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Romantische Renten-Reminiszenz mit Willy Brandt

Wenn Sozialdemokraten ganz verzweifelt sind, klammern sie sich restromantisch an Willy Brandt, den erfolgreichen Wahlkämpfer und Kanzler der sozialliberalen Koalition.

Der hatte 1972 nicht nur mit seiner Ostpolitik, sondern auch mit der Rente gepunktet, indem er sich für eine flexible Altersgrenze mit 63 beim Rentenbeginn und die Aufwertung der Anwartschaften für Geringverdiener einsetzte. Was vor einigen Jahrzehnten Stimmen brachte, soll jetzt auch wieder funktionieren. Obwohl die Menschen immer älter werden und dabei gesünder bleiben.

Den „Renten-Wahlkampf 2017“ hat jetzt SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zusammen mit der für das Thema in der Bundesregierung verantwortlichen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles eröffnet. Eine „verlässliche Rente“ ist für Schulz das Kernversprechen für seine mögliche Kanzlerschaft. Er ließ keinen Zweifel daran, dass dies auch teuer für die Steuerzahler wird. Eine zentrale Botschaft ist, dass das gegenwärtige Rentenniveau von 48 Prozent des Durchschnittslohns nicht weiter sinken darf. Eine Abrechnung mit der in der SPD ungeliebten Agenda 2010 von Gerhard Schröder und Wolfgang Clement.

Die bei solchen Zusagen zwangsläufig weiter steigenden Beiträge sollen bei 22 Prozent gedeckelt werden. Für die junge Generation droht eine erhebliche Mehrbelastung, die sich auch auf die Leistungsfreude auswirken dürfte. Die mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus auf dem heutigen Stand verbundenen Mehrausgaben will die SPD durch eine Einbeziehung der Selbständigen, einen schnelleren Anstieg des Beitragssatzes und ab 2028 mit einem Steuerzuschuss von 14,5 Milliarden Euro aufbringen. Über dem Rentenniveau der Zukunft schwebt für Schulz das Damoklesschwert von knapp 45 Prozent im Jahr 2030, was Berechnungen der Bundesregierung ergeben hatten.

Wer länger arbeitet, muss weniger fürs Alter sparen

Auf dem Programm der SPD steht weiterhin die Einführung einer Solidarrente für Geringverdiener, die nach 35 Beitragsjahren eine Rente von mindestens zehn Prozent über der Grundsicherung im Alter erhalten sollen. Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen Schulz und Nahles kategorisch ab. Die Rente mit 70 sei für ihn kein Thema, so der Kandidat.

Im Zusammenhang mit dem von den USA und auch der OECD geforderten Abbau der hohen Handelsbilanzüberschüsse der Deutschen ist das Thema einer Erhöhung des Renteneintrittsalters auch von einer interessanten Aktualität. So verteidigt beispielsweise Bundesfinanzminister Schäuble die im internationalen Vergleich sehr hohe Sparquote der Deutschen immer auch mit dem Hinweis, die Menschen müssten angesichts der immer mehr zurückgehenden gesetzlichen Rente auch privat vorsorgen. Im Umkehrschluss könnte man auch sagen: Je länger die Deutschen arbeiten, desto weniger müssen sie fürs Alter sparen. Von daher wäre die Rente mit 70 auch ein effektiver Beitrag, um die Sparquote zu senken. Freilich sind diese Forderungen in Deutschland alles andere als populär. Auch die Union wird das Thema nur verhalten ansprechen.

Ob Schulz mit dem Forderungskatalog zur Rente wieder in die Offensive kommt, erscheint eher zweifelhaft. Bei den Gewerkschaften und auch den Sozialverbänden wurden die Vorschläge natürlich begrüßt. Im Mittelstand und bei den Unternehmern fürchtet man nach der kontraproduktiven und teuren Rente mit 63 neue Umverteilungsmanöver, die Eigeninitiative und Flexibilität lähmen könnten. Die Unionsparteien setzen bei einer florierenden Wirtschaft auf die dreifache Sicherheit der Menschen, die innere, äußere und soziale Sicherheit. „Wir brauchen einen guten Arbeitsmarkt, um alle unsere Ziele umsetzen zu können“, meinte Kanzlerin Merkel dieser Tage. Das DIW hat in einer Studie ermittelt, was den Menschen wirklich wichtig ist. An erster Stelle steht der Erhalt der Demokratie, die Verbesserung der Pflegequalität und die Bekämpfung der Kriminalität.

Riester-Sparer zahlen nichts mehr ein

Sommerlichen Wahlkampfstoff bietet natürlich auch die in dieser Woche veröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, Sabine Zimmermann, zur Riester-Rente. Jeder fünfte der insgesamt 16,5 Millionen Riester-Verträge ist mittlerweile ruhend gestellt worden. Das bedeutet, dass keine Beiträge mehr bezahlt werden.

Für die LINKE ist Riester damit klar gescheitert, was sie allerdings bereits seit Beginn der Legislaturperiode unaufhörlich behauptet. Nur die Hälfte der Anspruchsberechtigten habe einen Riester-Kontrakt abgeschlossen. Jetzt seien viele nicht mehr in der Lage, ihre Beiträge zu bezahlen. Vor allem Geringverdiener, die jeden Euro zum täglichen Überleben brauchten. Die LINKE  steht mit ihrer Riester-Kritik freilich nicht alleine, zu teuer, zu aufwendig, zu renditeschwach seien die Offerten, weshalb auch Sozialpolitiker aus der Großen Koalition die Rückabwicklung der Riester-Rente vor einiger Zeit forderten. Davon ist im Augenblick nicht mehr die Rede. Aber vielleicht feiert nach der Bundestagswahl das hessische Modell der schwarz-grünen Deutschland-Rente fröhliche Urständ.