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Witwenrente: immer mehr „vollständig ruhend“

Die Situation rund um die Witwenrente hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Das politische Ziel, Frauen finanziell unabhängiger zu machen, zeigt Fortschritte.

Das wird insbesondere sichtbar, wenn man die Witwenrente in Relation zu den sonstigen Einkünften setzt. So wurden laut dem Online-Portal der Deutschen Rentenversicherung ihre-vorsorge.de im Jahr 1992 nur rund 4.500 Witwenrenten aufgrund ausreichend eigener Einkünfte vollständig einbehalten.

Dies wird in der sozialversicherungsrechtlichen Fachsprache als „vollständig ruhend” bezeichnet. Im Jahr 2022 waren es bereits mehr als 106.000. Das entspricht einer Steigerung um das 23-fache. Übrigens bekamen im Jahr 2021 Frauen im Durchschnitt 696 Euro und Witwer nur 376 Euro Hinterbliebenenrente ausgezahlt. Im Jahr 2009 waren es 569 Euro beziehungsweise 252 Euro.

Auch bei den Witwern gab es Veränderungen, doch diese fielen nicht so drastisch aus. Zudem erfolgten diese Veränderungen vornehmlich im Zeitraum zwischen 1992 und 2012. In dieser Zeitspanne stieg die Zahl der vollständig ruhenden Hinterbliebenenrenten bei Männern ebenfalls an. Jedoch blieb sie seit 2013 im Korridor zwischen 423.000 und 431.000 weitgehend stabil. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Witwerrenten von etwa 144.000 im Jahr 1992 auf etwa 736.000 im Jahr 2022. Das ist ein Anstieg um rund das Fünffache.

Gravierende Unterschiede zwischen kleiner und großer Witwenrente

Die Unterschiede zwischen kleiner und großer Witwenrente sind bemerkenswert. Wenn Hinterbliebene jünger sind, besteht nur für 24 Monate Anspruch auf die kleine Witwenrente. Sie beträgt lediglich 25 Prozent der Rente des Verstorbenen im Vergleich zu 55 Prozent bei der großen Witwenrente. Unter sehr eingeschränkten Bedingungen ist auch eine große Witwenrente in Höhe von 60 Prozent der Rente des oder der Verstorbenen möglich. Das Rentensplitting als alternative Option besteht seit 2002, wird aber laut DRV-Angaben nur selten genutzt. 

Auswirkungen auf Rentenhaushalt sind erheblich

Die Auswirkungen der beschriebenen Entwicklung auf die Deutsche Rentenversicherung sind erheblich. Die DRV zahlt etwa 5,2 Millionen Witwen- und Witwerrenten (Stand: Ende 2021). Die Mehrheit geht an Frauen. Das Verhältnis von Witwen- zu Witwerrenten liegt bei knapp über 6:1. Bei großen Witwenrenten unterliegt inzwischen etwa ein Drittel der Einkommensanrechnung (2006: 23 Prozent). Im Vergleich dazu liegt der Anteil bei großen Witwerrenten seit 2006 unverändert knapp unter 80 Prozent. Die Hinterbliebenenrenten machen immer noch etwa 15 Prozent der gesamten Rentenausgaben aus. Damit sind sie beispielsweise mehr als doppelt so hoch wie die Ausgaben für Erwerbsminderungsrenten.

Schweden und Norwegen gehen anderen Weg

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein Blick auf die Hinterbliebenenversorgung in anderen europäischen Staaten. Zumal es nicht in allen EU-Ländern Hinterbliebenenrenten gibt. In Skandinavien etwa spielt Eigenverantwortung auch mit Blick auf die finanzielle Absicherung von Hinterbliebenen eine große Rolle. Schweden hat bereits im Jahr 1990 die Witwenrenten abgeschafft, wenn auch mit Übergangsregelungen. Norwegen plant eine ähnliche Reform für 2024. Auch dort wird betont, dass die eigenständige Absicherung im Alter im Mittelpunkt steht. Frankreich hingegen hat die Altersgrenzen für Hinterbliebenenrenten mehrmals geändert und zuletzt im Jahr 2009 wieder Altersgrenzen eingeführt, die den Zugang zur staatlichen Hinterbliebenenversorgung limitieren.