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Trend geht zur Zweiverdienerfamilie

Seit den 1990er Jahren sind nahezu alle europäischen Länder von einem familiären Wandel geprägt. Mit eine der größten Veränderungen war die von der Einverdienerfamilie hin zur Zweiverdienerfamilie.

Der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Hans Bertram hat sich in einer Studie, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. veröffentlicht wurde, der Frage gewidmet, wie die verschiedenen europäischen Länder damit umgegangen sind und welche kulturellen Muster diese Entwicklung geprägt haben.

Mittlerweile sind in 70 Prozent der deutschen Paarhaushalte mit minderjährigen Kindern beide Elternteile erwerbstätig. Die Ursache hierfür liegt für Prof. Bertram in der wirtschaftlichen Situation der Familien begründet, die unterdessen zwei Einkommen benötigen. Aber auch die steigende Qualifikation sowie Berufstätigkeit der Mütter fördert diese Entwicklung. Die Erwerbstätigkeit von Müttern schützt zudem vor relativer Kinderarmut und sorgt dafür, dass staatliche Ausgaben eingespart werden können.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat zusammengestellt, wie sich das Familieneinkommen in Deutschland zusammensetzt. Demzufolge kommen 50 Prozent aus dem väterlichen Einkommen, 25 Prozent aus dem Einkommen der Mutter und die übrigen 25 Prozent aus staatlichen Transferleistungen. Die relative Kinderarmut in Deutschland und Europa läge heute ohne staatliche Transferleistungen, wie z. B. dem Kindergeld, sichtbar höher.

In Deutschland wachsen aktuell 2,3 Millionen minderjährige Kinder mit nur einem Elternteil auf. Das entspricht jeder fünften Familie. Daher ist es für Prof. Bertram nicht überraschend, dass bei Alleinerziehenden das Armutsrisiko enorm angestiegen ist. Bei ihnen liegen Fürsorge und Existenzsicherung in nur einer Hand.

Zweiverdienerfamilien sorgen für Wandel der Betreuungskultur

Als Ursache für die Zunahme der Zweiverdienerfamilien nennt der Wissenschaftler das Verschwinden der gutbezahlten Industriearbeitsplätze. Wenn beide Elterneile einer Beschäftigung nachgehen, fehlt ihnen natürlich die Zeit für die Kinderbetreuung. Um Familie und Beruf vereinbaren zu können, haben sich in Europa vier unterschiedliche Betreuungskulturen entwickelt. Zudem gibt es verschiedene Vorstellungen darüber, wie die zeitliche Organisation der Fürsorge im Lebenslauf der Kinder gestaltet werden soll.

Staatliche Einrichtungen zur Kinderbetreuung werden vor allem in Dänemark bevorzugt. Die Eltern sind davon überzeugt, dass eine institutionelle Betreuung für die Kindesentwicklung besonders geeignet ist. Daher erstaunt es nicht, dass die meisten dänischen Kinder bereits nach der Elternzeit in eine Kinderkrippe gehen. In Frankreich, Belgien und den Niederlanden bevorzugen die Eltern Tagesmütter. Sie nehmen dieses Arrangement viel positiver wahr als eine institutionelle Betreuung, die nicht ihren kulturellen Vorstellungen von Qualität entspricht.

Hingegen kann eine optimale Kinderbetreuung aus Sicht der Südeuropäer nur durch den familiären Kontext gewährleistet werden. Demzufolge werden die Kinder hier individuell durch Großeltern und andere Verwandte betreut. In den meisten osteuropäischen Ländern wird die Kinderbetreuung vorwiegend von den Elternteilen geregelt. Hierzu zählen Länder wie zum Beispiel Polen, Tschechien und sogar Finnland.

Frauen verbringen doppelt so viel Zeit mit der Kinderbetreuung wie Väter

Für die Zeitarrangements berufstätiger Eltern ist neben der Kinderbetreuung auch die Arbeitszeit von Bedeutung. So weisen alle europäischen Länder eine geringere Arbeitszeit der Mütter gegenüber den Vätern auf. Die innerfamiliäre Aufteilung erfolgt in Deutschland durch einen größeren zeitlichen Einsatz der Mütter. Mit 20 Wochenstunden verbringen sie doppelt so viel Zeit wie Väter mit ihrem Nachwuchs. Dazu investieren sie weitere 20 Stunden pro Woche für die Hausarbeit.

Der Untersuchung nach erreicht die zeitliche Belastung aller häuslichen Tätigkeiten in Finnland, Schweden, England und Deutschland bei Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren ihren Höhepunkt. In Frankreich, Spanien und Italien wird dies bereits zum 30. Lebensjahr erreicht. Wobei in Spanien und Italien der zeitliche Höhepunkt noch später ausfällt und sich bis zum 75. Lebensjahr kaum verändert. Das hängt mit der Betreuungskultur zusammen, die auf Großmütter setzt.