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Penny Stocks – Vorsicht bei Emotionen

Spätestens seit dem Hollywood-Blockbuster „The Wolf of Wall Street“ mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle sind Penny Stocks vielen in Deutschland ein Begriff.

Der Film basiert auf der Lebensgeschichte von Jordan Belfort. Als Börsenmakler hat er gutgläubige Anleger in den 1990er Jahren um mehr als 200 Millionen Dollar betrogen. Sein System basierte auf „Pump and Dump“ (Hochjubeln und Abstoßen). Im Fokus standen dabei Penny Stocks.

Der Begriff Penny Stocks kommt aus dem US-amerikanischen Börsenhandel. Dort bezeichnet er Aktien (stocks), die einen Kurswert haben, der sich im Penny-Bereich bewegt. Im Euro-Raum bezeichnet man als Penny Stocks Unternehmen mit einem Aktienkurs von unter einem Euro. In den USA sind fünf US-Dollar die Grenze, um noch als Penny Stock zu gelten. Aufgrund des niedrigen Kurswertes können Investoren große Stückzahlen erwerben. Sie unterliegen meist sehr starken Kursschwankungen. Penny Stocks sind daher nur für erfahrene Anleger geeignet. Im letzten Jahr machten Aktien des Babyausstatters Windeln.de Furore. Innerhalb weniger Tage schnellte das Papier von rund 70 Cent bis auf 6,92 Euro empor. Kurzzeitig erreichte die Aktie ein Kursplus von knapp 900 Prozent.

Wo werden Penny Stocks gehandelt?

Viele Börsenplätze haben in den letzten Jahren immer strengere Regeln erlassen, um die Qualität von Aktien sicherzustellen. So haben viele Börsen Penny Stocks nach und nach aus dem regulierten Börsensegment mit hohen Anforderungen entfernt. In Deutschland notieren sie deshalb im Open Market (Freiverkehr). Anders als der Geregelte Markt ist der Open Market ein privatrechtliches Segment am unteren Ende der Anforderungsskala. Es gibt nur wenige formale Pflichten für den Emittenten. Es gelten nur geringe Transparenzanforderungen. So muss zum Beispiel kein Börsenzulassungsprospekt veröffentlicht werden. Das macht dieses Börsensegment vor allem für junge, wachstumsorientierte, aber auch für mittelständische Unternehmen attraktiv, denn eine Notierung ist mit geringeren Kosten und wenig Aufwand verbunden. Neben dem An- und Verkauf über den Open Market ist auch der als OTC (Over the Counter) bekannte außerbörsliche Direkthandel möglich. In den USA findet der Handel mit Penny Stocks grundsätzlich außerbörslich über die Plattform der OTC Market Group statt.

Micro- oder Nano-Caps

Innerhalb dieser Klassifizierung spricht man häufig noch von den Micro- oder auch Nano-Cap-Aktien. Diese weisen eine noch geringere Marktkapitalisierung auf. Nano kommt vom griechischen Wort „nanos“ und bedeutet „Zwerg“. Die Marktkapitalisierung liegt unter 50 Millionen Euro. Bei Micro Caps ist die Marktkapitalisierung etwas größer, die Grenze befindet sich ungefähr bei 700 Millionen Euro. Die Grenze zu den Penny Stocks ist bei diesen Titeln fließend. Micro Caps sind meistens aufstrebende junge Unternehmen mit gutem bis sehr gutem Wachstumspotenzial und dem Bestreben, baldmöglichst an der Börse gelistet zu werden. Mitunter zählen auch etablierte Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen zu den Micro-Cap-Aktien. Häufig handelt es sich dann um Familienunternehmen, wo nur ein kleiner Teil der Aktien frei handelbar ist.

