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Sinkende Lohnquote hat Folgen für die Rente

Mit der voranschreitenden Digitalisierung geht ein Austausch von Arbeit durch Kapital einher. Das hat Folgen für das deutsche Sozialsystem, deren wichtigste Finanzierungsquelle die beitragspflichtigen Lohneinkommen sind. Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) sucht nach geeigneten Reaktionen auf diese Entwicklung.

In nahezu allen entwickelten Industriestaaten sinken seit mehr als 30 Jahren die gesamtwirtschaftlichen Lohnquoten und damit auch der Anteil der beitragspflichtigen Löhne und Gehälter am Volkseinkommen. So verringerte sich in Deutschland die Lohnquote seit den 80er Jahren, als sie ihren bisherigen Höhepunkt erreichte, um nahezu zehn Prozentpunkte.

Das konnte auch der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf eine Rekordhöhe von etwa 33 Millionen nicht verhindern. Hält diese Entwicklung an, entsteht für das Rentensystem eine brisante Situation. Zum einen erodiert die Finanzierungsbasis. Zum anderen setzt gleichzeitig ein Alterungsschub ein, der weit in die 2040er Jahre reicht.

Für den trendmäßigen Rückgang der Lohnanteile an den gesamtwirtschaftlichen Einkommen in den Industriestaaten machte der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer Studie aus dem Jahr 2017 vor allem zwei Gründe aus. Erstens: Durch den technologischen Fortschritt nimmt die Kapitalintensität zu. Zweitens: Die Globalisierung beeinträchtigt die Lohnsetzungsmacht der nationalen Gewerkschaften.

Merkliche Einbußen bei der Lohnsumme

Zwar gehen die Einschätzungen darüber, in welchem Umfang die um sich greifende Digitalisierung einerseits Arbeitsplätze überflüssig macht und andererseits neue Beschäftigung entstehen lässt, zum Teil weit auseinander, aber mit Blick auf die beitragspflichtigen Lohneinkommen gleichen sich die Erwartungen. „So sagen selbst Untersuchungen, die positive gesamtwirtschaftliche Beschäftigungseffekte des angelaufenen technologischen Umbruchs erwarten, gleichwohl merkliche Einbußen der Lohnsumme voraus“, stellen die beiden Autoren der jüngsten DIA-Studie, Dennis Huchzermeier und Bert Rürup, fest. Sie wurde im Auftrag des DIA vom Handelsblatt Research Institute in Zusammenarbeit mit der Prognos AG durchgeführt.

Beitragsausfälle für die SV-Systeme

Es gebe eine Reihe von validen Prognosen, fügen die Autoren hinzu, dass weniger die Anzahl der Erwerbstätigen, wohl aber die Anzahl der in Vollzeit und auf der Basis einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung tätigen Personen zurückgehen wird. Im Gegenzug, so eine weitere Feststellung, werden Teilzeitbeschäftigungen sowie Erwerbsverhältnisse auf freiberuflicher Basis und auch befristete Projekttätigkeiten zunehmen. „Unter den derzeitigen Bedingungen wäre dies, im Vergleich zu einer Fortschreibung des Status quo, mit Beitragsausfällen der lohnbasierten Sozialversicherungssysteme verbunden.“

Zusätzlicher Druck aus der Demografie

Überlagert wird diese Entwicklung zusätzlich von der Demografie. Auch von ihr geht weiterer Druck auf die Lohneinkommen aus. Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt spürbar. Den amtlichen Bevölkerungsvorausberechnungen zufolge nimmt bis 2050 das Erwerbspersonenpotenzial um acht Millionen ab. Das Verhältnis der 20- bis unter 67-Jährigen zu den Personen, die 67 Jahre oder älter sind, der sogenannte Altenquotient, steigt bis 2050 um etwa 17 Prozentpunkte.

Die beschriebenen Entwicklungen waren Ausgangspunkt und Motivation für die neue Studie. Sie untersucht, wie sich eine Umstellung der gegenwärtig lohnbezogenen Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen hin zu einer wertschöpfungsabhängigen Finanzierungsbeteiligung auf Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und Preise auswirkt. Auf dieser Grundlage würden nicht nur die Arbeitsentgelte in die Berechnung des Arbeitgeberbeitrages zu den Sozialversicherungen eingehen, sondern auch gezahlte Mieten und Pachten, entrichtete Fremdkapitalzinsen, erzielte Gewinne und verdiente Abschreibungen. Eine solche Umbasierung der Arbeitgeberanteile zielt allerdings nicht auf eine Erhöhung der Finanzierungsbeteiligung der Arbeitgeber. Sie soll lediglich eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bewirken. Damit soll den Veränderungen der Lohnquote Rechnung getragen werden.

In der Summe positive Beschäftigungseffekte

Zusammenfassendes Fazit der Studie: Eine solche Umstellung auf eine Wertschöpfungsabgabe könnte in der Summe zu gesamtwirtschaftlich positiven Auswirkungen führen. Die Beschäftigungseffekte wären in der Summe leicht positiv. Allerdings kommt es in den ersten Jahren nach der Umstellung zu einem erheblichen gesamtwirtschaftlichen Rückgang der Beschäftigung. Dieser Rückgang wird allerdings, das zeigten alle berechneten volkswirtschaftlichen Szenarien, langfristig überkompensiert. Eine nachhaltige beschäftigungs- und wachstumsfeindliche Hemmung der privaten Investitionen ist nicht zu erwarten. Davon waren einschlägige Untersuchungen in den 80er Jahren noch ausgegangen. Das ist wegen der inzwischen veränderten Struktur der deutschen Wirtschaft nicht mehr zu erwarten.