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Was brachte die Reform der EM-Renten?

Renten unter Druck

Erwerbsgeminderte gehören zu jenen Risikogruppen, die besonders von Altersarmut bedroht sind. Der Gesetzgeber verbesserte daher deren Renten in der laufenden und vorangegangenen Legislaturperiode mehrfach. Hat sich ihre Lage damit entschärft?

Die Entwicklung der Zahlbeträge neuer Erwerbsminderungsrenten scheint Entwarnung zu signalisieren. Seit 2014 sind die Renten der Neuzugänge deutlich angestiegen. Die im vergangenen Jahr erstmals gezahlten Renten wegen Erwerbsminderung lagen im Westen bei durchschnittlichen 730 Euro. In den neuen Bundesländern betrugen die EM-Renten beim Neuzugang 753 Euro.

Das ist verglichen mit den durchschnittlichen Zahlbeträgen des Zugangsjahres 2014 eine Verbesserung um 103 Euro (Westen) beziehungsweise 122 Euro (Osten). In den Jahren davor hatten sich die neuen EM-Renten in einem stetigen Sinkflug befunden. Die Entwicklung der Zahlbeträge im Neuzugang signalisiert also eine Trendumkehr. Aber stimmt das? Nein, sagt Dr. Johannes Steffen, der das detailreiche Portal Sozialpolitik im Internet betreibt.

Abwärtstrend herrscht weiter

Er macht eine zweite Rechnung auf. So stieg der durchschnittliche Zahlbetrag im Westen gegenüber dem Jahr 2000 zwar um zwei Prozent, im Osten waren es sogar elf Prozent. Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Rentenwert für die Berechnung der Rente im Westen um 29 Prozent und im Osten um 42 Prozent. Für einen aussagefähigen Vergleich müssen die Zugangsrenten, so Steffen, auf eine einheitliche Basis umgerechnet werden. Legt man den Rentenwert des Jahres 2018 zugrunde, so ist zu erkennen, dass nach wie vor ein Abwärtstrend herrscht. Die Rentner, die 2018 erstmals eine EM-Rente erhielten, hatten ein Fünftel weniger Rente im Vergleich zu den auf aktuelle Werte umgerechneten Zugangsrenten im Jahr 2000.

Bündel von Ursachen als Auslöser

Nach Einschätzung von Dr. Johannes Steffen ist ein Bündel unterschiedlicher Ursachen Auslöser des weiter anhaltenden Sinkfluges der EM-Zugangsrenten. Die 2001 eingeführten Abschläge könnten diese Entwicklung nur zum Teil erklären. Eine viel größere Bedeutung komme soziodemografischen Veränderungen in der Gruppe der neuen EM-Rentner zu. Dazu gehören ein stark gestiegener Fauenanteil, stark rückläufige Beitragszeiten, im Durchschnitt niedrigere Entgeltpositionen und längere Phasen von Arbeitslosigkeit.

Reform greift zu kurz

„Diese Entwicklungen verweisen zugleich darauf, dass eine Reform des Leistungsrechts der Erwerbsminderungsrenten, die sich seit 2014 auf die Verlängerung der Zurechnungszeit konzentriert, am Ende zu kurz greift“, kritisiert Steffen. Das Risiko der Erwerbsminderung konzentriere sich zunehmend auf „sozial Schwächere“, deren Erwerbsverläufe viel stärker von Zeiten der Niedriglohnbeschäftigung und Arbeitslosigkeit geprägt sind als bei der Gesamtheit der Versicherten.

Sein Vorschlag: Wiederbelebung der Rente nach Mindestentgeltpunkten, indem deren Regelungen auch auf Zeiten der Niedriglohnbeschäftigung nach 1991 angewandt werden. Außerdem sollten Zeiten von Arbeitslosigkeit den Status bewerteter Anrechnungszeiten beziehungsweise beitragsgeminderter Zeiten erhalten.