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Das falsche Gefühl von Sicherheit

Beim Thema Geldanlage setzen die Deutschen lieber auf Sicherheit. Das ist keine neue Erkenntnis.

Laut einer aktuellen Umfrage ist in allen Altersgruppen Sicherheit das wichtigste Kriterium bei der Geldanlage. Auch die schon seit Jahren anhaltende Nullzinspolitik der EZB konnte daran wenig ändern.

Seit Jahren ist das liquide Vermögen der Deutschen in der gleichen Weise verteilt. Girokonto- und Sparguthaben oder Tages- und Festgelder machen dabei mit 40 Prozent den größten Teil aus. Kapitalbildende Lebensversicherungen folgen mit 31 Prozent an zweiter Stelle. Auf Investmentfonds entfallen gerade einmal zehn Prozent. Einzelaktien liegen bei sechs Prozent und Einzelanleihen haben einen Anteil von zwei Prozent. So lautet auch das Ergebnis einer aktuellen Studie der DZ Bank.

Für die Vermögensbildung der deutschen Haushalte hat diese Aufteilung schwerwiegende Auswirkungen. Rechnet man Investmentfonds jeweils zur Hälfte den Assetklassen Aktien und Anleihen zu, investieren die Deutschen sechsmal mehr in renditearme und vermeintlich risikoarme Anlagen (Bankeinlagen und Lebensversicherungen) als in Aktien, die ertragreichste aller Asset-Klassen.

Bankguthaben sind keine sinnvollen Anlagen

Dabei ist unumstritten, dass Bankguthaben oder Tagesgelder für rationale Haushalte bei dem gegenwärtigen Zinsniveau keine sinnvollen Anlagen darstellen. Letztlich ist ein Bankguthaben ein unbesicherter Kredit des Anlegers an ein Finanzinstitut. Erschwerend kommt hinzu, dass der Anleger diesen Kredit an ein hochverschuldetes Unternehmen vergibt. Der typische Fremdkapitalanteil am Gesamtkapital einer Bank beträgt 92 Prozent. Das ist mehr als in allen anderen Branchen.

Unter normalen Umständen würde kein ökonomisch denkender Anleger einem solchen Unternehmen einen unbesicherten Kredit geben. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass der Zinssatz bei den meisten Instituten null Prozent beträgt. Ein mehr als zweifelhaftes Geschäft. Auch wenn viele Banken nicht müde werden zu betonen, dass bis zu einem Betrag von 100.000 Euro die Beträge durch die staatliche Einlagensicherung vermutlich akzeptabel abgesichert sind. Was eine solche Einlagensicherung wirklich wert ist, wird man erst bei der nächsten systemischen Bankenkrise wissen.

Die einzig sichere Geldanlage sind Sachwerte

Die einzig langfristig wirklich sichere Geldanlage sind Investitionen in Sachwerte. Zu den Sachwerten zählen klassische Aktien, Edelmetalle, Grundbesitz oder Immobilien. Diese haben sich seit Jahrhunderten bewährt. In Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrisen bieten sie den bestmöglichen Schutz für Vermögen jeder Größenordnung. Ihr Geld- oder Buchwert kann schwanken. Aber völlig wertlos können Sachwerte selten werden. Wegen der Schwankungen der Sachwerte ist eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen geboten. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, wie die Superreichen ihr Kapital anlegen. Leider lassen sich diese nur ungern in die Karten schauen. Einen Hinweis gibt die Auskunft über die durchschnittliche Asset Allocation der Mitglieder im elitärsten Börsenclub der Welt.

Monatliche Treffen an geheimen Orten

Tiger 21 nennt sich das einflussreichste Netzwerk der Welt. Die 220 Mitglieder sind superreiche Investoren mit einem Gesamtvermögen von 30 Milliarden Dollar. „Tiger 21” steht für „The Investment Group for Enhanced Returns in the 21st Century”. Viele möchten dabei sein, aber die Auswahlkriterien sind hoch. Einmal im Monat treffen sich rund 220 superreiche US-Amerikaner an geheimen Orten, um Finanztipps auszutauschen und um über die Lage der Welt zu diskutieren. Mitglieder des Clubs der Reichen verfügen über ein Vermögen von mindestens zehn Millionen Dollar pro Person. Die durchschnittliche Anlagesumme der Vereinsmitglieder liegt bei 80 Millionen Dollar an privaten Vermögen. Ihre Gesamtinvestments belaufen sich auf ungefähr 30 Milliarden Dollar. Die jährliche Mitgliedsgebühr beträgt 30.000 Dollar.

