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Unsere WM-Gegner im Rentencheck: Brasilien

Nicht nur in Sachen Fußball ist Brasilien ein Champion, auch das brasilianische Rentensystem bietet beeindruckende Bedingungen für den Ruhestand.

Doch die Frage ist, wie lange es noch finanzierbar bleibt und wann sich das Land auf den Weg macht, seine demografischen Herausforderungen zu meistern.

Jeder kennt sie, die Bilder von der Copacabana – des wohl berühmtesten Strandes der Welt: überall Sonne, Meer und junge Menschen, die sich dort vergnügen. Doch der Schein trügt, mittlerweile ist bereits jeder vierte Einwohner Rios älter als 60 Jahre und es werden immer mehr Rentner, denen das brasilianische Rentensystem den (frühen) Ruhestand finanzieren muss. Das ging bisher vor allem aus zwei Gründen ganz gut: wegen der hohen Geburtenrate und einer prosperierenden Wirtschaft. Brasilien spielt als Vertreter der BRIC-Staaten ganz besonders in Lateinamerika eine maßgebliche ökonomische Rolle. Beides jedoch schwächt sich ab. Ganz besonders die fallende Geburtenrate von 5,8 (1970) auf durchschnittlich 1,8 Kinder (derzeitige Schätzung) wird die Gruppe „nachwachsender“ Beitragszahler zukünftig drastisch kleiner ausfallen lassen. Dazu kommt Folgendes: In der Vergangenheit hatten die Brasilianer eine relativ geringe Lebenserwartung, verbunden mit vergleichsweise kurzen Rentenbezugszeiten. Doch auch in dieser Hinsicht hat das Land einen enormen Sprung gemacht. Dem Rentensystem – und damit den zukünftigen Pensionären – drohen also bereits in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Finanzlücken und/oder drastische Einschnitte.

Niedriges reales Renteneintrittsalter

Derzeit können brasilianische Männer zwar „erst“ mit 65 Jahren und ihre Frauen mit 60 Jahren in Rente gehen, wenn sie eine Vollrente erhalten wollen. Dennoch kann das tatsächliche Renteneintrittsalter erheblich darunter liegen, denn zu den „Vorzügen“ des brasilianischen Altersvorsorgesystems zählt, dass Männer sich bereits nach 35 Beitragsjahren in die Rente verabschieden können. Frauen benötigen dafür sogar nur 30 Beitragsjahre. Die Folge: das reale Renteneintrittsalter fällt deutlich niedriger aus als das gesetzlich vorgesehene. Theoretisch ist somit ein vorzeitiger Rentenbezug bereits ab 53 Jahren (Männer), beziehungsweise 48 Jahren (Frauen) möglich. Dazu kommt der Fakt, dass die Rentenleistungen 13-mal im Jahr gezahlt werden. Berücksichtigt man noch, dass die staatliche Rente mit dem durchschnittlichen Pensionsantrittsalter ungefähr 70 Prozent des letzten Gehalts beträgt, lässt sich die daraus ansteigende Belastung für den Staatshaushalt zumindest erahnen.

Großzügige Renten für Witwen

Einige soziale Gruppen erhalten zudem zusätzliche Nebenleistungen: Beamte können (meist) mit vollen Ansprüchen in den Ruhestand wechseln, für Militärangehörige existiert ein eigenes Versorgungswerk und Lehrer dürfen fünf Jahre früher in Rente gehen, selbstverständlich zu den gleichen Bedingungen wie alle anderen zum späteren Renteneintritt. Nicht zu vergessen die großzügigen Hinterbliebenenregelungen: in Brasilien erhalten beispielsweise Witwen bis zum Lebensende fast den kompletten Rentenbetrag des verstorbenen Partners weiterhin ausgezahlt, sofern dieser Beitragszahler war. Üblich sind in vielen Ländern nur anteilige Rentenzahlungen.

Das kostet alles. Summa summarum belaufen sich die Ausgaben für den öffentlichen Rentensektor in Brasilien bereits auf fast zwölf Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP), Tendenz steigend. Maßgeblich finanziert wird das System nach dem Umlageprinzip – wobei der Beitragssatz je nach Verdienstniveau zwischen acht und elf Prozent liegt. Doch auch Bundeszuschüsse und Umsatzsteuereinahmen stützen das Rentensystem,  werden zum Beispiel für die Deckung von Defiziten verwandt.

Künftige Finanzierbarkeit mit immensen Herausforderungen verbunden

Träger dieser einzigen Säule der Altersvorsorge ist das Instituto Nacional do Seguro Socila (INSS), das auch die jährliche Anpassung der Rentenhöhen an den Verbraucherpreisindex übernimmt. Die individuelle Rentenhöhe wird mit dem „Factor Previdenciario“ ermittelt, einem versicherungsmathematischen Koeffizienten, der Beitragssatz und -dauer, Alter und Lebenserwartung berücksichtigt. Für Menschen ohne Rentenansprüche existieren Leistungen im Rahmen einer Sozialhilfe, für die erwerbstätige ländliche Bevölkerung gibt es einen andere Pensionsleistung, die dem Mindestlohn entspricht.

Fazit: Insgesamt steht das staatliche Pensionssystem vor immensen Herausforderungen, vor allem in punkto nachhaltiger Finanzierbarkeit und Zukunftsfähigkeit. Deshalb  landete Brasilien im Rahmen einer globalen Studie beim  Allianz Pension Sustainability Index im Länderranking auf dem 49. Platz (von 50 untersuchten Staaten).


Alle Zahlenangaben gelten – sofern nicht anders ausgewiesen –  für das Jahr 2012, Quelle: „Renten auf einen Blick 2013: OECD- und G20-Länder“