Small Caps – Unternehmen der zweiten Reihe

Bei Small-Cap-Aktien dagegen ist der Gesamtwert der in Umlauf befindlichen Aktien ebenfalls niedrig, die Marktkapitalisierung liegt aber meistens im dreistelligen Millionenbereich. Darunter fallen oft Unternehmen aus der zweiten Reihe. Sie sind häufig in Nischenmärkten aktiv. Im Gegensatz zu den Penny-, den Micro- und Nano-Aktien finden sich die Small-Caps auch im geregelten Markt. In Deutschland sind viele Titel im SDAX gelistet, dem deutschen Index für Small Caps. Dort listet die Deutsche Börse seit dem 24. September 2018 die 70 größten deutschen Small Caps. Mit Penny Stocks haben Small Caps aber nicht mehr viel zu tun. Der Kurswert von Small-Caps kann durchaus hoch sein. Bei Penny Stocks ist jede Einzelaktie sehr wenig wert, es kann aber dennoch große Mengen von ihnen geben.

Die Illusion vom kleinen Einsatz

Penny Stocks erlebten im letzten Jahr wieder einen Boom. Getrieben vor allem durch Social Media und die Anlegerforen auf Plattformen wie Reddit. Bei Kursen unter einem Euro wird das Risiko oft unterschätzt. Man gibt sich schnell der Illusion hin, mit wenig Einsatz einen großen Gewinn zu erzielen. Der geringe Kurswert der Aktie hat zur Folge, dass bereits winzige Kursveränderungen um wenige Cent einen großen Einfluss auf das investierte Kapital haben. Sinkt eine Aktie, die für 50 Cent gekauft wurde, nur um fünf Cent, bedeutet das schon einen Kursverlust von zehn Prozent.

Im Umkehrschluss heißt das auch, dass sich bei einem Kursanstieg von fünf Cent ein zehnprozentiger Gewinn einstellt. Der niedrige Wert ermöglicht Anlegern Investitionen in hoher Stückzahl, sodass schon nominal leichte Kursbewegungen finanziell kräftig durchschlagen. Durch das geringe Handelsvolumen ist die Volatilität (Schwankungsbreite) der Aktien überdurchschnittlich hoch. Dies nutzen professionelle Spekulanten aus. Mit einem geringen Einsatz lassen sich große Kurssprünge herbeiführen.

„Fahnenstange“ als Warnsignal

Vorsicht ist vor allem bei einem plötzlichen steilen Kursanstieg eines Penny Stocks angebracht. Experten sprechen bei einem solch steilen, nahezu senkrechten Kursanstieg von einer „Fahnenstange“. Vor allem Börsenneulinge werden durch ein solches Kursmuster angelockt. Auf den Social-Media-Kanälen wird dann plötzlich viel über diese Aktien berichtet. Der Herdentrieb lockt immer neue Anleger in die vermeintlich billige Aktie. Für Profis dagegen ist die Fahnenstange im Chart vor allem ein Sinnbild einer Übertreibungsphase an den Aktienmärkten und damit ein eindeutiges Warnsignal. Viele Börsenneulinge unterschätzen auch die Gebühren, die bei einem Handel mit Penny Stocks anfallen und in Bezug auf den Kurswert relativ hoch sind.

Die modernen Wölfe tummeln sich bei Reddit

Jordan Belfort musste mit seinen Maklern die Kunden noch aufwändig am Telefon überzeugen. Heute tummeln sich die „Wölfe“ in den einschlägigen Foren der Social-Media-Kanäle. Fast alle der dort besprochenen und hochgejubelten Aktien waren rückblickend ihren Preis nicht wert. Egal ob Windeln.de, GameStop oder AMC Entertainment, die meisten Investoren haben Lehrgeld zahlen müssen. Auch bei Penny Stocks kommt man als Anleger nicht um eine Aktienbewertung anhand der Unternehmenszahlen und des Handelsvolumens herum.

Ebenso sollte das eingesetzte Vermögen die persönliche Risikobereitschaft nicht überschreiten. Vor allem sollte man sich jedoch vor FOMO (Fear of missing out) in Acht nehmen. Die Angst, etwas zu verpassen, ist die teuerste Emotion von Börsenneulingen. Ein Filmzitat von Jordan Belfort in „The Wolf of Wallstreet“ sollte man vor allem bei Penny Stocks nie vergessen: „Es ist Business. Lass deine Emotionen vor der Tür.“


Gastautor Markus Richert ist CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.