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Ausgespart – der Zins ist tot

Die langanhaltende Niedrigzinsphase belastet Sparer und Banken gleichermaßen. Für viele ist der Schuldige eindeutig identifiziert. Die Notenbanken.

Man traut der Geldpolitik der Notenbanken scheinbar sehr viel zu. Es ist unstrittig, dass die Notenbankpolitik die Tendenz zu niedrigen Zinssätzen verstärkt hat, aber ein Trend zu fallenden Zinsen besteht bereits seit Jahrzehnten. Die langfristigen Zinssätze nehmen schon seit Ende der 80er Jahre ab. Die Quantitative-Easing-Programme (QE) der Notenbanken begannen jedoch erst im Zuge der Finanzkrise 2008.

Die hohen Nominalzinssätze, die derzeit noch das Bewusstsein prägen, beziehen sich auf eine kurze Phase in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Vor dem Ersten Weltkrieg lagen die langfristigen Nominalzinssätze in Deutschland bei drei Prozent. In den 20er und 30er Jahren stiegen sie im Schlepptau von Schuldenaufnahme und erhöhtem Risiko auf etwa fünf Prozent. Erst nach dem zweiten Weltkrieg, in der Wiederaufbauperiode von 1955 bis 1974, erreichten sie den außerordentlich hohen Wert von acht Prozent. Danach sanken sie langsam bis 2008 auf 6,5 Prozent und fielen nach der Finanzkrise weiter auf durchschnittlich 2,5 Prozent. Erst in den letzten Jahren lagen sie im Bereich von Null.

Rückläufiger Bedarf an Kapital

Ein Zins entsteht am Markt durch Angebot und Nachfrage von Kapital. Sparer treffen auf Investoren. Vor dem Ersten Weltkrieg sparte eine kleine Bevölkerungsschicht. Sparen und Investieren befanden sich im Gleichgewicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Wirtschaft außerordentlich rasch und es herrschte enormer Investitionsbedarf. Durch das starke Wirtschaftswachstum war die Nachfrage nach Kapital sehr hoch, die Zinsen stiegen dementsprechend an. Seit dem Ende des Aufholbedarfs hat sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt und die Ersparnisse wuchsen wohlstandsbedingt. Dadurch entstand ein massiver Sparüberhang, der auf die Zinssätze drückte. Der Bedarf an Kapital ist rückläufig. Für die hohen Ersparnisse der Privathaushalte gibt es keine Nachfrage mehr.

Zinserhöhung würde wenig ändern

Sparer müssen sich darüber klar werden, dass sie etwas anbieten, was auf dem Markt nicht mehr nachgefragt wird. Der Vorwurf der Enteignung durch die Geldpolitik der EZB greift hier ins Leere. Ordentliche Zinsen gibt es nur bei Wachstum und Vollbeschäftigung. Eine Zinserhöhung der Notenbank würde derzeit wenig ändern. Bereits bei dem jetzigen Zins von Null wollen zu wenige investieren. Die Zinsen zu erhöhen, würde nur dazu führen, dass sich die Wirtschaft noch weiter abschwächt, die Inflation noch weiter zurückgeht. Damit würde man einen Mechanismus in Gang setzen, der langfristig noch zu weit tieferen Zinsen führen würde.

Das Prinzip von Angebot und Nachfrage lässt sich nicht aushebeln

Die Notenbanken können das allgemeingültige Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht durchbrechen. Sparern einen positiven Zins für ihre Anlagen zu gewährleisten, gehört nicht zu den Aufgaben einer Notenbank. Die Zinsen bilden sich nach ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Es gibt kein Recht auf einen positiven Zins. Wer einen Ertrag auf sein Kapital will, muss investieren. Langfristig ist die Aktie die erfolgreichste Anlageklasse überhaupt, erzielt Renditen von im Schnitt gut acht Prozent pro Jahr. Daher hilft nur eines: von der Seite des Sparers zu der des Investors wechseln.


Gastautor Markus Richert ist CFP® und Seniorberater in der Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln.