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„Es geht auch um unsere Rente“

Die Älteren dürfen die Rentenpolitik nicht unter sich ausmachen. Dieser Gedanke treibt Sarna Röser um, Bundesvorsitzende des Verbands Die Jungen Unternehmer. Im Interview schildert sie, wie die junge Generation mitreden will.

Die Jungen Unternehmer haben als Alternative zur Rentenkommission der Großen Koalition eine eigene gegründet. Was gab den Ausschlag für dieses zusätzliche Gremium?

Die Junge Rentenkommission haben wir aus Ärger gegründet. Als die Regierung ihre Experten berufen hatte, fiel uns auf, dass kein einziges Mitglied dieser Kommission unter 40 ist. Wir boten daher unsere Mitarbeit an. Aber Bundesminister Heil wollte an der Zusammensetzung der Kommission nicht mehr rütteln. Da mussten wir doch etwas tun. Die Älteren dürfen die Rentenpolitik nicht unter sich ausmachen. Die junge Generation muss sich da auch einbringen können. Es geht schließlich auch um unsere Rente. So haben wir eine eigene Rentenkommission ins Leben gerufen, die aus jungen Wissenschaftlern, jungen Unternehmern und jungen Vertretern der Zivilgesellschaft besteht.

Wie geht die Arbeit voran?

Wir sind zeitgleich mit der Regierungskommission gestartet. Die beiden ersten Sitzungen fanden bereits statt. Unser Ziel ist, bis Juni 2019 eigene Expertenvorschläge zu erarbeiten. Diese werden wir dann der Regierungskommission zur Verfügung stellen, aber auch in der Öffentlichkeit debattieren. Wir brauchen frische Ideen für ein modernes, zukunftssicheres und für alle Generationen faires Rentensystem. Wenn wir Mitte nächsten Jahres unsere Vorschläge vorlegen, können wir noch Einfluss nehmen auf die Gespräche in der Regierungsrentenkommission. Sie will ihre Ergebnisse ja erst 2020 präsentieren.

„Wir wollen keinen Kampf der Generationen.“

Wenn die junge Generation über Vorsorgelasten klagt, die sie schultern muss, kommt oft das Totschlagsargument, die gönnen der Oma die Rente nicht. Haben Sie das selbst schon erlebt?

Klar, sobald man sich als junger Mensch zum Thema Rente äußert und für Generationengerechtigkeit eintritt, bekommt man schnell Gegenwind. Schon die Gründung der Jungen Rentenkommission wurde von einigen in der Regierung als unfreundlicher Akt wahrgenommen. Dabei wollen wir keinen Kampf der Generationen, sondern einen offenen Dialog auf Augenhöhe. Viele Junge winken ab, wenn es um die Rente geht, weil sie den Eindruck haben, dass sie nicht mitreden sollten. Natürlich gönnen die meisten jungen Menschen der älteren Generation eine solide und ausreichende Rente, aber umgekehrt wollen auch die Großeltern, das wir im Alter finanziell abgesichert sind.

„Wir müssen ohne Tabu über das Renteneintrittsalter reden.“

Wo sehen Sie im Augenblick die wichtigsten Stellschrauben im Rentensystem?

Wir müssen zum Beispiel ohne Tabu darüber reden, wie wir das Renteneintrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung koppeln. Wir werden immer älter. Jedes vierte heute neugeborene Mädchen wird den 100. Geburtstag erleben. Darauf muss die Rentenpolitik reagieren!

In den Reihen der Politiker gibt es erheblichen Widerstand dagegen, noch einmal über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu reden. Wie wollen Sie dem beikommen?

Wir wissen, dass es sich dabei um ein heißes Eisen handelt. Da kommt dann nicht selten der Einwand, hinter einer Anhebung des Renteneintrittsalters verberge sich letztlich nur eine Absenkung der Renten. Aber darum geht es doch gar nicht. Wir müssen offen darüber diskutieren, wie unser Rentensystem sich verändern kann und muss. Gegner einer Anhebung führen meist den Dachdecker ins Feld, der mit 60 nicht mehr auf das Dach steigen könne. Aber das verlangt doch gar niemand. Für den Fall, dass jemand seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, müssen natürlich auch ausreichende Lösungen geschaffen werden.

„Mehr Flexibilität bei der Verbindung von Arbeit und Rente.“

Die Kopplung an die Lebenserwartung wäre ein kluger Schachzug. Damit würden die politischen Diskussionen mit einem Streich aus der Welt geschafft. Was dann noch fehlt, sind Möglichkeiten für einen gleitenden Übergang.

Genau, wir brauchen mehr Flexibilität bei der Verbindung von Arbeit und Rente. Das wird bei unserem Expertenvorschlag eine Rolle spielen.

Was halten Sie davon, das fixe Renteneintrittsalter generell abzuschaffen und einen Korridor für den Renteneintritt einzurichten?

Auch darüber diskutieren wir. Wir schauen uns zum Beispiel Rentensysteme in anderen Ländern an, die eine solche Lösung haben und damit ganz gut fahren. Wir wollen von anderen Ländern lernen. Aber es wird nie möglich sein, fremde Systeme eins zu eins zu übernehmen. In der Jungen Rentenkommission fallen die Meinungen zu solchen Lösungen durchaus unterschiedlich aus. So wurde der Einwand vorgetragen, dass schon ein bestimmtes Alter erforderlich ist, an dem sich die Versicherten und Unternehmen orientieren können. Wir haben dazu noch keine fertigen Pläne.

„Falsche Entscheidungen in der Rentenpolitik hatten wir jüngst genug.“

Wie stellen Sie sich die Absicherung der Selbstständigen vor? Die liegen Ihnen doch als Vertreter der Unternehmer besonders am Herzen.

Natürlich würde es kurzfristig erst einmal höhere Einnahmen für die Rentenversicherung bringen, wenn alle Selbstständigen in die Versicherungspflicht einbezogen werden. Mit ihren Einzahlungen erwerben sie aber zugleich Rentenansprüche. Da Selbstständige und Freiberufler oftmals ein höheres Einkommen beziehen, fallen ihre späteren Renten auch überdurchschnittlich aus. Das Problem wird auf diese Weise also nicht gelöst, sondern nur nach hinten verschoben. Es bleiben später weniger junge Beitragszahler, die diese Leistungen mit ihren Beiträgen finanzieren müssen. Unabhängig davon gibt es aber das Problem der Solo-Selbstständigen, die häufig unzureichend im Alter abgesichert sind. Ihnen sollten verschiedene Altersvorsorgelösungen angeboten werden, die durchaus auch verpflichtend sein können.

Also allgemeine Versicherungspflicht statt eine Pflichtversicherung für alle? Damit könnten Sie sich anfreunden?

Wenn Wahlmöglichkeiten bestehen, ja. Aber alle in die Gesetzliche Rentenversicherung zu schicken, das macht keinen Sinn. Falsche Entscheidungen in der Rentenpolitik hatten wir in der jüngeren Vergangenheit genug.

Woran denken Sie dabei?

Zum Beispiel die Rente mit 63. Das war ein fataler Fehler. Das hat unseren Unternehmen unglaublich viele gute Fachkräfte entzogen. Bei einem ohnehin schon drückenden Fachkräftemangel. Das war ein falsches Signal.