die App daraufhin, wenn signifikante Marktbewegungen das Portfolio beeinflusst haben.

Dämpfung der Steuerlast

Pfiffig ist auch die steuerliche Optimierung. Damit die Erträge nicht mit voller Wucht in die Steuerberechnung am Ende des Sparens einschlagen, bietet Evergreen eine automatische Dämpfung der Steuerlast an. Der Sparer reicht seinen Freistellungsantrag ein und das Fintech sorgt mit intelligenten Umschichtungen dafür, dass der Freibetrag jedes Jahr auch ausgeschöpft wird. So fallen am Ende weniger steuerpflichtige Erträge an.

Zuflucht für Kunden insolventer Fintechs

Evergreen übernahm bereits zweimal Kunden von gescheiterten Konkurrenten. Im vergangenen Jahr erhielten erst die Anleger des insolventen Robo-Advisor Rubarb und dann die Sparer des Altersvorsorge-Start-up Vantik die Gelegenheit, ihre Kapitalanlage bei den Leipzigern fortzusetzen. Sowohl Rubarb als auch Vantik war es nicht gelungen, ein funktionierendes Geschäftsmodell mit ausreichend Kunden aufzubauen. Evergreen konnte die Zahl seiner aktiven Kunden dagegen 2022 mehr als verdoppeln. Außerdem arbeitet es mit anderen Start-ups zusammen, zum Beispiel mit der Banking-App Tomorrow.

Weitere Sparprodukte in der Pipeline

In naher Zukunft soll das Angebot weiter diversifiziert werden. Für Kinder, denen zum Beispiel die Großeltern ein wenig Startkapital aufbauen wollen, gibt es bereits eine Lösung. Nächste Schritte könnten auf die vermögenswirksamen Leistungen, auf die Europarente oder die betriebliche Altersversorgung (bAV) zielen. Gerade bei Letzterer wird es spannend sein, wie das Fintech mit den rechtlichen Anforderungen an bAV-Produkte klarkommt. Andere Start-ups wie zum Beispiel MyPension halten sich genau aus diesem Grund mit Absicht von der bAV fern und beschränken sich auf die private Altersvorsorge.