Um Festverzinsliche machen Reiche einen Bogen

Die begehrteste Anlageklasse der Superreichen bleiben fremdgenutzte Immobilien. Der Anteil von Immobilien am Vermögen der Tiger 21-Mitglieder betrug zuletzt immerhin 28 Prozent. Zweitwichtigste Anlageklasse mit 24 Prozent ist Private Equity, also die Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen. Auf Platz drei folgen mit 21 Prozent Aktien börsennotierter Unternehmen. Um festverzinsliche Anlagen machen die Mitglieder angesichts der Niedrigzinsen einen großen Bogen. Rund zwölf Prozent ihres Vermögens halten die Clubmitglieder derzeit im Cash.

Seit 39 Monate ist die Rendite von Zinsanlagen niedriger als die Inflation

Von dieser Aufteilung könnten deutsche Anleger so manches lernen. Leider ist es hierzulande fast umgekehrt. Zuletzt hatten die privaten Haushalte 2.373 Milliarden Euro auf verschiedenen Konten, darunter Giro- oder Tagesgeldkonten, deponiert. Vor der Finanzkrise 2008/09 waren es 1.000 Milliarden weniger. Die mit Tagesgeld und anderen Zinsanlagen erzielbare Rendite ist in Deutschland nunmehr 39 Monate am Stück niedriger als die Inflation. Seit 2016 haben die deutschen Sparer durch negative Realzinsen einen Kaufkraftverlust von rund 90 Milliarden Euro erlitten. Dabei sind negative Realzinsen historisch gesehen eher die Regel als die Ausnahme. Zwischen den 60er und den Nullerjahren lag die reale Rendite in 58 Prozent der Fälle unter null und nur 42 Prozent bei null oder leicht darüber. Das belegen aktuelle Untersuchungen.

Keine Veränderung in Sicht

Der Ökonom Thorsten Polleit erwartet, dass die EZB den Leitzins in den kommenden sechs Monaten auf etwa minus ein Prozent absenken wird. Abzüglich einer Teuerungsrate von ein bis zwei Prozent wird sich der Euro-Realzins dann bei ungefähr minus zwei bis minus drei Prozent einstellen. Vermutlich, so seine Meinung, werden die Banken in der Euro-Zone auf breiter Front Negativzinsen für Sicht-, Termin- und Sparguthaben erheben. Davon werden deutsche Anleger besonders hart getroffen werden. Kein anderes Volk hat so viel Geld auf der Bank. In Italien liegt mit 1.108 Milliarden Euro zum Beispiel nur halb so viel Geld auf dem Konto.

Sparen ohne Zins und Verstand

Der Saldo auf dem Kontoauszug bleibt bei einer Anlage auf dem Bankkonto unverändert. Er schwankt, im Gegensatz zum Wertpapierdepot, nicht. Dies vermittelt vielen Anlegern das Gefühl, die Anlage sei sicher. Für viele ist es sogar das sicherste Investment überhaupt. Das aber ist ein teurer Trugschluss. Leider lässt sich das Problem auch nicht dadurch lösen, dass man mehr spart. Nach Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat ist die Sparquote in Deutschland auf den Rekordwert von über 17 Prozent gestiegen.

Leider spart sich der deutsche Sparer arm. Wer ohne Zins und Verstand spart, vernichtet sein Vermögen, anstatt es zu vermehren. So hat der deutsche Durchschnittshaushalt binnen zehn Jahren real bereits mehr als 20.000 Euro seines Vermögens verloren. Dieser Verlust ist real und so sicher wie die gefühlte Sicherheit des Sparbuches. Dabei haben die Deutschen viele Sparformen erfunden, das Bausparen, das Vereinssparen, sogar das Möbelsparen. Nun aber wird es Zeit für das Aktiensparen, denn nur wer langfristig in ein gut diversifiziertes Portfolio investiert, der spart sicher.


Gastautor Markus Richert ist Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln.