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Der nächste Crash ist vielleicht nicht weit

Nicht wenige Anleger und Beobachter werden sich noch gut daran erinnern: Vor reichlich acht Jahren, am 6. Mai 2010, brach der US-Leitindex Dow Jones innerhalb weniger Minuten um zehn Prozent ein.

Blue Chips stürzten 70, 80 oder sogar 90 Prozent ab. Der Einbruch dauerte weniger als 30 Minuten. Doch der Schock über den „Flash-Crash“ begleitete Investoren noch über Wochen und Monate. Erst ein halbes Jahr später erreichte der bekannte Aktienindex wieder den Stand von Anfang Mai.

Auslöser war indes nicht ein politisches Erdbeben, eine Naturkatastrophe oder ein Terrorangriff, sondern ein unbekannter Programmierer namens Navinder Singh Sarao. Er soll über eine selbst entwickelte Software abertausende von Börsenaufträgen zum Schein an die Märkte geleitet haben. Bevor diese ausgeführt werden konnten, stornierte sein Programm die Order und führte so andere Marktteilnehmer und deren Algorithmen in die Irre. Zwar wird bezweifelt, dass Sarao allein dafür verantwortlich war. Aber eines hat das Ereignis deutlich gezeigt: Das Börsengeschehen ist fragil. Das Mantra der Selbstbeschränkung der Märkte kann dramatische Auswirkungen haben.

Rasanter Anstieg der Volatilität

Auch in diesem Jahr haben die Märkte bereits einen „Flash-Crash“ gesehen: am 5. Februar. Innerhalb eines Börsentages verlor der Dow Jones mehr als acht Prozent. Gleichzeitig stieg der VIX, der Volatilitätsindex der Chicago Board Options Exchange, rasant an. Zuvor hatte dieses Marktbarometer monatelang auf den niedrigsten je gemessenen Niveaus verharrt. Der Anstieg war dermaßen dramatisch, dass zahlreiche Produkte, die auf einen gleichbleibenden oder fallenden VIX setzten, Kursverluste von 95 Prozent hinnehmen mussten.

Wurde der Index manipuliert?

Der Hintergrund, so ein Insider: Banker hätten die Schwächen in der Konstruktion und Berechnung des Volatilitätsindex für Manipulationen ausgenutzt. Betrüger stellten dieser Version zufolge massenweise Order ohne Handelsabsicht in den Markt, um dem VIX zu beeinflussen, was zum Crash geführt habe. Die Berechnung des VIX stützt sich auch auf die Preise solcher Gattungen, in denen gar keine Umsätze stattgefunden haben. Zwar schließt die Börsenaufsicht einen Manipulationsverdacht aus. Aber zum einen handelt es sich bei dem Informanten um einen hochrangigen Investmentbanker. Zum anderen kamen bereits 2017 zwei Wissenschaftler der University of Austin ebenfalls zu der Auffassung, dass der VIX extrem manipulationsanfällig sei.

Risiken aus einer ganz anderen Richtung

Erst Anfang Juni berichtete die „Financial Times“ über Vorwürfe gegen den großen Vermögensverwalter Blackstone. Über das Hedgefonds-Vehikel GSO soll das Unternehmen jahrelang seine dominierende Stellung im Bereich der kreditfinanzierten Asset Managements missbraucht haben. Blackstone erwarb die berüchtigten Credit Default Swaps, also Kreditausfallderivate, auf Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten. Diesen Unternehmen bot GSO zinsverbilligte Darlehen und andere Unterstützung an. Im Gegenzug musste das Unternehmen „nur“ die Zinszahlung eines seiner Darlehen ein paar Tage verspätet leisten. Dies löste beim CDS die Zahlungspflicht der Gegenpartei aus. GSO strich das Geld ein und konnte aus dem Gewinn die versprochenen Zahlungen an das strauchelnde Unternehmen leisten.

Das bedeutet: Risiken an den Finanzmärkten sind nicht immer konjunktureller, finanzwirtschaftlicher oder geopolitischer Natur. Der nächste „Flash-Crash“ könnte mit weit größerer Wahrscheinlichkeit aus den Unzulänglichkeiten der Finanzmärkte selbst entstehen. Dieses Risiko gilt es bei allen Investments zu bedenken und einzuplanen.


Ab und zu schreiben Experten für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), die nicht zum Kernteam gehören. Aber was bedeutet das schon. Gäste empfängt man immer am wärmsten.

Wie Dr. Martin Stötzel. Er ist Managing Partner bei der unabhängigen Vermögensverwaltung Rhein Asset Management in Luxemburg und Düsseldorf.