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Neu entdeckte Lebensregel

Die Lebenserwartung steigt stetig an. Das ist bekannt. Allerdings rücken damit auch die Sterbealter der Menschen immer näher zusammen. Diesen Trend haben Forscher entdeckt.

Je höher die Lebenserwartung für Menschen in einer Gesellschaft ist, desto weniger unterscheidet sich, wie alt sie bei ihrem Tod sind. Sinkt hingegen die Lebenserwartung – etwa in Krisenzeiten – kurzfristig, klaffen die Sterbealter nach derselben Regel wieder weiter auseinander. Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung Rostock (MPIDR) entdeckt und unlängst veröffentlicht. Diese feste mathematische Regel gilt für verschiedenste menschliche Kulturen und Epochen. Das belegt die Auswertung von Daten aus 44 Ländern.

Privileg des längeren Lebens

Doch was bedeutet es für die Gesellschaft, wenn die Menschen älter werden und sich ihr Alter zum Todeszeitpunkt immer weniger unterscheidet? „Da die Lebenserwartung sehr wahrscheinlich weiter wächst, können wir damit rechnen, dass künftig weniger Menschen als bisher früher sterben müssen als der Durchschnitt“, sagt Alexander Scheuerlein, einer der an der Studie beteiligten Forscher. Ebenso folgt aus der Studie, dass immer weniger Menschen das „Privileg“ hätten, deutlich länger zu leben als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dieser Effekt ist auch in Deutschland spürbar. So stieg beispielsweise die Lebenserwartung der Frauen von 1956 bis 2013 in den alten Bundesländern um zwölf Jahre an (von 70,9 auf 82,9 Jahre). Im selben Zeitraum wurde die Verteilung der Sterbealter um fast drei Jahre enger. Das bedeutet: Im Jahr 1956 verstarb die Hälfte aller Frauen innerhalb einer Zeitspanne von 15,7 Jahren um das mittlere Todesalter. Bis zum Jahr 2013 hatte sich diese Spanne auf 12,9 Jahre verkürzt.


 


Angleichung bei Männern deutlicher

Diese Regelmäßigkeit kommt auch beim Abgleich von Daten für Deutschland aus der Dekade zwischen 2006 – 2015 zum Vorschein. 2006 betrug bei den Männern die Differenz zwischen mittlerem Sterbealter und durchschnittlicher Lebenserwartung noch fünf Jahre. Bis 2015 schrumpfte diese Spanne auf nur noch 2,6 Jahre. Diese Tendenz war auch bei den Frauen sichtbar. Jedoch fiel hier die entsprechende Differenz sowohl 2006 (2 Jahre) wie auch 2015 (0,9 Jahre) ohnehin geringer aus.



Gesetzmäßigkeit gilt auch bei Extremfällen

Diesen Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und Häufung der Sterbealter fanden die Forscher auch im Vergleich verschiedener Länder, Geschlechter, historischer Epochen und gesellschaftlicher Systeme. Unabhängig, welche Bevölkerungen die Wissenschaftler untersuchten, das Ergebnis war eindeutig: Demselben Unterschied in den Lebenserwartungen entsprach immer derselbe Unterschied in der Spanne der Sterbealter-Verteilung. Das gilt selbst für Extrembeispiele wie für die japanischen Frauen, die mit ihrer Lebenserwartung von deutlich über 80 Jahren im internationalen Vergleich an der Spitze liegen. Aber auch auf traditionell lebende Jäger- und Sammler-Völker mit einer mittleren Lebenserwartung von gerade einmal etwa 40 Jahren treffen die gleichen mathematischen Bedingungen zu. Die Forscher vermuten, dass dieser universelle Zusammenhang etwas  der „mit soziokulturellen Organisation menschlicher Gesellschaften zu tun haben muss“.

Kindersterblichkeit auf niedrigem Niveau

In der historischen Betrachtung waren die Sterbealter vor allem deshalb sehr unterschiedlich ausgeprägt, weil die Kindersterblichkeit hoch ausfiel. Dadurch gab es zwei Altersgruppen, in denen sich die Todesfälle häuften: das frühe Kindesalter und das Erwachsenenalter. Da die Schwerpunkte beider Gruppen weit auseinander lagen, war es nur folgerichtig, dass mit sinkender Kindersterblichkeit die Spanne der Sterbealter schrumpfte und die Lebenserwartung gleichzeitig stieg. Vor allem in den modernen Gesellschaften verharrt die Kindersterblichkeit schon länger auf anhaltend niedrigem Niveau. Der übergroße Anteil der Sterbefälle konzentriert sich auf die höheren Alter – auch dank gesünderer Lebensweise und des medizinischen Fortschritt.

Lebenserwartung wächst weiter

Dennoch verläuft die Entwicklung gemäß der neu entdeckten Regel: Die Sterbefälle häufen sich weiterhin in immer kleineren Zeitintervallen, auch wenn die entsprechenden Altersbereiche bereits kleiner geworden sind und die Sterbefälle inzwischen hauptsächlich in der fortgeschrittenen zweiten Lebenshälfte liegen. Gleichzeitig verzeichnet die Lebenserwartung kontinuierlich höhere Werte. Den neu entdeckten Zusammenhängen zufolge kann sich dieser Trend durchaus fortsetzen. „Auch die neu entdeckte Gesetzmäßigkeit liefert damit keinerlei Hinweise, dass die Lebenserwartung in naher Zukunft zu wachsen aufhört“, verlautet es in der entsprechenden Pressemitteilung des MPIDR.