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Rente als Chefsache

Einen „politischen Ruhestand“ kennt die Rente nicht. Im Berliner Betrieb vergeht keine Woche ohne Rentendiskussion.

Das galt auch für diese Woche, obwohl die Abgeordneten sitzungsfrei hatten. In die Schlussrunde geht die Neuordnung der Betriebsrenten. Eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) soll durch eine Ausweitung auf kleine und mittlere Unternehmen und auf Geringverdiener erreicht werden. Schon bald wird es zu den Hearings der Verbände kommen und man kann davon ausgehen, dass das Gesetzeswerk bis zum Jahresende das Parlament erreicht.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die im November ihren Rentenbericht mit weit in die Zukunft gerichteten Perspektiven vorlegen will, schließt den Rentendialog mit Politik, Wissenschaft und Verbänden am 31. Oktober 2016 ab. Schon jetzt hat sie allerdings wissen lassen, wo sie Verbesserungsbedarf sieht, nämlich bei der Erwerbsminderungsrente, ein lange vernachlässigtes Thema, und den Geringverdienern.

Die Flexi-Rente ist nach jahrelangen mühevollen Diskussionen inzwischen vom Bundestag verabschiedet. Arbeitnehmer haben durch die Kombination von Teilzeitarbeit und Teilrentenbezug künftig mehr individuelle Gestaltungsfreiheit beim Übergang vom Beruf in die Rente und können auch ihre Rentenansprüche erhöhen. Bis zu 6.300 Euro kann ein Arbeitnehmer zur vorgezogenen Rente ab 63 dazu verdienen. Die Wirtschaft bekommt durch die Flexi-Rente die Chance, dringend benötigte Fachkräfte länger zu halten. Durchgesetzt hat die Neuregelung die CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, die nach der von der SPD gewünschten Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren auf eine Kompensation gedrängt hatte.

Folgt man einem Nachrichtenmagazin, so haben Bundeskanzlerin Merkel und ihr Wirtschaftsminister, der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Rente inzwischen zur Chefsache erklärt. Das lässt Schlimmes erahnen, könnte doch auf Kosten der jungen Generation beim Sicherungsniveau der Rente ein opportunistischer Tribut an die alternde Gesellschaft entrichtet werden. Die Parteien der Großen Koalition stehen unter populistischem Druck von zwei Seiten, den Gewerkschaften und der Alternative für Deutschland. So fordert verdi-Chef Bsirske im Rahmen der Rentenkampagnen seiner Organisation sogar eine Erhöhung des Rentenniveaus, der IG-Metall-Vorstand hält das Drei-Säulen-Modell für „keine geeignete Konstruktion, um eine solidarische Altersversorgung sicherzustellen“.

Vor allem die Bundeskanzlerin will die Rente als Streitthema aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Einem drohenden Überbietungswettbewerb beim Rentenniveau könnte man durch eine maßvolle Anhebung im Konsens entgegenwirken. Dann muss man allerdings den jungen Wählern ehrlich sagen, wie hoch ihre Belastungen in der Zukunft ausfallen.

Deutschland erhält mit seinen Altersvorsorgethemen im internationalen Vergleich nur eine mittelmäßige Note. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen Mercer in einer globalen Studie. Von 27 ausgesuchten Ländern kommt Deutschland nur auf den zwölften Platz, Spitzenreiter sind Dänemark, die Niederlande und Australien. Insbesondere bei der Nachhaltigkeit, also der Zukunftsfähigkeit und der Finanzierung des Systems, wurde Deutschland kritisch bewertet.