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Spätere Elternschaft verfälscht Geburtenstatistiken

Entwicklungsländer verzeichnen sinkende Geburtenraten. Die Anzahl Neugeborener schrumpft dabei sogar noch drastischer als in Industrienationen. Vor allem immer ältere Mütter sind dafür ausschlaggebend.

Die Deutschen bekommen wieder mehr Babys, so lauteten jüngste Schlagzeilen nach den neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Doch trotz der guten Nachricht sieht es um die Geburtenrate Deutschlands nicht gerade rosig aus. Innerhalb von 60 Jahren hat sich die Anzahl neugeborener Babys fast halbiert. Frauen bekommen folglich immer weniger Kinder in ihrem Leben. Hinter dem allgemeinen Abwärtstrend steckt aber noch viel mehr, denn die Statistik weist einen großen Mangel auf.

Darauf macht eine neue Studie vom Vienna Institute of Demography aufmerksam. Demnach ist vor allem der lang anhaltende Trend der späteren Elternschaft für die sinkenden Geburtenraten verantwortlich. Da viele Frauen die Familiengründung in ein immer höheres Alter schieben, sanken die Geburtenraten für längere Zeit stark ab. Die Statistiken würden so verfälscht, meint Studienautor Tomáš Sobotka und belegt seine Aussage mit einem Beispiel. So bekamen Frauen in Österreich Mitte der 1970er Jahre ihr erstes Kind mit rund 23 Jahren. 2014 waren sie bei ihrer Erstgeburt bereits sechs Jahre älter. Gleichzeitig fiel in diesem Zeitraum die Geburtenrate von 1,94 auf 1,47 Kindern pro Frau. Aber gut die Hälfte dieses Rückgangs ist allein auf die spätere Familiengründung zurückzuführen. Österreicherinnen bekamen seit 1970 durchschnittlich also nicht 0,47 weniger Kinder in ihrem Leben, sondern lediglich 0,24. Allein aus der zusammengefassten Geburtenkennziffer ist das allerdings nicht ablesbar.

Sinkende Geburtenrate bedeutet nicht automatisch weniger Kinder pro Frau

Wenn sich nun viele Frauen plötzlich entscheiden, ihren Kinderwunsch nach hinten zu schieben, sinkt auch die Geburtenziffer dadurch. Allerdings bekommen Mütter deshalb nicht weniger Kinder in ihrem Leben. Sie gebären einfach nur später. Das dadurch entstehende Auf und Ab in den Geburtenstatistiken ist somit irreführend. Es wird nicht deutlich, ob Frauen wirklich weniger Babys zur Welt bringen oder nur durch die spätere Familiengründung die Statistiken verzerren. Sobotka plädiert deshalb dafür, den Aufschub von Geburten aus den Zahlen herauszurechnen.

Entwicklungsländer durchlaufen ähnliche Prozesse

Dieser sogenannte Tempo-Effekt hat in Europa für mehr als vier Jahrzehnte die Geburtenraten negativ beeinflusst. Nach den Industrienationen befinden sich nun auch viele Entwicklungsländer im sogenannten demografischen Übergang. Gerade Schwellenländer werden nach Sobotka in den nächsten Jahren denselben Prozess erleben. Eine gestiegene Lebenserwartung, ein höheres Bildungsniveau, neue Geschlechterrollen sowie moderne Verhütungsmethoden führen zu einer immer späteren Familiengründung. So lag beispielsweise die Geburtenrate in Südkorea, China und Brasilien 1960 noch bei fünf bis sieben Kindern pro Frau. Inzwischen fiel dieser Wert auf unter zwei Neugeborene im Jahr 2010.

Viele Entwicklungsländer schlagen einen ähnlichen Weg ein. Auch hier zeigt sich mittlerweile ein genereller Trend, die Geburt des ersten Kindes in ein immer höheres Alter zu verlagern. Infolgedessen wird auch die Geburtenrate für Jahrzehnte sinken. Das bedeutet aber nicht zwangsweise, dass auch die Bevölkerung schrumpft.