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Kontra Konsens: USA führt nächste Hausse an

Glaubt man den Konsensvorhersagen fürs Aktienjahr 2023, scheint zweierlei klar.

Erstens: Die nächsten zwölf Monate werden nicht einfach, vor allem bis Juni. Zweitens: Die USA werden den nächsten Aufschwung am Aktienmarkt nicht anführen. Andere Regionen seien günstiger bewertet und hätten folglich mehr Potenzial. Doch der breite Konsens liegt in der Regel falsch. So könnte es auch diesmal sein.

Ende 2021 hatten die Auguren der Banken noch sehr optimistisch ins Jahr 2022 geblickt. Kein Wunder: Hinter ihnen lagen zwölf Monate, in denen die Märkte dank der fetten Geldspritzen der Regierungen aus der Corona-Krise emporgeschossen waren. Das wirkte sich auch auf die Stimmung der Prognostiker aus. Doch nach dem zermürbenden, verlustreichen Jahr 2022 steht den meisten Auguren der Sinn eher nach Bescheidenheit. „2023 sehen sie DAX & Co. um sechs bis acht Prozent steigen. Das ist der langfristige jährliche Mittelwert für den Kurszuwachs bei Aktien“, sagt Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensverwaltung in Krumbach.

Rezessionsjahre beflügelten Aktien

Doch solche starren Annahmen ergeben wenig Sinn. „Aktienmärkte steigen nicht regelmäßig um einen gewissen Prozentsatz, sondern klettern unter teils großen Schwankungen langfristig nach oben“, erklärt Claus Walter vom Freiburger Vermögensmanagement. Nach Jahren, in denen die Börsen um 20 Prozent und mehr eingebrochen sind, ist die Wahrscheinlichkeit daher groß, dass es mittelfristig deutlich aufwärts gehen wird. Zudem: „Kommt es 2023 zur Rezession in der Realwirtschaft, hat der DAX gute Chancen auf große Kursgewinne“, so Walter. Statistisch betrachtet, gewann der Aktienindex in solchen Jahren im Schnitt rund 30 Prozent.

Kluge Anleger sollten die Prognosen der Banken für 2023 also mit Skepsis behandeln. Die Börsen könnten 2023 um einiges besser laufen, als nun erwartet wird. Dafür spricht die positive erste Handelswoche, die zusammen mit dem Januar den Ton fürs gesamte Aktienjahr setzt. „Sehr oft entwickelt sich das Jahr in diese Richtung, wobei wenige Ausnahmen die Regel bestätigen“, erläutert Andreas Glogger. Zudem könnte sich der Konsens auch bei der Frage irren, welche Region 2023 das Zugpferd für die Aktienmärkte sein könnte.

Einige Argumente sprechen für den US-Markt

Offenbar wird diese Rolle den USA immer weniger zugetraut. Begründung: In den Vereinigten Staaten seien die Firmenbewertungen zu hoch. In den US-Indizes befänden sich zu viele Tech-Titel. Die Notenbank setze die Zinsen zu aggressiv herauf. Europa und die Emerging Markets werden derzeit als attraktiver betrachtet, weil sie angeblich mehr Value-Werte aufweisen als Amerika. Abgesehen von der Frage, ob Value auf längere Sicht wirklich besser laufen wird als andere Marktsegmente, sprechen drei Argumente für weitere Stärke bei den US-Aktien.

Der Blick auf die langfristigen Charts zeigt den Kundigen klar: In den USA gibt es seit 2009 einen so starken Aufwärtstrend wie nirgends sonst, der in den Jahren 2018 bis 2020 nur kurz unterbrochen wurde. Seit dem Corona-Tief im Frühjahr 2020 hat sich der Anstiegswinkel des Aufwärtstrends noch einmal verschärft. Dieses höhere Momentum der US-Aktien im Vergleich zu allen Aktienmärkten weltweit führte dazu, dass sich der S&P 500 in lediglich 20 Monaten bis Ende 2021 mehr als verdoppelte. Im Jahr 2022 wurde diese Euphorie dank der Zinserhöhungen schmerzhaft korrigiert. „Aus dieser Perspektive stellen die Verluste von 2022 nur eine Korrektur im Aufwärtstrend dar – und keinen neuen Bärenmarkt wie 2000 oder 2008“, sagt Claus Walter.

Zinszyklus schon weiter vorangeschritten

Zur wahrscheinlichen Fortsetzung dieses starken Aufwärtstrends passt, dass „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ realwirtschaftlich früher aus der Krise kommen könnte als andere Regionen. „Die US-Politik unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden greift der US-Wirtschaft mit aktuell 1.300 Milliarden Dollar unter die Arme, um die Infrastruktur aus- und umzubauen. Die Amerikaner werden diese Gelder dank ihres Pragmatismus vermutlich sehr effizient einsetzen“, sagt Andreas Glogger. Zudem sei der Zinszyklus in den USA weit vorangeschritten. „Dies dürfte dazu führen, dass sich die Investitionsbedingungen in den USA früher als andernorts verbessern“, ergänzt der Vermögensprofi.

Wenig bemerkter Favoritenwechsel

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich ein Favoritenwechsel ab, der Anlegern, die ausschließlich auf Aktienindizes schauen, kaum auffallen dürfte. So zeigen Branchen, die gegenüber der Technologie früher im Hintertreffen waren, auffallend viel Stärke. In den vergangenen Monaten floss das Geld vor allem in Energie-Unternehmen und in die eher konjunkturunabhängigen Branchen Gesundheit, Basiskonsumgüter und Versorger. Aktuell rücken die Sektoren Industrie und Grundstoffe nach vorn. Dass diese beiden Sektoren beginnen, Stärke zu zeigen, passt zum Vorhaben, die US-Wirtschaft strukturell und mit viel Geld zu modernisieren.

Die Konsequenz für Anleger bringt Claus Walter auf den Punkt: „Es wird wohl nicht mehr ausreichen, allein auf die marktkapitalisierten Indizes S&P 500, MSCI World oder gar Nasdaq zu setzen, denn dort haben Aktien aus den stark gebeutelten Tech-Branchen ein besonders hohes Gewicht.“ Wer nur darin investiert, riskiere, dass er schlechter abschneidet, als er müsste.