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Ludwig Erhards fragwürdige Erben

Preisend mit viel schönen Reden erinnern wir uns in diesen Tagen an sieben Jahrzehnte Sozialer Marktwirtschaft. Der Vater des Wirtschaftswunders, Professor Ludwig Erhard, wird gefeiert.

An geistigen Erben des ehemaligen Wirtschaftsministers und späteren Bundeskanzlers Ludwig Erhard besteht kein Mangel. Natürlich sieht sich der Christdemokrat Peter Altmaier in der Tradition seines Parteifreundes. Die Freidemokraten reklamieren den ursprünglich mit ihrer Partei sympathisierenden Dicken mit der Zigarre schon immer für sich. Doch jetzt beansprucht sogar die Fraktionsvorsitzende der Linken, Sarah Wagenknecht, das Gedankengut Erhards für sich.

Ein „wirtschafts- und gesellschaftspolitisches Erfolgsmodell“ nennt die Bundesregierung die 1948 angestoßene Währungsreform. Sie gilt zusammen mit der Freigabe der Preise als Initialzündung der Sozialen Marktwirtschaft und als Gründungsakt des deutschen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells.

Ob Ludwig Erhard bei Betrachtung der bundesdeutschen Wirklichkeit stolz auf seine Enkel wäre oder sich im Grabe herumdrehen würde, lassen wir mal offen. Klar ist jedenfalls, dass alle Daten und auch Taten gegen seine Ordnungspolitik verstoßen. In keinem anderen europäischen Land, sieht man von Belgien ab, wird der Steuerzahler so geschröpft wie hierzulande. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nennt es eine „milde Form des Sozialismus“. Bei sozialen Wohltaten ist Deutschland Weltmeister. Seit dem Jahr 2000 wuchsen die Sozialausgaben von 600 Milliarden auf eine Billion Euro im laufenden Jahr. Die Steuereinnahmen sprudeln wie nie. Doch von Entlastungen der Bürger ist nicht die Rede.

Rechtsstaatlichkeit ist am wichtigsten für die Deutschen

Trotz der Wohltaten ist aber das Vertrauen in die sogenannten „staatstragenden Parteien“ niedrig wie nie. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Ifo-Studie zum Vertrauensverlust. Danach ist die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit am wichtigsten für die Bevölkerung. Danach folgen die Notwendigkeit gesunder Staatsfinanzen, eine gute Infrastruktur und Bildung. Den geringsten Einfluss auf das Vertrauen haben die Sozialausgaben, obwohl die Parteien dies für das beste Lockmittel halten.

Erhard wäre enttäuscht von der Nationalelf

Was Ludwig Erhard mit Sicherheit nicht gefiele, wäre der Einstand der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland. Der Ökonom war besonders fußballbegeistert. Er ließ sich in seine Dienstlimousine ein transportables Fernsehgerät einbauen. Bei wichtigen Spielen mussten Referenten Zwischenergebnisse in Tagungen liefern. Ähnliche Leidenschaften hegte der frühere Bundespostminister und Bundestagspräsident Richard Stücklen. Er hatte ebenfalls ein Fernsehgerät eingebaut, unter dem Präsidentenpult.

Merkel kann sich den Flug zum Finale sparen

Die Beziehungen zum runden Leder waren bei den Kanzlern sehr unterschiedlich. Konrad Adenauer ließ das „Wunder von Bern“ 1954 kalt. Er sorgte sich um nationale Hysterien. Willy Brandt und Kurt Georg Kiesinger interessierten sich ebenfalls nicht für Fußball. Helmut Schmidt entwickelte immerhin eine entfernte Liebe zum HSV. Helmut Kohl aber pflegte seine Liebe zu Berti Vogts und den „Roten Teufeln“ vom 1. FC Kaiserslautern. Er spielte anfangs sogar in der Mannschaft des Bundestages mit. Gerhard Schröder wiederum, beim Kicken als Jugendlicher „Acker“ gerufen, schwärmt für Hannover 96 und Borussia Dortmund gleichermaßen. Auch Angela Merkel entdeckte, dass man mit Fußball Staat machen kann. Ob allerdings bei den Titelkämpfen in Russland ein erneuter Triumph möglich ist, gilt als fraglich. Merkel kann sich dann einen Flug zum Finale sparen.

Zurück nach Berlin: Betriebsrentner sollen entschädigt werden

Während die WM im vollen Gange ist, wird in Berlin eine Entschädigung für Betriebsrentner in Aussicht gestellt. Seit 2003 belasten Betriebsrentner doppelte Abgaben. Zuvor wurde auf Betriebsrenten nur der Arbeitnehmeranteil der Krankenversicherung fällig. Ab 2003 mussten die Rentner auch noch den Arbeitgeberanteil abführen. Nun gibt es in Regierung und Parlament Überlegungen, den bei den Versicherten entstandenen Schaden wenigstens teilweise wiedergutzumachen.

Moralisch seien die Eingriffe in die vor 2004 geschlossenen Verträge eine „Enteignung“. Das befindet der CDU-Abgeordnete Maik Beermann, der sich mit 42 Kollegen an seinen Fraktionschef Kauder wandte. Auch in der SPD gibt es Revisionswünsche. Gesundheitsminister Jens Spahn kündigte inzwischen an, die Finanzierungsfrage zu prüfen. Würden alle Direktversicherten entschädigt, würde dies die Beitragszahler fast 40 Milliarden Euro kosten. 2,6 Milliarden Euro verlieren die Krankenkassen im Jahr, wenn die Betriebsrenten in Zukunft nur mit dem halben Beitragssatz belastet werden.

Online-Rentenkonto wichtiger denn je

Wie notwendig die rasche Schaffung eines übersichtlichen Online-Rentenkontos ist, zeigt eine civey-Untersuchung zur Altersvorsorge freiberuflich Tätiger in der Bundesrepublik. Selbstständige legen zwar mehr Geld zurück als Angestellte und sind auch etwas besser informiert. Doch diese Zahlen beruhigen keineswegs. Nur jeder Fünfte in dieser Gruppe hat sich nämlich intensiv mit dem Alter beschäftigt. 38 Prozent können gar nicht sagen, wie viel sie zurücklegen müssten, um einen sorgenfreien Lebensabend zu haben. 62 Prozent der Befragten gaben aber an, sie würden konsequenter für das Alter sparen, wenn sie Beiträge flexibel erhöhen, senken oder pausieren könnten.