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Rohstoffe: unnötiges Risiko oder sinnvolle Ergänzung?

Wer über ein Rohstoffinvestment nachdenkt, der sollte bereits vor der Wahl der Rohstoffklasse unterscheiden, ob er in physische Werte anlegt, ein Direktinvestment in eine Rohstoffaktie vornimmt, in einen aktiven Fonds, einen passiven ETF oder ein Zertifikat investiert.

Im Prinzip können heute Privatpersonen in jeden Rohstoff investieren, da hierfür nicht mehr der Direkterwerb oder selbst zusammengestellte Terminkontrakte benötigt werden. Man kann den Markt grob in Edelmetalle, Energieträger, Industriemetalle und Agrarprodukte sowie Produkte aus der Viehwirtschaft einteilen.

Direktinvestments sind nur bei Edelmetallen wie Gold, Platin und Silber in Form von Münzen und Barren ratsam. Aber auch nur dann, wenn man diese Rohstoffklasse als klassischen Inflationsschutz gewählt hat oder von einer massiven Geldentwertung ausgeht. Zu berücksichtigen sind hier die vergleichsweise hohen Anschaffungs- und Lagerkosten (Versicherung, Bankschließfach, eigener Tresor).

Will man nur auf eine Wertsteigerung spekulieren, sind aktive Investmentfonds oder passive ETFs sowie Zertifikate auf einzelne Rohstoffe die bessere Wahl. Damit entstehen geringe Kosten und ein Verkauf ist jederzeit über die Börse möglich.

Bei Rohstoffen aus dem Bereich Energieträger, Infrastruktur oder Agrarprodukte kommen für Privatanleger ohnehin nur die genannten indirekten Anlageformen in Frage, da die gehandelten Mengen nur für den entsprechenden Industriezweig gelagert und gehandelt werden können. Auch der Handel mit Terminkontrakten auf einzelne Rohstoffe sollte nur von Firmen aus dem entsprechenden Segment durchgeführt werden.

Rohstoff ist nicht gleich Rohstoff

Während die meisten Privatanleger bei Edelmetallen eher auf Werterhalt oder Inflationsschutz achten, sollte bei Energieträgern, wie Öl, Gas oder Kohle, die Erwartung eines erhöhten Energieverbrauchs durch größere Wirtschaftsleistung im Vordergrund stehen. Bei Industriemetallen, wie Kupfer, Zink oder Aluminium, können es größere Infrastrukturprogramme sein, die zu einer stärkeren Nachfrage in diesem Bereich führen. Setzt man den Schwerpunkt bei Agrarprodukten, kann die Aussicht auf eine weiter steigende Weltbevölkerung dazu führen, dass mehr Grundnahrungsmittel benötigt werden und beispielsweise die Weizenpreise langfristig steigen.

Vorteile, Nachteile und Risiken

Ursprünglich wurden Rohstoffe Portfolios beigemischt, weil keine starke Korrelation zwischen den klassischen Anlagekategorien Aktien oder Anleihen bestand. Rohstoffe können grundsätzlich weiterhin zur Diversifikation und Risikostreuung beitragen. Beobachtet man die Entwicklung von Rohstoffpreisen in der Vergangenheit und bewertet die Gesamtheit aller investierbaren Rohstoffe, so war die Wertentwicklung in der Vergangenheit solide. Geht man von einer Preisbildung durch Angebot und Nachfrage durch die Industrie aus, kann diese Anlageklasse auch einen gewissen Inflationsschutz bieten.

Mit Blick auf die Nachtteile bzw. Risiken muss man berücksichtigen, dass man es hier meist mit einem US-Dollar-Investment zu tun hat. Rohstoffe werden in der Regel in dieser Währung gehandelt. Zusätzlich implementiert man deshalb auch das Chance-/ Risikoprofil eines Währungsinvestments in sein Portfolio. Hinzu kommt, dass man sich meist auch politische Risiken ins Depot holt, da Rohstoffe häufig in Schwellenländern abgebaut werden. Zusätzlich können Produkte, die weltweit benötigt werden, wie Öl oder Gas, von Organisationen kontrolliert werden, die direkten Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen (zum Beispiel die OPEC).

