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Rentenpaket mit unhaltbarer roter Linie

Die Bundesminister Heil und Lindner haben in der vergangenen Woche den Referentenentwurf für das Rentenpaket II vorgelegt. Damit verabschiedet sich die Ampelregierung von einem fairen Generationenvertrag in der Rentenversicherung.

Das Rentenpaket besteht aus zwei Kernelementen: der Einführung einer Teilkapitalisierung der gesetzlichen Rentenversicherung durch das sogenannte Generationenkapital und der Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis zum Jahr 2040. Letzteres treibt die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den nächsten Jahrzehnten spürbar nach oben. Das versucht die Ampelregierung kleinzureden.

Der Referentenentwurf enthält zwar Berechnungen über die Beitragsentwicklung, in denen die Steigerung des Beitragssatzes zu erkennen ist. So nimmt der Beitragssatz von heute 18,6 Prozent auf 21,3 Prozent im Jahr 2045 zu, sofern es bei der jetzigen Gesetzeslage bleibt. Nach dieser gilt die Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau nur noch bis 2025. Anschließend wirkt wieder der demografische Faktor. Er war mit einer früheren Rentenreform eingeführt worden, um zwischen den Generationen einen Ausgleich der demografischen Lasten zu gewährleisten. Verschiebt sich das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern zu Gunsten Letzterer, dann steigen die Renten etwas langsamer als die allgemeine Lohnentwicklung. Damit sollen die Belastungen zwischen denen, die Rente erhalten, und den Arbeitnehmern, die für die Rente mit ihren Beiträgen aufkommen, aufgeteilt werden.

Minister argumentiert fehlerhaft

Diesen Mechanismus hebelt das geplante Gesetz allerdings auch in den Jahren nach 2025 weiter aus. Das spiegelt sich im zu erwartenden Beitragssatz wider. Dieser würde bis 2045 bei einem Rentenniveau von 48 Prozent auf 22,7 Prozent steigen. Die zusätzliche Differenz von 1,4 Prozentpunkten klingt dem ersten Anschein nach gar nicht so dramatisch. So argumentiert denn auch der Bundesarbeitsminister. Die Beiträge stiegen etwas stärker durch das Rentenpaket II, aber damit könne ein „Absturz“ des Rentenniveaus und sinkende Renten verhindert werden, argumentiert Heil. Der erste Teil des Arguments ist übertrieben, der zweite sogar falsch. Sinkende Renten sind schon nach geltender Rechtslage ausgeschlossen. Die Renten stiegen nur in Relation zu den Löhnen etwas langsamer.

Mehrbelastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Aber die Verharmlosung durch Minister Heil wird umso fragwürdiger, wenn man etwas genauer auf die Zahlen schaut. Erstens: Ein Prozentpunkt höherer Rentenbeitrag entspricht nach den Berechnungen der Rentenversicherung einer Mehrbelastung von 15,4 Milliarden Euro für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wenn der Beitrag also von 18,6 auf 22,7 Prozent steigt, ergibt sich immerhin eine Anhebung von rund vier Prozentpunkten. Die absolute Mehrbelastung in Euro kann sich jeder schnell selbst per Überschlag errechnen.

Teilkapitalisierung kommt viel zu spät

Diese Belastung mindert das geplante Generationenkapital, aus dem ab 2036 jährlich zehn Milliarden Euro zur Dämpfung der Beiträge in die Bilanz der Rentenversicherung fließen sollen, nur geringfügig. Dadurch steigt der Beitragssatz statt auf 22,7 Prozent nur auf 22,3 Prozent. Daran zeigt sich, dass die Teilkapitalisierung zwar sinnvoll ist, aber eben viel zu spät kommt. Wäre damit schon vor Jahrzehnten begonnen worden, stünde ein viel größerer Kapitalstock zur Verfügung.

Prognose bis 2080 zeigt das wahre Ausmaß

Wie folgenreich die rote Linie beim Rentenniveau aber in Wirklichkeit ist, zeigt zweitens ein Blick weiter in die Zukunft. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem jüngsten Gutachten Berechnungen für die Rentenfinanzen bis 2080 angestellt. Danach steigt der Beitragssatz bei einem Rentenniveau von 48 Prozent auf 26 Prozent. Das sind dann immerhin schon etwas mehr als sieben Prozentpunkte im Vergleich zum aktuellen Niveau. Bliebe der Nachhaltigkeitsfaktor dagegen in Kraft, läge der Beitragssatz bei etwa 24 Prozent. Diese Prognose zeigt mit allem Nachdruck, dass nicht nur die rote Linie beim Rentenniveau langfristig nicht zu halten sein wird, sondern auch an anderer Stelle Reformen im Rentensystem erforderlich sind, wenn die Belastungen für künftige Generationen in einem erträglichen Rahmen gehalten werden sollen.

Übrigens: Bislang galt die Maßgabe, dass der Gesamtbeitragssatz in der Sozialversicherung die Marke von 40 Prozent nicht übersteigt. Davon ist nicht mehr die Rede, weil sich die Ampelregierung von diesem Ziel längst verabschiedet hat.