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Immer weniger schaffen den Aufstieg

Wer in Deutschland reich ist, kann sich seiner privilegierten Position immer sicherer sein. Wer jedoch einkommensschwach ist, für den wird es immer schwieriger, aus dieser Lage herauszukommen.

Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Für ihre Untersuchung analysierte sie, wie sich seit Beginn der 1990er-Jahre die Einkommensmobilität in West- und Ostdeutschland entwickelt hat.

In den Anfangsjahren der Wiedervereinigung änderte sich vor allem in Ostdeutschland die Einkommensverteilung. Viele erlebten einen Aufstieg: steigende Löhne, Erhöhung der sozialen Leistungen sowie die Übernahme ins westdeutsche Rentensystem. Jedoch stagnierte diese Entwicklung bereits Mitte der 1990er-Jahre. Seit diesem Zeitpunkt gilt sowohl in Ost- wie auch in Westdeutschland laut Dr. Spannagel: „Wer arm ist, bleibt sehr wahrscheinlich arm.“ Als arm gilt nach den Erhebungen des WSI, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens bezieht. Diese Kennziffer ist umstritten, weil sie weniger zur Bestimmung von Armut taugt, sondern nur die Verteilung von Einkommen widerspiegelt.



Zwischen den Jahren 1991 und 1995 gelang es 46,9 Prozent der nach dieser Definition Armen, in die untere Mitte aufzusteigen. Im Zeitraum von 2009 bis 2013 schafften dies nur noch 36,2 Prozent. Der Studie zufolge sind ebenfalls die Aufstiegschancen für Menschen direkt oberhalb dieser Armutsgrenze gesunken. Zudem ist ihr Risiko, in Armut abzurutschen, gewachsen und zwar ungeachtet der guten Konjunktur, der Reallohnzuwächse und der Rekordbeschäftigung.

Bildungsungleichheit begünstigt Armut

Die Absteiger gehören den bekannten Risikogruppen an. Sie sind niedrig gebildet, geringfügig beschäftigt oder arbeitslos. In den Reihen der Aufsteiger ist der Anteil der Vollzeitbeschäftigten und der Angestellten größer. So nimmt mit steigender formaler Qualifikation der Anteil der Aufsteiger sichtlich zu. Der Studie ist weiterhin zu entnehmen, dass Reiche mit hoher Wahrscheinlichkeit reich bleiben: In der Zeit zwischen 1991 und 1995 konnten sich rund 50 Prozent der sehr Reichen in der obersten Einkommensklasse halten. Von 2009 bis 2013 stieg der Anteil derer, die sich behaupten konnten, sogar auf fast 60 Prozent.

Im internationalen Vergleich wird deutlich, dass in kaum einem anderen Land die Chancen so stark von der Herkunft abhängig sind wie in Deutschland. „Das ist vor allem mit der sehr hohen Bildungsungleichheit zu erklären“, nimmt Spannagel an. So ist Bildung in Deutschland aus ihrer Sicht „stark vom sozialen Hintergrund des Elternhauses abhängig und damit die soziale Position, die die Kindergeneration später einnimmt“. Zudem funktioniere auch das Schulsystem „wie eine große Sortiermaschine, die Kinder ihren späteren Platz in der Gesellschaft zuweist“, fügt sie ergänzend hinzu.