Website-Icon DIA Altersvorsorge

Droht eine Korrektur am Immobilienmarkt?

Ein Blick auf den Immobilienmarkt deutscher Großstädte zeigt bedenkliche Zustände. Wer in den eigenen vier Wänden wohnt, hat kein Problem. Im Gegenteil, es gibt Grund zur Freude wegen der seit Jahren stetigen Wertsteigerung des eigenen Objektes.

Bestandsmieter sind natürlich von Mietsteigerungen betroffen. Aber die steigen im Normalfall nur langsam. Für alle, die ihre Wohnung wechseln wollen oder dies aus beruflichen Gründen müssen, haben sich die Mieten komplett vom Einkommen entkoppelt.

Besonders schwierig ist das für Geringverdiener, die flexibel auf Jobangebote reagieren wollen, und auch für junge Familien. Es hört sich zwar etwas sarkastisch an, aber man muss festhalten, dass der Immobilienmarkt an sich „richtig“ funktioniert. Die steigenden Preise zeigen Wohnungsknappheit an. Dieses Problem entsteht derzeit hauptsächlich in den Großstädten. Letztlich muss das Angebot erhöht werden. Das funktioniert aber bei Immobilien nur sehr langsam. Ursachen dafür sind zu wenig Baulandsausweisungen, kleinteilige Bauvorschriften und zu lange Genehmigungsverfahren der Baubehörden.

Hohe Mieterquote in Deutschland

Die Mieterquote in Deutschland liegt mit 47 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt von ca. 30 Prozent. Für einen Investor ist das eigentlich eine Indikation, dass der Kauf einer Immobilie attraktiv sein kann. Insbesondere für ausländische Investoren wirkt der deutsche Immobilienmarkt nach wie vor anziehend. Im internationalen Vergleich ist Berlin, trotz starker Preisanstiege auf dem Immobiliensektor, im Vergleich zu London, Paris, New York oder Tokio noch günstig bewertet.

Mieten stiegen erstmals weniger stark

Für Mieter und Wohnungssuchende gibt es jetzt leichte Anzeichen, dass die Zeit der permanent stark steigenden Wohnungsmieten vorbei sein könnte. Statistische Erhebungen von mehreren renommierten Instituten weisen darauf hin, dass die Mieten in nachgefragten Ballungsräumen 2019 deutlich weniger stark zunahmen als im vorangegangenen Jahr. Im bundesweiten Mittel ergab sich sogar ein Rückgang der Neuvertragsmieten gegenüber dem vierten Quartal 2018. Auch im zweiten Quartal des laufenden Jahres konnten stagnierende bis leicht fallende Mieten festgestellt werden. Allerdings handelt es sich meist um sehr teure Standorte wie München, Freiburg oder Tübingen und die Anpassungen sind gering.

Ursachen für die aktuelle Stagnation

Für Wohnungssuchende ist das natürlich nur ein schwacher Trost, aber im Moment wächst die Nachfrage nicht so schnell wie das Angebot. Der Zuzug in Ballungsräume ist noch hoch, ebbt aber etwas ab und der Neubau nimmt etwas an Fahrt auf. Hinzu kommen die anhaltenden Diskussionen über Mietpreisstops oder gar Enteignungen von großen Wohnungsbauunternehmen, die das Thema noch stärker in die öffentliche Wahrnehmung brachten.

Immobilienblase ist nicht zu befürchten

Bei Finanzierungen bringen Immobilienkäufer in der Regel 20 Prozent Eigenkapital ein. Obwohl eher 30 Prozent empfehlenswert sind, ist das im internationalen Vergleich ein guter Wert. Die Tilgungsrate bei Immobiliendarlehen hat sich in den letzten zehn Jahren auf drei Prozent verdoppelt. Käufer nutzen das niedrige Zinsniveau, um die Kredite schneller zurückzuzahlen. Außerdem werden grundsätzlich längere Zinsvereinbarungen geschlossen. 40 Prozent der Darlehen haben eine Laufzeit von über zehn Jahren. Man kann in Deutschland auch nicht feststellen, dass Kreditinstitute besonders leichtfertig Immobilienkredite vergeben. Weiterhin ist von einem anhaltend niedrigen Zinsniveau auszugehen. Eine Immobilienblase, die plötzlich in sich zusammenfallen könnte, ist daher nicht in Sicht.

Keine Hoffnung auf schnelle Entspannung

Fazit: Da keine plötzlich steigenden Zinsen zu erwarten sind und das Angebot an Immobilien in den Ballungszentren nicht schnell anzieht, müssen Investoren keine Angst vor einer Immobilienblase in Deutschland haben. Das ist aber gleichzeitig auch eine schlechte Nachricht für alle, die in Großstädten und dem angrenzenden Einzugsgebiet Wohnraum suchen. Da Immobilien ein Wirtschaftsgut sind, dass sich nicht beliebig und schnell herstellen lässt, ist auch in Zukunft keine schnelle Entspannung zu erwarten, auch wenn Mieten und Immobilienpreise vermutlich etwas langsamer ansteigen.


Gastautor Andreas Görler ist Senior-Wealth-Manager bei Wellinvest – Pruschke & Kalm GmbH in Berlin.