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Was Heldinnen und Helden wirklich verdienen (sollten)

Young girl visit grandmother in wheelchair to pay attension

Von Heldinnen und Helden ist dieser Tage viel die Rede. Doch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass Menschen mit systemrelevanten Berufen nicht nur geringere Wertschätzung erfahren, sondern im Durchschnitt auch weniger verdienen.

Sie stehen im Mittelpunkt öffentlicher Dankbarkeitsbekundungen: Mitarbeiter*innen in der Pflege, im Gesundheitswesen, bei der inneren Sicherheit, Feuerwehr, Post, bei öffentlichen Versorgern, im Verkehr oder an der Kasse im Supermarkt. Die ihnen derzeit entgegengebrachte Anerkennung erfahren sie in „normalen“ Zeiten deutlich seltener. Eine DIW-Studie zeigt zudem: Viele von ihnen verdienen unterdurchschnittlich.

Erst in Zeiten wie den heutigen zeigt sich ganz besonders, wie unverzichtbar für uns bestimmte Berufe sind, die übrigens in der Mehrheit von Frauen ausgeübt werden. Doch jenseits von Krisen erfahren diese Berufsgruppen neben einer unterdurchschnittlichen Bezahlung meist nur eine mangelnde gesellschaftliche Anerkennung.

Doch das könnte sich künftig ändern. Vorausgesetzt, die durch Zahlen belegte Diskrepanz zwischen systemischer Relevanz und Entlohnung wird durch entsprechende Maßnahmen entscheidend reduziert. Dazu zählen eine bessere Vergütung, eine breitere tarifvertragliche Absicherung und attraktivere Arbeitsbedingungen wie flexiblere Arbeitszeitmodelle. So ließe sich auch ein im Niedriglohnsektor bestehender Gender Pay Gap – die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern – weiter abbauen, zugunsten der Heldinnen.

Ohne Krise eher geringere Wertschätzung

Gesellschaftliche Wertschätzung lässt sich auf verschiedene Weise messen. Speziell für Deutschland gibt es dafür die „Magnitude Prestige Skala“ (MPS). Diese Werte-Skala basiert auf repräsentativen Befragungen für ausgewählte Berufsgruppen und ermittelt deren Prestige. Laut den DIW-Experten kann die MPS auch in Sondersituationen wie der Coronavirus-Krise als Gradmesser der allgemeinen Anerkennung herangezogen werden. Dabei merkten die Studienautoren an, dass insbesondere  Berufsgruppen, die zwar aktuell ein hohes Ansehen genießen, außerhalb von Krisenzeiten deutlich weniger Wertschätzung erfahren.

Ärzte an der Spitze, Reinigungsberufe am Ende

Die für die MPS herangezogenen 21 als systemrelevant definierten Berufsgruppen weisen mit 58 MPS-Punkten ein rund fünf Punkte geringeres Prestige auf als der Gesamtdurchschnitt aller Berufsgruppen in Deutschland. Dieser Durchschnittswert liegt bei 63 Punkten. Maximal sind bei diesem Verfahren 200 Punkte möglich. Relativ dicht an diesem Höchstwert liegen Human- und Zahnmediziner, die 194 Prestigepunkte erreichen. Ebenfalls deutlich überdurchschnittlich: Berufstätige aus der Pharmazie oder der IT-Infrastruktur. Allerdings fällt ihr Anteil an den insgesamt in systemrelevanten Berufen Tätigen sehr gering aus. Die aktuellen Heldinnen und Helden, die unter anderem als Reinigungsfachkräfte, in der Logistik und Warenzustellung oder als Berufskraftfahrer tätig sind, erreichen auf der Skala gerade einmal Punktwerte zwischen 33 und 40.

Unverzichtbar, aber unterbezahlt

So unverzichtbar viele der Tätigkeiten sind, die in systemrelevanten Berufen anfallen, die meisten derart Beschäftigten erhalten nur ein unterdurchschnittliches Gehalt. Während der Bruttostundenlohn aller Berufe durchschnittlich bei 19 Euro liegt, weisen alle systemrelevanten Berufe zusammengenommen einen mittleren Stundenlohn von unter 18 Euro auf. Damit liegen sie rund sieben Prozent unterhalb des Durchschnitts. Insbesondere in jenen Berufen mit einem hohen Anteil systemrelevanter Beschäftigter fällt die Bezahlung durchweg gering aus.

Laut der DIW-Studie erhalten über 90 Prozent derart Beschäftigter nur einen unterdurchschnittlichen Lohn. Dazu zählen beispielsweise Reinigungskräfte mit rund zehn Euro und Verkäufer im Supermarkt mit knapp unter zehn Euro Bruttostundenlohn. Diese Einschätzung wird durch aktuelle Zahlen untermauert, die das Statistische Bundesamt vierteljährlich erhebt. Dabei zeigt sich, dass besonders Beschäftigte ohne entsprechende Ausbildung in der Altenpflege, in Krankenhäusern oder im Lebensmitteleinzelhandel für eher prekäre Einkommen arbeiten und davon leben müssen.

Vor allem auf die Heldinnen kommt es an

In den systemrelevanten Berufsgruppen sind vor allem Frauen tätig. Diesen Frauenanteil beziffert die DIW-Studie mit knapp 75 Prozent. Diese Heldinnen unserer Tage sitzen dabei vorwiegend an der Kasse im Lebensmittel-Einzelhandel, arbeiten als Reinigungskraft, im Lager oder als Postfrau. Sie fahren Straßenbahn oder sind als Zugbegleiterin unterwegs, helfen in Arztpraxen oder in der Altenpflege. Im Vergleich zu den männlichen Berufstätigen im jeweiligen Beschäftigungssegment erhalten sie weniger Lohn. Zwar fällt in diesen Berufsgruppen der Gender Pay Gap mit 16 Prozent geringer aus als im Durchschnitt aller Berufe (20 Prozent). Doch das hat wahrscheinlich einen ganz einfachen Grund. Ein Lohnniveau im Umfeld des Mindestlohns ist zu gering, um eine größere Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern auszubilden.