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Wohnungsnot verändert unser Verhalten

Die Wohnungsnot in Deutschland wirkt sich auf unser Verhalten aus. So pendeln wir öfter, ziehen später bei den Eltern aus und leben auf kleinerem Raum.

Bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist aus Sicht der Deutschen derzeit das größte Infrastrukturproblem der Bundesrepublik. Nur Brasilianer sind noch unzufriedener mit dem Wohnungsmarkt im eigenen Land.

Das geht aus dem Global Infrastructure Index 2018 hervor. Doch was passiert eigentlich mit uns, wenn uns solch ein Problem dauerhaft belastet? Wenn weniger Wohnungen als benötigt gebaut werden, sinkt zunächst einmal der Leerstand. Immer mehr Menschen suchen auf dem Markt nach den immer gleichen Angeboten. Wer in der Großstadt nichts findet, weicht eventuell auf das Umland aus. Doch der Arbeitsplatz bleibt in der Regel derselbe. Somit führt Wohnungsnot zu einer steigenden Anzahl von Pendlern. Zudem verlassen junge Erwachsene das Elternhaus später und leben während der Ausbildung länger zu Hause. Auch Wohngemeinschaften werden, um Kosten zu sparen, immer beliebter, vor allem bei Studenten.

Zu diesen Ergebnissen kommt das Forschungsinstitut empirica in seiner aktuellen Wohnungsmarktprognose. Die Studie berechnete die Einwohnerzahl Deutschlands bis in das Jahr 2030 und ermittelte anhand dessen den künftigen Wohnbedarf. Ebenso flossen demografische Entwicklungen wie die Veränderungen der Haushaltsgrößen, der Lebenserwartung, die Zuwanderung oder die Umzüge zwischen Land und Stadt mit ein. Ergebnis: 2030 leben voraussichtlich 82,3 Millionen Menschen in Deutschland. Das ist über eine Million mehr als derzeit. In den nächsten vier Jahren müssten dafür rund 290.000 neue Wohnungen gebaut werden. Den Bedarf an bezahlbaren Wohnraum deckt diese Zahl allerdings nicht ab.

Von der Stadt aufs Land, nur wegen der Wohnung?

Die Studie untersucht lediglich, wie viele Wohnungen künftig benötigt werden und nicht, wie viele in welchem Preissegment fehlen. Empirica argumentiert, dass ohne eine Knappheit auch die Preise wieder fallen. Allerdings sind gerade Neubauten in Deutschland aufgrund veränderter Bestimmungen zum Brandschutz und Vorschriften zur Energieeinsparung relativ teuer. Auch das Bauland ist zunehmend knapp und somit teuer. Um die Mietpreise dennoch zu senken, gibt es zwei Varianten. Entweder entstehen in Gebieten mit Knappheit mehr neue Wohnungen, als die Prognose vorgibt, oder die Nachfrage verlagert sich in andere Regionen. Heißt: wer in der Großstadt nichts findet, muss sich im Umland nach einer günstigen Alternative umschauen.

Wohnen im Speckgürtel immer beliebter

Eine zunehmende Suburbanisierung findet bereits statt. Das zeigen derzeit die sogenannten Schwarmwanderungen, bei denen Menschen von der Stadt nicht direkt aufs Land ziehen, sondern in den umliegenden Speckgürtel. So profitiert der Einzelne weiter von den Vorteilen des Stadtlebens wie guten Arbeitsmöglichkeiten und wohnt gleichzeitig verhältnismäßig preiswert. Darüber hinaus siedeln Menschen auf dem Land häufiger in kleine Städte um als in die großen Metropolen. So ziehen junge Brandenburger mittlerweile seltener nach Berlin und dafür öfter nach Rostock, Leipzig oder Chemnitz.

Immer mehr Singles suchen eine Wohnung

Zudem muss nicht jede fehlende bezahlbare Wohnung neu gebaut werden. Vielmehr können sich teure Objekte zum Beispiel durch Subventionen verbilligen. Der Staat könnte ältere Wohnungen auf eigene Kosten modernisieren. Im Gegenzug müsste der Hauseigentümer die Miete an untere Einkommensklassen anpassen. Alternativ könnten sehr große Wohnungen in mehrere Einheiten aufgeteilt werden. Eine solche Aufspaltung löst auch ein demografisches Problem, denn immer weniger Menschen leben heutzutage in einer Paarbeziehung. Zusätzlich lassen sich Verheiratete im Laufe ihres Lebens mit einer 50-prozentigen Chance wieder scheiden. Tendenz steigend. Das führt zu mehr Single-Haushalten und somit auch zu einem höheren Wohnungsbedarf. Dieses Phänomen lässt sich im Übrigen nicht nur in der Stadt, sondern in allen Regionen Deutschlands beobachten.

Hinzu kommt noch ein weiteres Problem. Gebäude halten nicht unendlich lange. Wird zum Beispiel eine Nutzungsdauer von 100 Jahren vorausgesetzt, dann müsste ein Haus nach dieser Zeitspanne abgerissen und ebenso neu gebaut werden. Demnach müsste jedes Jahr ein Hundertstel des Gesamtbestandes ersetzt werden. Jedoch verteilen sich die Gebäude in Deutschland nicht gleichmäßig auf alle Baualtersklassen. So kam es beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg durch einen Bauboom zu anteilig vielen neuen Wohnungen. Diese werden nun auch ungefähr zur gleichen Zeit baufällig, was die Wohnungsnot zusätzlich vergrößert.