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Magere Kost von der Lebensversicherung

Wer einst hoffte, mit einer Lebensversicherung fürs Alter finanziell gewappnet zu sein, wird dieser Tage neu nachdenken müssen.

Eine Studie der Ratingagentur Assekurata zur Lebensversicherung zeigt, dass die Anbieter wie schon 2020 fast ausnahmslos bei den Überschussbeteiligungen knausern.

Das frühere Rundum-sorglos-Vorsorgemodell „Lebensversicherung“ bröckelt. Nicht nur, dass die meisten Anbieter durch die Bank weg die laufende Verzinsung zum wiederholten Mal absenken. Auch bei der zu erwartenden Überschussbeteiligung müssen Vertragsnehmer erneut kleinere Brötchen backen, wie eine aktuelle Erhebung der Assekurata nahelegt. Fürs laufende Jahr schreiben die Lebensversicherer ihren Kunden erneut weniger Zinsen gut – wie schon 2020.

Über alle in der Studie analysierten Produktarten und Tarifgenerationen sinkt die laufende Verzinsung im Marktdurchschnitt auf 2,69 Prozent (Vorjahr: 2,74 Prozent). Vor allem bei jüngeren Verträgen ist ein spürbarer Rückgang der Verzinsung zu verzeichnen, wohingegen die Zinsen für ältere Produkte weitgehend stabil bleiben. Grund hierfür sind die höheren vertraglichen Garantien, die die Kunden damals noch erhalten haben, so dass die Verzinszung nicht darunter sinken kann. Hohe Alt-Garantien erlauben jedoch im Niedrigzinsumfeld kaum noch eine zusätzliche Überschussbeteiligung.

Klassische Police befindet sich auf dem Rückzug

Konkret heißt das: Für 2021 bieten Klassik-Policen noch 2,13 Prozent laufende Verzinsung (Vorjahr: 2,29 Prozent). Rechnet man die aktuellen Sätze inklusive der in Aussicht gestellten Schlussüberschüsse auf einen 25-jährigen Mustervertrag hoch, so liegt die Beitragsrendite im Schnitt bei gerade mal 1,88 Prozent.

Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie: Nur knapp die Hälfte der 47 teilnehmenden Anbieter, die zusammen für gut 70 Prozent des Marktes stehen, vertreiben überhaupt noch eine klassische Police mit einem Garantiezins von aktuell 0,90 Prozent. Lebenslange Garantien bieten sogar nur noch ein Drittel der Anbieter im Neugeschäft.

Stattdessen setzen weite Teile des Marktes auf neu konzipierte Produkte, die – wie bisher – auf einer konventionellen Überschuss-Systematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit basieren. Ein zentraler Unterschied liegt jedoch in den Beitragsgarantien, die herabgesetzt oder vollständig abgeschafft werden.

Garantien und Niedrigzins vertragen sich nicht

Die Abkehr von der vollständigen Beitragsgarantie bei der Mehrheit der Tarife ist ein klares Signal dafür, dass sich hohe Garantien mit dem Dauerzinstief am Kapitalmarkt nicht vertragen. Immer mehr Anbieter legen ihren Tarifen mittlerweile einen individuellen Garantiezins zugrunde, der häufig bei 0,50 Prozent oder darunter liegt. Obendrein dürften die Zinsen für LV-Policen in Zukunft weiter dahinschmelzen. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat bereits dafür plädiert, den für klassische Policen mit garantierter Verzinsung maßgebenden Höchstrechnungszins für Neuverträge ab 2022 auf 0,25 Prozent zu senken.

Abstriche beim Rentenfaktor

Aber es kommt noch dicker: Auch die Leistungsversprechen für die Auszahlungsphase der Verträge verringern sich. Dies lässt sich daran festmachen, dass die garantierte monatliche Mindestrente sinkt, wenn Kunden in den Rentenbezug übergehen. So kürzt beispielsweise Deutschlands größter Lebensversicherer, die Allianz, für eine Reihe von Tarifen den sogenannten Rentenfaktor. Somit müssen sich Versicherungsnehmer auf niedrigere garantierte Bezüge einstellen.

Die Allianz Lebensversicherung senkt hierzu den Rechnungszins, der eine entscheidende Größe für die Berechnung des garantierten Rentenfaktors ist, bei ihrer Privatrente von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent. Eine ähnliche Senkung hatte der Versicherer zuletzt vor vier Jahren vorgenommen. Betroffen sind Kunden in bestimmten Tarifen, bei denen nun ab diesen März die Auszahlphase beginnt. Von dem Schritt sind immerhin 750.000 Versicherungsnehmer betroffen. Da die Allianz mit einem Marktanteil von 30 Prozent der Branchenprimus ist, dürfte der Schritt eine Signalwirkung für die Branche haben.

Einst solider Rentenbaustein ist unberechenbar geworden

Der Rentenfaktor legt fest, wie hoch das Ruhegeld eines Anlegers nach Ablauf der Ansparphase ist. Der Faktor hängt unter anderem vom Alter der Kunden und dem Rentenbeginn ab und liegt nach der Anpassung in typischen Konstellationen bei circa 30. Der Wert 30 bedeutet, dass sich aus 100.000 Euro Kapital am Rentenbeginn eine monatliche garantierte Rente von 300 Euro ergeben. Hinzu kommt noch ein Betrag aus der Überschussbeteiligung.

Der Grund für eine Senkung von Rentenfaktoren sind in der Regel Änderungen der Sterbetafeln. Wenn die Menschen länger leben, muss ein Versicherer das angesparte Kapital der Kunden länger am Kapitalmarkt anlegen. Wegen der Garantie für die Renten sind Versicherer zudem gezwungen, in sicherere Anlagen wie Staatsanleihen zu investieren, die keine oder sogar negative Verzinsungen bieten.

Mit Lebensversicherungen ist für die Altersvorsorge kaum noch ein Blumentopf zu gewinnen. Im Extremfall zerreißt es sogar die ein oder andere Ruhestandsplanung, wenn die garantierten Rentenbezüge kurz vor der Auszahlungsphase abgesenkt werden. Der früher solide Rentenbaustein „klassische Lebensversicherung“ ist unberechenbar geworden.

Gastautor Dr. Marc-Oliver Lux ist Vermögensverwalter bei der Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.