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Nachhaltigkeit am Point of no Return

An der Börse gibt es Zyklen, die wie Ebbe und Flut kommen und gehen. Es gibt aber auch Trends, die angestoßen werden, dann anschwellen und irgendwann nicht mehr umkehrbar sind. Nachhaltige Investments haben jetzt diesen Point of no Return erreicht oder etwa nicht?

Das „how dare you“ Greta Thunbergs hat Einzug in die Umgangssprache gehalten, mal ironisch, mal ernst. Wie könnt Ihr nur die Umwelt, unsere Zukunft, die Welt, das Klima zerstören? Die Frage ist berechtigt und interessanterweise nimmt sie kaum eine Branche ernster als die Finanzindustrie.

Das mag damit zu tun haben, dass sich ESG-konforme Produkte besser verkaufen oder ohnehin in naher Zukunft eine europaweite Regulierung das Thema vorantreiben wird. Es mag aber auch damit zu tun haben, dass nachhaltige Investments die besseren Ergebnisse erzielen.

Eine Studie zeigte jetzt, dass in den vergangenen zehn Jahren nachhaltige Investments im Schnitt etwa 0,5 Prozentpunkte besser abschnitten als herkömmliche Kapitalanlagen. Wird der kürzere Zeitraum über ein Jahr betrachtet, liegt der Unterschied bei 3,1 Prozentpunkten. In einer Welt ohne Zins ist das viel.

Radikale Umkehr in kurzer Zeit

Zudem zeigt sich eine Trendumkehr: Kostete es vor zehn Jahren wahrscheinlich noch Rendite, in nachhaltige Produkte zu investieren, bringt es heute eine Überrendite. Überraschend oder nicht? Überraschend ist es, weil die Umstellung so rasch verlief. Man stelle sich nur vor, dass Aldi und Lidl nur noch Bio-Produkte im Angebot hätten und auf Zigaretten, Alkohol oder gar Plastik-Gimmicks vollständig verzichten würden. Aber ungefähr so radikal ist die Finanzindustrie umgeschwenkt.

Aus gutem Grund, denn Produkte ohne ESG-Anmutung werden gar nicht mehr verkauft. Dafür werden viele Aktien oder Anleihen gekauft, wenn sie ESG-konform auftreten. Das treibt die Nachfrage schneller, als das Angebot wächst – und damit steigen die Preise. Weil so die „guten“ Papiere teurer werden, erleben auch die Fonds oder anderen Vehikel, die diese kaufen, einen Höhenflug. Die Frage ist, ob dieser Trend sich irgendwann wieder umkehrt.

Finanzindustrie geht voran

Die Antwort lautet: nein. Solange nicht unsere Gesellschaft komplett durcheinandergewirbelt wird, dringt die ESG-Orientierung in immer weitere Bereiche vor. Die Finanzindustrie steht an der Spitze der Bewegung, auch weil sie nichts mehr verdient, wenn Anleger bestimmte „böse“ Aktien oder Anleihen nicht mehr kaufen. Eigennutz und Gemeinnutz gehen hier Hand in Hand. Natürlich wird es immer wieder heikle Fragen geben, etwa nach der zwar umweltfreundlichen, aber menschenschädlichen Produktion von Waffen, nach der Ölbohrung unter besten Arbeits- und Sozialbedingungen und so fort. Diese Pole aber werden sich in den kommenden Jahren ausbalancieren. Das Investmentthema „Nachhaltigkeit“ oder „ESG“ wird dann verschwunden sein. Die gesamte Wirtschaft wird schließlich nachhaltig arbeiten. Dann werden wieder andere Faktoren die Performance-Unterschiede ausmachen. Diese aber müssen wir noch kennenlernen.


Gastautor Uwe Zimmer ist Geschäftsführer der fundamental capital GmbH in Hennef.

Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.