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Rentenanpassung kann sich als Nachteil entpuppen

Wenn der Entwurf des Gesetzes zur Anpassung des Rentenwertes in Ost und West nicht nachgebessert wird, kann daraus ein Nachteil für die Rentner in den neuen Bundesländern erwachsen.

Kurz vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode wollte die Große Koalition noch ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag abarbeiten: die Rentenanpassung. Daher sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Angleichung des noch unterschiedlichen Rentenrechts in Ost und West in sieben Schritten vor.

Der niedrigere Rentenwert für die gesetzlich Versicherten in den neuen Bundesländern galt vielen als politisches Ärgernis und soziale Ungerechtigkeit. In der öffentlichen Auseinandersetzung wurde dabei allerdings häufig unterschlagen, dass die Arbeitnehmer durch die Höherwertung der Löhne bei der Rentenberechnung derzeit sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen im Westen. Es wäre demnach aus Ostsicht gar nicht so unvorteilhaft gewesen, wenn die bisherige Gesetzeslage unangetastet bliebe. Aber die Rentenanpassung ist ein sensibles Thema. Daher sollte es noch vor dem Beginn des Wahlkampfes abgeräumt werden.

Realität ist schneller als der Gesetzgeber

Doch die Wirklichkeit überholt die Pläne des Gesetzgebers. Mit einem ersten Schritt sollte der Rentenwert (Ost) zum 1. Juli 2018 auf 95,8 Prozent des Westwertes erhöht werden. Zum 1. Juli 2017 ist aber bereits eine Anhebung des Ostwertes um 3,59 Prozent beschlossen. Im Westen steigt der Rentenwert hingegen nur um 1,9 Prozent an, da die Löhne in den neuen Bundesländern schneller gestiegen sind. Damit beläuft sich der Rentenwert Ost bereits auf 95,7 Prozent des Westwertes. Er liegt also nur noch knapp unter der erst für 2018 vorgesehenen Anhebung. Schon eine geringfügig bessere Lohnentwicklung im Osten würde zu einer heiklen Situation führen.

Nach dem Rentenanpassungsgesetz wären die Rentner in den neuen Bundesländern schlechter gestellt im Vergleich zur bislang üblichen Rentenwertanpassung entsprechend der Lohnentwicklung. Dieser Fall könnte dann auch in den folgenden Jahren eintreffen. Schließlich sieht der Gesetzentwurf eine Anpassung in sieben Schritten um jeweils 0,7 Prozentpunkte vor, bis zum 1. Juli 2024 dann die Höhe des Rentenwertes West erreicht ist.

Angleichung ein Jahr vorziehen

Die vorgesehene gesetzliche Regelung könnte also zu einer Verschlechterung der Situation der Ostrentner führen. „Das ist nicht akzeptabel, deshalb muss hier nachgebessert werden“, fordert Professor Eckart Bomsdorf. Er trat als Einzelsachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf. Hinreichend und sinnvoll zur Lösung dieses Problems sei es, die für 2019 bis 2024 vorgesehene Anpassung auf die Jahre 2018 bis 2023 vorzuziehen. Der Anpassungszeitraum würde damit um ein Jahr verkürzt. Schließlich ist die erste Stufe bereits in diesem Jahr  durch die Lohnentwicklung fast vollzogen. Bomsdorf schlug in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zudem eine Mindestbegünstigungsklausel vor. Nach dieser soll immer dann das alte Rentenrecht angewandt werden, wenn dies zu einem höheren Rentenwert Ost führt. Eine solche Klausel wäre keine Novum im Rechtssystem, im Steuerrecht gibt es ähnliche Regelungen.

Günstigerklausel findet Zustimmung

Der Vorschlag einer Günstigerklausel fand in der Anhörung verbreitete Zustimmung. Auch die Vertreter von Arbeiterwohlfahrt, Volkssolidarität und Deutschem Gewerkschaftsbund plädierten dafür. Meinungsverschiedenheiten gab es zum Abbau der Höherwertung der ostdeutschen Löhne. Markus Hofmann vom DGB hält ihn zwar für „systemisch folgerichtig“, machte aber darauf aufmerksam, dass sich daraus trotz der Anhebung des Rentenwertes negative Auswirkungen für die Renten im Osten ergeben könnten. Auch in den nächsten Jahren sei mit erheblichen Differenzen im Lohnniveau Ost und West zu rechnen. In den neuen Bundesländern gebe es schließlich in vielen Bereichen tariffreie Zonen.

Höherwertung der Ostlöhne entfällt

Die Höherwertung der Ostlöhne entpuppt sich ohnehin als Streitpunkt in der Diskussion über die Rentenanpassung. Die Anpassung kommt den Rentnern in den neuen Bundesländern zugute, die aktiven Arbeitnehmer hingegen verlieren zunächst einen Vorteil. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hält den Wegfall der Höherwertung hingegen für unumgänglich. Anderenfalls komme es zu einer systematischen Benachteiligung der Beitragszahler in den alten Bundesländern. Im Übrigen sei es so, dass es inzwischen keine so großen Lohnunterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern mehr gebe, sondern sie eine Größenordnung haben, wie sie auch zwischen anderen Regionen besteht. Politisch wird der Abbau der Höherwertung wohl kaum zu einem großen Aufreger. In der breiten Öffentlichkeit ist sie einfach zu wenig bekannt.