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Pflege erfordert weitere Reformen

Die Belastung durch Pflege ist eine komplexe Herausforderung, die nicht nur emotionale oder physische, sondern vor allem auch finanzielle Ressourcen beansprucht. Gerade beim letzten Punkt besteht Handlungsbedarf.

Auch wenn es seit der Pflegereform im Jahr 2017 und damit verbundenen Entscheidungen, Vorgaben und Änderungen meist einen Schritt nach vorne gab, bleibt in der Pflege noch viel zu tun – so resümiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

In einer umfassenden Studie haben die Experten einen genauen Blick auf die finanzielle Situation von Pflegehaushalten in Deutschland geworfen und diese mit der restlichen Bevölkerung verglichen. Insbesondere vor dem Hintergrund einer fortwährenden Inflation halten die Studienautoren eine adäquate Anpassung der finanziellen Leistungen in der Pflegeversicherung für notwendig.

Interessant ist die Entwicklung bei den Einkommen. Hier konnte eine Annäherung zwischen Pflegehaushalten und der übrigen Bevölkerung festgestellt werden. Im Durchschnitt verfügen Personen in Pflegehaushalten nun über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.000 Euro. Das entspricht in etwa dem Einkommen von Personen ab 60 Jahren in anderen Haushalten. Ein wesentlicher Beitrag dazu kommt vom Pflegegeld. 59 Prozent aller Pflegebedürftigen erhalten es. Im Schnitt liegt es bei ca. 530 Euro pro Monat. Durch die Pflegereform konnten also mehr Haushalte Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Das stellt für viele eine dringend benötigte finanzielle Erleichterung dar, um die individuelle Belastung durch Pflege besser abzufedern.

Vermögensunterschiede bleiben bestehen

Trotz mancher positiven Entwicklung bleiben die Vermögensunterschiede zwischen Pflege- und Nicht-Pflegehaushalten deutlich. So liegt das Medianvermögen der Haushalte, in denen Pflegebedürftige leben, bei rund 83.000 Euro. Im Vergleich dazu verfügen die Haushalte ohne pflegebedürftige Mitglieder über ein Medianvermögen von etwa 112.000 Euro. Dies zeigt die tendenziell angespanntere finanzielle Situation von Pflegehaushalten. Vor allem alleinlebende Pflegebedürftige, unter denen viele Frauen sind und die mehr als 40 Prozent aller Pflegehaushalte ausmachen, verfügen häufig nur über geringe finanzielle Reserven. Fast ein Drittel von ihnen hat kein Vermögen oder ist sogar verschuldet. Doch neben dem Einkommen spielt auch das Vermögen eine entscheidende Rolle für das Wohlergehen im Alter. Fehlt es, sind viele Pflegehaushalte langfristig finanziell eben nicht ausreichend abgesichert.

Rente und Pension sind Haupteinkommensquelle

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Verteilung der Einkommensquellen. Fast 95 Prozent der Pflegebedürftigen beziehen eine eigene gesetzliche Rente oder Pension, was einen deutlich höheren Anteil darstellt als bei nicht pflegebedürftigen Personen ab 60 Jahren. Von denen beziehen knapp 73 Prozent eine Rente oder Pension. Allerdings liegt der durchschnittliche Monatsbetrag der Rente bei Pflegebedürftigen mit 1.250 Euro etwas niedriger als bei nicht pflegebedürftigen Personen (knapp 1.500 Euro). Dieser Unterschied lässt sich teilweise durch den höheren Anteil von pflegebedürftigen Frauen erklären, die im Durchschnitt niedrigere Renten beziehen als Männer. 

Einkommen aus Vermietung und Verpachtung spielen bei den Pflegebedürftigen mit etwa zehn Prozent eine deutlich geringere Rolle als in der Vergleichsgruppe mit 17 Prozent. Private Transfers, wie Geldzahlungen von den eigenen Kindern, sind in beiden Gruppen relativ selten und kommen bei jeweils weniger als einem halben Prozent vor. Aufschlussreich ist zudem der Blick auf die Sozialleistungen: Gut drei Prozent der Pflegebedürftigen geben an, Sozialhilfe zu beziehen. Sie beläuft sich durchschnittlich auf gut 910 Euro pro Monat. In der Vergleichsgruppe erhalten nur 0,4 Prozent Sozialhilfe. Der durchschnittliche Betrag liegt bei knapp 290 Euro. Einkommen aus Erwerbstätigkeit spielen bei Pflegebedürftigen verständlicherweise kaum eine Rolle. In der Vergleichsgruppe sind hingegen 31 Prozent erwerbstätig.

Finanzbedarf steigt weiter

Die Studienautoren sehen aufgrund der anhaltenden Belastung durch Pflege und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung einen klaren Bedarf für einen weiteren Ausbau der sozialen Pflegeversicherung. Neben einer Erhöhung der Leistungen und einer Kopplung des Pflegegeldes an die Inflation wird auch ein Ausbau professioneller Pflege gefordert. Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann nicht darauf vertraut werden, dass Angehörige die Pflege übernehmen – so die Autoren. Eine Leistungsausweitung würde allerdings auch den Finanzbedarf der Pflegeversicherung erhöhen. Lösungsansätze könnten einkommens- und vermögensabhängige private Zuzahlungen oder eine Bürgerversicherung sein, die private und gesetzliche Pflegeversicherung kombiniert.