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Warum Frauen bei Geldfragen anders ticken

Frauen interessieren sich weniger für Finanzthemen als Männer. Doch das ist keinesfalls genetisch bedingt, sondern vielmehr gesellschaftlich anerzogen.

Frauen haben kein Händchen für Finanzen und überlassen das Geldanlegen deshalb lieber ihren Männern. Dieses Klischee ist nach wie vor aktuell. Doch tatsächlich gibt es im Umgang mit Finanzen einen Geschlechterunterschied. So denken Frauen kurzfristiger bei der Geldanlage, sind risikoscheuer und eher bereit, dem Partner den Umgang mit den Ersparnissen zu überlassen.

Dass der Finanzsektor sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch im Privaten von Männern dominiert wird, ist kein Zufall. Allerdings ist das nicht, wie oft vermutet, genetisch bedingt. Die weibliche Scheu vor Zahlen und Finanzangelegenheiten ist vielmehr gesellschaftlich anerzogen. So schreibt es die Münchner Unternehmerin Helma Sick in ihrer Biografie „Aufgeben kam nie in Frage“, die heute erschienen ist.

Ein Mann ist keine Altersvorsorge

Sicks Credo lautet: „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“. Der Finanzberaterin ist es ein Herzensanliegen, Frauen bei ihrer Unabhängigkeit zu unterstützen. Da ihnen viel stärker Altersarmut droht, können sie es sich nicht leisten, Geldthemen bei der Lebensplanung auszublenden, sondern müssen frühzeitig an eine eigenständige finanzielle Absicherung denken. Doch oftmals vertrauen sie ihr Vermögen dem Partner an. Diese Scheu fängt schon in der Grundschule an. Auch dort können Mädchen vermeintlich nicht rechnen und haben Angst vor Zahlen. Mathe ist offenbar nur ein Lieblingsfach von Jungen. Diese uralte Annahme hält sich hartnäckig in Deutschlands Köpfen.

Frauen galten lange Zeit als nicht geschäftsfähig

Die Benachteiligung in Geldthemen ist, so die Autorin, vor allem historisch erklärbar. So wurden Frauen Macht, Einfluss und materielle Unabhängigkeit über Jahrhunderte verwehrt. Im gesamten Mittelalter bis in die Neuzeit standen sie unter Vormundschaft. Sie galten als nicht geschäftsfähig und brauchten bei fast allen Rechtsangelegenheiten einen gesetzlichen Vertreter, meist war das der Vater oder Ehemann. Dabei gab es zu allen Zeiten weibliche Vorbilder, die, wenn man sie ließ, zu enormen Leistungen gerade auch im Finanzwesen fähig waren. So war es beispielsweise Maria Theresa, die 1771 die Wiener Börse gründete. Der Zutritt blieb ihr allerdings verwehrt. Hunden, Behinderten und Frauen war das Betreten verboten.

Auch als das Bürgerliche Gesetzbuch 1900 in Kraft trat, wurde dem Mann als Familienoberhaupt die Entscheidungsbefugnis in allen familiären Angelegenheiten zugesagt. In der Weimarer Republik ging es dann langsam aufwärts. Frauen erlangten das Wahlrecht und wurden nicht mehr verpönt, wenn sie einen Beruf ausübten und in einer ebenbürtigen Beziehung leben wollten. Allerdings propagierten die Nationalsozialisten im Anschluss wieder das klassische Rollenbild der aufopferungsvollen Hausfrau und Mutter. Emanzipation wurde nicht geduldet. Sie galt als Erfindung des „jüdischen Intellekts“.

Gesetzlich geregelt: Der Mann kümmert sich ums Geld

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sah die finanzielle Unabhängigkeit nicht wirklich besser aus. Besaßen Ehegattinnen eigene Ersparnisse, so war noch bis 1953 folgendes Recht gültig: „Das Vermögen der Frau wird durch Eheschließung der Verwaltung ihres Mannes unterworfen.“ Infolgedessen konnten Frauen keine Erfahrung mit Finanzgeschäften sammeln, die sie eventuell auch an ihre Kinder hätten weitergeben können.

Nach der Teilung Deutschlands stützte man in der BRD das traditionelle Modell weiter, in dem der Vater arbeitet und die Mutter Haushalt und Familie versorgt. In der DDR hingegen änderte sich die Lage. So wurde eine flächendeckende kostenlose Kinderbetreuung eingerichtet, sodass Mütter nach einem Babyjahr wieder Vollzeit arbeiteten. Doch noch bis 1962 durften Frauen kein eigenes Bankkonto eröffnen. Sie konnten zudem nur einen Beruf ausüben, wenn es ihre Ehemänner „erlaubten“. Erst 1976 wurde dieses Gesetz geändert. Das ist noch nicht wirklich lange her. Damalige junge Frauen stehen heute kurz vor dem Rentenbeginn.

Geschichtliche Entwicklung ist noch in den Köpfen

Über Jahrhunderte hinweg bis in die Siebziger mussten Frauen sich also Männern unterwerfen und hatten keinerlei Möglichkeit, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Helma Sick ist der Auffassung, dass es bei dieser Historie kein Wunder ist, dass sich Frauen beim Thema Geld anders verhalten als Männer. Sie fühlen sich mehr für das „kleine“ Geld verantwortlich, mit dem monatliche Kosten wie der Einkauf gedeckt werden. Ihnen ist es geschichtlich bedingt fremd, eigenes Geld nicht nur zu besitzen, sondern auch zu vermehren und geschickt anzulegen.