Investment ohne Ausschüttungen

Rohstoffe schütten keine Erträge in Form von Dividenden oder Zinsen aus. Diesen Nachteil können Anleger zwar durch den Kauf von Aktien aus dem Bereich Rohstoffförderung ausgleichen. Damit kauft man sich aber zusätzlich unternehmerische Risiken ein. Außerdem wird der eigentlich gewünschte Effekt, eine Anlageklasse mit einer geringen Korrelation zu den bereits vorhandenen Vermögenswerten, weiter verwässert.

Seitdem man aus Rohstoffen eine eigene investierbare Anlageklasse gemacht hat und entsprechend viele Wertpapiere auf dem Markt sind, mit denen jeder in Rohstoffe investieren kann, werden Rohstoffpreise zunehmend von den Kapitalmärkten beeinflusst und orientieren sich nicht mehr am wirklichen Bedarf. Als indirekte Käufer treten zunehmend Finanzinvestoren auf, die sich positive Renditen versprechen und Positionen auch schnell wieder auflösen.

Da Rohstoffinvestments grundsätzlich keine laufenden Erträge abwerfen, spekuliert der Anleger letztlich nur auf eine bestimmte Entwicklung, beispielsweise einen steigenden Gold- oder Ölpreis. Dabei investiert er in eine Anlageklasse mit hohen Wertschwankungen. Wer schon bei Standardaktien feuchte Hände bekommt, sollte von Rohstoffinvestments die Finger lassen.

Fonds oder ETF investieren häufig in börsengehandelte Termingeschäfte in sogenannte Commodity Futures. Hier wird nicht direkt der Rohstoffpreis nachgebildet, sondern die erwartete zukünftige Entwicklung. Bei Zertifikaten kommt noch das Emittentenrisiko dazu, da es sich um Gläubigerpapiere handelt. Investiert man in verschiedene Einzelrohstoffe via Zertifikat, sollte man daher unterschiedliche Emittenten wählen.

Nicht für jeden Privatanleger geeignet

Sofern man keinerlei ökologische oder ethische Ressentiments gegen solche Investments hegt, bieten sich derzeit sicherlich immer noch gute Einstiegschancen. Allerdings scheint auch bei Großinvestoren ein Umdenken stattzufinden. So trennte sich der amerikanische Investor Warren Buffet von Aktien des größten Erdölförderers der Welt Exxon Mobil und des drittgrößten Erdölunternehmens der USA Conoco Philipps. Die Allianz gab bekannt, dass keine Investitionen in traditionelle Energieträger mehr stattfinden. Der norwegische Staatsfonds fährt seine Engagements in diesen Bereichen ebenfalls zurück.

Trotzdem ist davon auszugehen, dass beispielsweise das Thema Bevölkerungswachstum nicht einfach auszusteuern ist. Daher müssen Grundbedürfnisse für eine immer größere Zahl von Menschen befriedigt werden. Da Rohstoffpreise stark schwanken, sollten Privatanleger diese Anlageklasse als Beimischung verwenden. Es handelt sich eher um ein langfristiges Investment. Wer keine Schwankung aushält, sollte zunächst mit aktiv gemanagten Misch- oder Aktienfonds anfangen. Spezialvarianten sollten erst dann ins Portfolio eingebaut werden, wenn einige Erfahrungen gesammelt wurden.


Ab und zu schreiben Experten für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), die nicht zum Kernteam gehören. Aber was bedeutet das schon. Gäste empfängt man immer am wärmsten.

Wie Andreas Görler. Er ist Senior Wealth Manager der Wellinvest Pruschke & Kalm GmbH in Berlin.