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Angst vor demografischen Wandel übertrieben

Die Prognosen für das Rentensystem sehen wegen des demografischen Wandels düster aus. Eine neue Studie zeigt nun aber, dass die Zukunft weit weniger schlimm wird als erwartet.

Die Lebenserwartung steigt unaufhörlich an und damit auch der Altenquotient. Künftig werden immer mehr über 65-Jährige auf immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter kommen. Das Renten- und Gesundheitssystem steht somit vor einem doppelten Problem. Zum einen erhalten diese Systeme weniger Einnahmen durch die arbeitende Bevölkerung und zum anderen müssen sie mehr und mehr Rentner finanzieren.

Allerdings ist der Altenquotient für die wirtschaftliche Entwicklung und die Sozialsysteme allein nicht entscheidend. Darauf weist eine neue Studie vom Wittgenstein Centre in Wien hin, die in der Publikation Demografische Forschung aus erster Hand vorgestellt wurde.

So können eine höhere Produktivität, eine stärkere Arbeitsmarktbeteiligung und Migration die demografischen Effekte mehr als ausgleichen. Anstatt nur das Alter der Bevölkerung in den Blick zu nehmen, seien vielmehr die Arbeitsleistungen der Menschen entscheidend. Um diese vorherzusagen, berechneten die Forscher den sogenannten Arbeitskraftquotienten für die europäischen Länder. Dieser Wert setzt alle wirtschaftlich aktiven Personen ins Verhältnis zu den inaktiven. Noch eine weitere Zahl nimmt die Studie in den Fokus: den produktivitätsabhängigen Arbeitskraftquotienten. Je nachdem wie der Bildungsstand der Bevölkerung ausfällt, verändert sich dieser Faktor. Gut Gebildete verdienen im Schnitt 1,7 mal so viel wie mittlere Bildungsgruppen und zahlen somit auch mehr Steuern. Wenn ein Land besonders viele Hochgebildete aufweist, sind auch die Renten- und Sozialkassen deutlich besser gefüllt.

Lasten für die Sozialsysteme weniger gravierend

Während der Altenquotient in den nächsten 40 Jahren in Europa um dramatische 62 Prozent ansteigt, wächst der Arbeitskraftquotient lediglich um 20 Prozent. Wird der Bildungsstand mit einbezogen, sind es sogar nur zehn Prozent. Die Menschen werden folglich zwar weiterhin immer älter als früher, die Folgen für die Sozialsysteme fallen allerdings weitaus weniger gravierend aus als befürchtet. Zu verdanken ist das vor allem der Entwicklung, dass Frauen künftig in noch größerem Umfang arbeiten werden und Ältere länger erwerbstätig bleiben. Zudem sorgt eine höhere Produktivität der arbeitenden Menschen für weitere Entlastungen. Dennoch verschlimmert sich die Lage nach den Berechnungen der Forscher um mindestens zehn Prozent.

Schweden und Kanada sollten unsere Vorbilder sein

Voraussetzung für die Verschlechterung ist jedoch die Annahme, dass sich künftig alles in ähnlichem Umfang weiterentwickelt wie bisher. Um Veränderungen und Einflüsse aufzuzeigen, berechneten die Studienautoren neben der Basisvariante weitere sieben Zukunftsszenarien. Besonders interessant ist das Schweden-Modell. Dieses setzt voraus, dass Frauen und ältere Menschen in Europa bis 2050 im gleichen Umfang arbeiten, wie das in Schweden bereits heute der Fall ist. Bei der Migration nahmen sich die Forscher das Immigrationssystem von Kanada zum Vorbild. Dieses sieht eine Verdopplung der Einwanderung nach Europa vor sowie eine stärke Auswahl von Migranten mit höherer Bildung. Zusätzlich analysierten die Studienautoren noch eine Kombination der beiden Modelle.

Die Ergebnisse verblüffen. Die Szenarien Schweden, Kanada und Schweden-Kanada zeigen nämlich nicht nur eine deutlich positivere Entwicklung. Nach den Berechnungen ständen wir damit im Jahr 2060 sogar besser da als heute. Die Kassen der Sozialsysteme wären deutlich voller als derzeit und das trotz einer ansteigenden Lebenserwartung. Doch auch ohne hohe Zuwanderungszahlen zeigt die neue Studie, dass die Folgen des demografischen Wandels durchaus aufgefangen werden können. Es fehlte bisher nur eine differenzierte Sichtweise, schlussfolgert das Forscherteam. Der Altenquotient sollte nicht mehr als alleinige Grundlage für Zukunftsszenarien dienen.