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Lebenserwartung: Steht erneuter Anstieg bevor?

Die letzte Dekade verzeichnete einen nur verhaltenen Anstieg der Lebenserwartung. Doch laut einer Studie gibt es Anzeichen dafür, dass weltweit eine erneute Steigerungswelle bevorsteht.

Der aktuelle Bericht von Swiss Re „The future of life expectancy … “ verbreitet zur Lebenserwartung deutlichen Optimismus. So ist in den nächsten 20 Jahren eine Steigerung durch medizinische Innovationen unter Einbeziehung künstlicher Intelligenz (KI) zu erwarten. Insbesondere die Entwicklungen in der Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen eröffnen hoffnungsvolle Perspektiven.

Für eine weitere Steigerung der Lebenserwartung sind allerdings auch Lösungen für altersbedingte Gesundheitsprobleme erforderlich. Das gilt neben Tumorerkrankungen vor allem für Demenz, neurodegenerative Erkrankungen beziehungsweise die Pflege älterer Menschen. Daher stehen vor allem westliche Staaten vor gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen. Hier spielen etwa der individuelle Lebensstil und der Zugang zu medizinischer Versorgung eine entscheidende Rolle. 

Industrieländer seit 2010 auf einem Plateau

Die Lebenserwartung hat in der Vergangenheit regelrechte Wellen von Verbesserungen erlebt. Oft waren diese an große medizinische Durchbrüche oder gesellschaftliche Trends wie die abnehmende Verbreitung des Rauchens gekoppelt. Ab dem 20. Jahrhundert führten zudem neue Medikamente zur Senkung des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels zu einem starken Anstieg der weltweiten Lebenserwartung. Diese Steigerung war enorm: von durchschnittlich 55 Jahren Ende der 1950er Jahre auf über 70 im Jahr 2020. Doch gegenwärtig verlangsamen Faktoren wie Folgeerkrankungen von Fettleibigkeit, zunehmende Auswirkungen von Alzheimer sowie ein unzureichender Zugang zu medizinischer Versorgung diesen Anstieg in vielen Teilen der Welt. Dies hat zur Folge, dass die Lebenserwartung in den Industrieländern seit 2010 ein gewisses Plateau erreicht hat.

USA und Großbritannien – zwischen Rückgang und Stagnation

Im Gegensatz zu anderen Industrienationen haben in den USA nur die sozioökonomisch obersten zehn Prozent bei ihrer Geburt eine Lebenserwartung, die dem OECD-Durchschnitt von etwa 80 Jahren bei Männern und 84 Jahren bei Frauen entspricht. Vor allem anhaltende Fettleibigkeit, ungleicher Zugang zur Gesundheitsversorgung oder auch Drogenmissbrauch (Stichwort: Opioid-Krise) sind große Probleme, die auf der anderen Seite des Atlantiks zu einer abnehmenden Lebenserwartung beitragen. In Großbritannien wurde der Anstieg der Lebenserwartung von 1968 bis 2010 hauptsächlich durch den starken Rückgang von Kreislauferkrankungen vorangetrieben. Seit 2010 jedoch stagniert auf der Insel die Lebenserwartung. Experten sehen die Gründe dafür vor allem aufgrund mangelnder Fortschritte bei Krebserkrankungen. Doch auch die zunehmenden Auswirkungen von Demenz oder schwerer Atemwegserkrankungen tragen dazu bei.

Japan und Schweiz: führend in der Langlebigkeit

Japan zählt traditionell zu den Staaten, deren Menschen vergleichsweise sehr alt werden. Möglicherweise weniger bekannt ist der Fakt, dass es auch in Europa ein Land gibt, dass mit Japan bei der Lebenserwartung mithalten kann: die Schweiz. Beide Staaten verzeichnen unter den Industrieländern mit etwa 84 Jahren eine der höchsten Lebenserwartung bei Geburt. Auch hier war ein enormer Anstieg in den letzten rund sechs Jahrzehnten zu beobachten. Im Jahr 1960 lag die jeweilige Lebenserwartung „nur“ bei etwa 70 Jahren. Der Bericht führt in beiden Ländern allgemeine Verbesserungen der Herz-Kreislauf-Gesundheit, gesunde Lebensstile sowie gut strukturierte wie stabil finanzierte Gesundheitssysteme als Erfolgsfaktoren für diese Entwicklung an.

Krebsbehandlung bietet viel Potenzial

Der Bericht von Swiss Re sieht in der Krebserkennung und -behandlung das größte Potenzial für die Steigerung der Lebenserwartung. Fortschritte in diesem Bereich, wie Flüssigbiopsien und personalisierte Präzisionsmedikamente, dürften die Überlebenschancen weiter erhöhen. Aber auch die Bekämpfung von Krankheiten, die ältere Menschen betreffen, insbesondere Alzheimer und andere Demenzerkrankungen, bleibt entscheidend. Die zunehmende Bedeutung von neuen Technologien wie der KI-Einsatz in der medizinischen Forschung sowie die Nutzung von digitalen Gesundheitsdaten und -angeboten könnten weitere positive Auswirkungen auf die Lebenserwartung haben. 

Prognose für Deutschland

Die Lebenserwartung in Deutschland hat über die Jahrzehnte hinweg einen stetigen Aufwärtstrend verzeichnet. Experten führen diese Entwicklung auf verbesserte Lebensbedingungen, den Rückgang von Tabak- und Alkoholkonsum sowie medizinische Fortschritte zurück. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aktuell mitteilt, hat sich die Lebenserwartung bei Geburt im Vergleich zum letzten Jahr vor der Pandemie (2019) deutlich verringert. Demzufolge sank sie in den rund drei Corona-Jahren bei Männern und Frauen um jeweils 0,6 Jahre. Für die Zukunft wird hingegen erwartet, dass die Lebenserwartung (wieder) weiter steigen wird. Destatis-Szenarien für unterschiedliche Anstiegstempi prognostizieren, dass die Durchschnittswerte im Jahr 2070 bei Frauen zwischen 86,1 und 90,1 Jahren und bei Männern zwischen 82,6 und 86,4 Jahren liegen könnten.