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Die Lebenserwartung war 2015 verzerrt

In ganz Europa ging die Lebenserwartung im Jahr 2015 zurück. Die Ursache dafür sind jedoch nicht verschlechterte Bedingungen für die Gesundheit, sondern verzerrte Zahlen.

Wir werden immer älter. Im Schnitt steigt die Lebenserwartung 2,5 Jahre pro Dekade. Heutige Neugeborene leben somit sechs Stunden länger als gestern geborene Kinder. Doch vor fünf Jahren kam es zu einem überraschenden Rückgang bei der Lebenserwartung.

Diese Entwicklung erklärten die Wissenschaftler damals überwiegend mit länderspezifischen Gründen. Als Ursache genannt wurde zum Beispiel die geringe Impfrate Italiens oder die Einschnitte im Gesundheitssystem Großbritanniens. In Wirklichkeit jedoch sank die Lebenserwartung in allen europäischen Ländern, was auf einen einheitlichen Trend hinweist. Viele deuteten den Rückgang als Alarmzeichen für verschlechterte Gesundheitsbedingungen in der Bevölkerung.

„Fehlalarm“ meinen nun die Forscher des Vienna Institute of Demography. Sie kristallisierten in einer aktuellen Studie drei Effekte heraus, die die periodische Lebenserwartung verzerren können. Mit einer alternativen Messung zeigte sich dann auf einmal kein Rückgang mehr in der Lebenserwartung. Es kam im Gegenteil 2015 sogar zu einem Anstieg. Damit setzte sich der Trend der immer weiter steigenden Lebenserwartung fort.

Drei Effekte manipulieren die Statistik

Doch was verzerrte die Zahlen dermaßen? Nach den neuen Ergebnissen gibt es mindestens drei Effekte, die zwar die Lebenserwartung beeinflussen, jedoch nicht unbedingt etwas über das derzeitige Gesundheitssystem aussagen. Dazu gehören Kohorten-, Heterogenitäts- und Tempoeffekte. Kohorteneffekte treten auf, wenn die Lebenserwartung bestimmter Jahrgänge durch frühere Ereignisse wie Krieg verändert wird. Wenn also zum Beispiel durch Mangelernährung verhältnismäßig viele junge Menschen eines Jahrgangs verhungerten, verändert das auch die Sterblichkeitsrate dieser Generation in höherem Alter, da Menschen mit schwächerer Gesundheit bereits vorher verstarben.

Ähnlich verhält es sich auch bei Heterogenitätseffekten. Ändert sich die Zusammensetzung einer Bevölkerung stark, wirkt sich das in der Regel auf die Gruppen mit hohem oder niedrigen Sterberisiko aus. So ließ ein zunehmendes Bildungsniveau die Lebenserwartung in den westlichen Ländern deutlich ansteigen. Tempoeffekte sind indes eher statistischer Natur und treten auf, wenn sich innerhalb eines Beobachtungszeitraums die Lebensdauer erheblich verändert.

Eine milde Grippewelle war die Ursache

Die Forscher beobachteten, dass der Rückgang 2015 überwiegend auf Kohorten- und Tempoeffekte zurückzuführen ist. Ein Jahr zuvor kam es nämlich zu einem vergleichsweise starken Anstieg bei der Lebenserwartung. Die niedrige Sterblichkeit 2014 resultierte dabei aus einem ungewöhnlich milden Influenza-Typ im Winter. Es starben also viel weniger Menschen an einer Grippe, als es normalerweise üblich ist. Diese Zunahme der Überlebenden vergrößerte jedoch den Pool potenzieller Todesfälle im Folgejahr, was zu einer allgemeinen Senkung der Lebensdauer führte.