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Zuschuss für Geringverdiener braucht Dynamik

Die Gehaltsgrenze, bis zu der ein staatlicher Zuschuss für eine vom Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung gewährt wird, sollte mit der Lohnentwicklung steigen. Eine solche Anpassung wurde auf dem Berliner bAV-Auftakt, der bereits zum vierten Mal stattfand, gefordert.

Mehrere Experten schlugen in Vorträgen und Podiumsdiskussionen eine Dynamisierung dieser Geringverdienergrenze vor, um die Kosten für die Unternehmen kalkulierbar zu halten.

Der Geringverdienerzuschuss war ab 2018 mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführt worden. Danach erhalten Arbeitgeber, die für Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitslohn von bis zu 2.200 Euro an einen externen Versorgungsträger (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) Beiträge zahlen, 30 Prozent davon als Zuschuss. Die Höhe der geförderten Einzahlungen ist auf 480 Euro begrenzt. Der Förderbeitrag beträgt also maximal 144 Euro. Der Arbeitgeber erhält ihn jeweils bei der nächsten Lohnsteueranmeldung. Die abzuführende Lohnsteuer verringert sich um den Förderbeitrag. Die neue Förderung hat das Ziel, unter den Geringverdienern eine stärkere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu erreichen.

Festbetrag entpuppt sich als Bremse

Diese neue Förderung war einhellig von den Akteuren in der betrieblichen Altersversorgung begrüßt worden. Bei der Umsetzung stellt sich nun aber heraus, dass die als Festbetrag ausgestaltete Grenze von vielen Unternehmen als problematisch angesehen wird. Davon berichtete auf dem Berliner bAV-Auftakt zum Beispiel Stephan Teuscher, Bereichsleiter für Tarifpolitik bei der Branchengewerkschaft ver.di. Er ist verantwortlich für den Bereich Postdienste, Speditionen und Logistik.

Für diesen Bereich passt der Geringverdienerzuschuss im Grunde ausgezeichnet. Zum einen gibt es dort einen hohen Anteil von Beschäftigten in den unteren Einkommensklassen. Zum anderen sind diese Branchen sehr stark fragmentiert. Von insgesamt 60.933 Unternehmen beschäftigen lediglich 3.281 Firmen mehr als 50 Arbeitnehmer. Das sind gerade einmal etwas mehr als fünf Prozent der Unternehmen. Der weit überwiegende Anteil hat nur bis zu neun Beschäftigte.

Belastung für Arbeitgeber ändert sich

Doch in den Gesprächen mit Arbeitgebern tauchen immer wieder Bedenken bei der Beurteilung der zusätzlichen Personalkostenbelastung auf, die mit der Förderung der Geringverdiener verbunden ist, schilderte Teuscher seine bisherigen Erfahrungen. Durch die künftige Tarifentwicklung rutscht ein Teil der geförderten Arbeitnehmer automatisch über die feste Einkommensgrenze von 2.200 Euro. Damit verändert sich schlagartig auch die Belastung für den Arbeitgeber, weil es für diesen Teil der Beschäftigten dann keine Förderung mehr gibt und das Unternehmen die Einzahlungen vollständig selbst tragen muss.

Der Tarifexperte rechnete dafür ein Beispiel vor: Ein Unternehmen hat 50 Prozent der Beschäftigten unterhalb der Fördergrenze und nutzt den Spielraum von 480 Euro. Dann betragen die durchschnittlichen zusätzlichen Kosten je Arbeitnehmer 413 Euro, obwohl für die Gruppe der Geförderten nur 336 Euro entstehen. Je mehr Arbeitnehmer tariflich über die Grenze „wachsen“, desto höher fällt der Aufwand des Arbeitgebers aus. Eine Dynamisierung, bei der die Fördergrenze zum Beispiel mit der Entwicklung des Durchschnittslohns steigt, würde diesen Unsicherheitsfaktor aus der Welt schaffen.

Rechtliche Klarstellung fehlt

Eine Alternative wäre die Beschränkung der Zahlungen auf die nur förderfähigen Arbeitnehmer. Ob dies unter dem Aspekt der Gleichbehandlung aber rechtlich zulässig ist, konnte keiner der Experten auf dem Berliner bAV-Auftakt mit Sicherheit sagen. Selbst Dr. Bertram Zwanziger, Vorsitzender des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichtes, der anschließend über die aktuelle Rechtsprechung des BAG informierte, wich einer Antwort aus. „Führen Sie einen Prozess dazu, dann wissen Sie es hinterher“, gab er dem in diesem Punkt im wahrsten Sinne des Wortes „ratlosem“ Auditorium mit auf dem Weg.


Der Berliner bAV-Auftakt wird organisiert von Prof. Dr. Mathias Ulbrich, der an der Hochschule Schmalkalden an der Fakultät für Wirtschaftsrecht lehrt.