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Aktienrückkäufe: Doping für die Kurse

Wenn ein Unternehmen seine eigenen Aktien zurückkauft, tut es seinen Aktionären etwas Gutes. Das ist die oft gehörte Meinung der Märkte, die oft bei der Ankündigung eines Aktienrückkaufs mit Kurszuschlägen reagieren. Aber für den Markt als Ganzes ist es nur Doping – mit begrenzter Wirkung

Die Zahl ist gewaltig: 700 Milliarden US-Dollar haben die 500 größten US-Unternehmen 2018 für eigene Aktien ausgegeben. Eigene Aktien kaufen, ist schwer in Mode gekommen.

Auch hierzulande wird es beliebter. Fast neun Milliarden gaben die deutschen Unternehmen 2018 für eigene Aktien aus. Der Vorteil: ein Unternehmen, das auf hohen Cash-Reserven sitzt, macht sich so attraktiver. Die Aktien werden eingezogen. Es gibt dann weniger davon. Der Gewinn je Aktie steigt und damit oft auch der Kurs. Während bei Dividendenausschüttungen immer erwartet wird, dass sie sich im kommenden Jahr wiederholen, sind Aktienrückkäufe Einmalaktionen. Alles positiv also?

Anzeichen von Sättigung

Nicht ganz, denn Aktienrückkäufe in der Höhe sind natürlich ein gewaltiges Doping für den Markt. Wenn in den USA Unternehmen mit die größten Nachfrager nach Aktien sind, spiegeln die Kurse nicht mehr nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Firmen, sondern mehr und mehr auch eine Sättigung. Die Alternative zu Rückkäufen wären ja Investitionen. In neue Werke, Ideen oder auch andere Unternehmen. Die Allianz hat gerade angekündigt, für 1,5 Milliarden Euro Aktien zurückzukaufen. Ausdrückliche Begründung: Es würden keine guten Ziele für Übernahmen gefunden. Die Unternehmen sind also satt, an der Wachstumsgrenze angekommen – oder ideenlos.

Zwei Mittel verstärken sich gegenseitig

In den USA ist der Trend deshalb fast schon besorgniserregend, weil es nicht das einzige Dopingmittel ist und sich zwei Mittel verstärken. Die niedrigen Zinsen wirken schon lange als Booster für die Börse, mehr als die wenigen Prozente an Zinsen erzielen Aktien in der Regel und werden deshalb gekauft. Das treibt den Markt. Zudem – das ist eine Wechselwirkung – können sich Unternehmen extrem günstig Geld leihen. Dieses Geld nutzen sie für Aktienrückkäufe. Ein Kreislauf entsteht, der die Kurse treibt und Aktionäre glücklich machen könnte.

Ernüchterung, wenn die Impulse ausbleiben

Wäre da nicht der bange Blick in die Zukunft. Doping ist wie im Sport nicht dauerhaft ohne Nebenwirkungen anwendbar. Derzeit laufen die Bewertungen der Unternehmen alle in eine Richtung. Bleibt der Geldfluss aus niedrigen Zinsen und Aktienrückkäufen aus, fehlen Impulse für die Märkte. Dann sehen die Zahlen wieder trauriger aus und die tatsächlichen Unternehmenszahlen kommen zum Vorschein. Die aber dürften nicht mehr so rosig aussehen, was zu einem deutlichen Kursrückgang führen könnte.

In den USA ist die Blase schon sehr groß

Die Rückkäufe bilden also eine Art Blase, die durch das billige Geld der Notenbanken entsteht. In den USA ist die Blase schon sehr groß, hierzulande wächst sie gerade. Wenn sie platzt, hat das aber auch einen großen Vorteil: die wirkliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen rückt wieder in den Fokus der Investoren. Fundamentale Daten zu Gewinnen aus dem operativen Geschäft, aber auch Innovationsfreudigkeit werden dann wieder höher bewertet als die Kurspumpen. Gut wer heute schon auf die wirklich erfolgreichen Unternehmen setzt – auch wenn es mit mehr Research verbunden ist.


Gastautor Uwe Zimmer ist Geschäftsführer der Fundamental Capital GmbH in Köln.