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Warum der DAX für Anleger der falsche Index ist

Deutschland, kurz vor 20 Uhr:  Millionen verunsicherte Anleger verfolgen gespannt die ARD-Sendung „Börse vor acht“.

Wo steht der DAX in Zeiten der Corona-Krise? Ist der Index gestiegen oder kräftig gefallen? Was machen die Kurse von Lufthansa, Daimler und Allianz? Abend für Abend steht „Börsenfee“ Anja Kohl den Anlegern Rede und Antwort zu Börse, Konjunktur und Unternehmen.

Doch beantworten die TV-Moderatorin und ihre Kollegen die richtigen Fragen? Sprich: Ist der starke Fokus auf den deutschen Aktienmarkt und die hiesigen Unternehmen für Anleger überhaupt sinnvoll? Für Werner Krieger von der GFA Vermögensverwaltung in Herbolzheim liegt es auf der Hand: „Ernsthafte Anleger sollten ihr Vermögen über verschiedene Anlageklassen sowie über die Weltregionen streuen.“

Das heißt konkret: In ein ausgewogenes Depot kommen nicht nur Aktien, Anleihen, Immobilienfonds und Edelmetalle, sondern ebenso Titel aus Europa, Amerika, Asien und den Schwellenländern. Hintergrund für Kriegers Ansicht sind wissenschaftliche Studien. Sie belegen seit 30 Jahren: Wer weltweit investiert, erreicht auf mittlere bis lange Sicht mit weniger Risiko die gleiche oder eine höhere Rendite als Anleger mit einem starken Hang zum heimischen Aktienmarkt (Home Bias).

Deutsche setzen zu stark auf heimische Aktien

Trotz der Erkenntnis der Forscher pflegen deutsche Anleger einen ausgeprägten Home Bias. Ein Grund für das Verhalten: „Viele Menschen glauben, dass Unternehmen aus dem Inland weniger riskant sind als ausländische Firmen. Das liegt an der Illusion einer besseren Kontrolle, weil sie über diese Unternehmen mehr Informationen bekommen“, erklärt der Vermögensverwalter aus dem Schwarzwald. Der Home Bias der Bundesbürger gilt als ausgeprägt. Das Phänomen existiert aber auch in anderen Ländern. Das zusätzliche Problem beim DAX: Das Börsenbarometer bringt es gerade mal auf 30 Titel. Innovative und wachstumsstarke Titel aus M-, S- und TecDAX werden nicht berücksichtigt. In den USA zählen die marktbreiten Indizes 500 bis 3.000 Aktien (S&P 500, Nasdaq Composite).

DAX ist eine Hebelwette auf die Weltkonjunktur

Die geringe Zahl der Aktien und die exportlastigen Industrieunternehmen machen den DAX zum Spielball der Weltwirtschaft. „Das kann gutgehen, wenn die globale Konjunktur brummt und der DAX mehr zulegt als andere Indizes. Bei einem Wirtschaftseinbruch kommt er jedoch stärker unter die Räder“, sagt Michael Blanz von der ALPS Family Office AG. Der Vergleich des DAX mit einem Indexfonds auf den S&P 500 in den letzten Börsenkrisen zeigt: Beim Einbruch von 2000 bis 2003 verlor der Deutsche Aktienindex weitaus mehr als der US-Index. Von 2003 bis 2007 legte er dann jedoch dynamischer zu. Der Deutsche Aktienindex, so Blanz, „ist fast eine Hebelwette auf die Weltkonjunktur“. Bleibt abzuwarten, wie sich der DAX nun schlägt, wenn die größte Rezession seit dem 2. Weltkrieg droht.

Apple wiegt mehr als der gesamte DAX

Last but not least zuckelt der Index dem Fortschritt hinterher. Die USA sind die Heimat digitaler Großkonzerne wie Facebook, Apple, Amazon, Google. Wo steht Deutschland in diesem Reigen? „Außer SAP findet sich kein Vertreter der digitalen Welt im DAX“, sagt Krieger. Stattdessen tummeln sich hier mehrere Autobauer und Zulieferer sowie Chemie- und Pharmakonzerne. „Das waren die Wachstumsbranchen der Vergangenheit“, kommentiert Vermögensprofi Blanz. Logische Konsequenz: Ende April 2020 brachte der iPhone-Hersteller Apple einen Börsenwert von 1,14 Billionen Euro auf die Waage. Das ist mehr als die Billion, die alle DAX-Konzerne zusammen ausmachen. Größter DAX-Wert war übrigens SAP mit 132 Milliarden.

Bis zu 9.000 Aktien in einem Fonds

Anleger, die sich nicht auf den DAX fokussieren wollen, haben mehrere Optionen. Sie können gleichgewichtete Aktiendepots aus Europa, Amerika und Asien zusammenstellen oder sie weichen auf globale Indizes wie den MSCI World bzw. den MSCI World All Country Index aus (ACWI). Letzterer enthält neben den Industrie- die wichtigsten Schwellenländer. Der größte Indexfonds (ETF) mit der Bezeichnung ACWI Investable Markets bringt es auf 9.000 Aktien. Alternativ bieten sich Aktienfonds an, deren Manager bewiesen haben, dass sie ihr Handwerk verstehen.