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Lebenserwartung bringt Unwucht ins Rentensystem

Bildung und Vermögen wirken sich auf die Lebenserwartung aus. Davon wiederum hängt ab, wie lange man Rente bezieht. Wissenschaftler haben die Unterschiede für das schwedische Rentensystem berechnet.

Die Kritik zieht sich schon lange durch die öffentliche Diskussion. Das staatliche Rentensystem benachteilige Menschen mit niedrigem Einkommen und geringem Bildungsstand. Sie richtet sich weniger gegen die Einkommensabhängigkeit der späteren Rente, sondern zielt zuallererst auf die tedenziell geringere Rentenbezugszeit dieser Bevölkerungsgruppe. Wissenschaftlich ist gut belegt, dass Bildung und Einkommen beziehungsweise Vermögen mit der Lebenserwartung korrelieren. Wer länger lebt, erhält automatisch länger Rente.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) haben nun am Beispiel Schwedens berechnet, wie groß der Unterschied ausfällt. Um zu verstehen, wie Rentensysteme Geld tatsächlich verteilen, sei es wichtig, die lebenslangen Renten zu berechnen, teilt des MPIDR in einer Veröffentlichung mit. Daher hat Jiaxin Shi, Doktorand am Planck-Institut in Rostock und an der Universität Oxford, zusammen mit seinem Kollegen Martin Kolk von der Universität Stockholm untersucht, welchen Einfluss die Lebenserwartung, das letzte Einkommen vor Renteneintritt und das Rentensystems selbst auf das gesamte Renteneinkommen haben.

Bildungsniveau beeinflusst lebenslange Rente

Die Diskrepanz zwischen den lebenslangen Renten von 1925 geborenen Männern mit neun oder weniger Jahren Schulbildung und Männern mit Hochschulbildung betrug etwa drei Millionen Schwedische Kronen, das sind umgerechnet ca. 375 000 US-Dollar. Ähnlich wie bei den Männern bestanden auch zwischen Frauen verschiedener Bildungsniveaus Unterschiede bei der lebenslangen Rente. Frauen mit mindestens einem Hochschulabschluss erhalten etwa 2,5 Millionen Schwedische Kronen mehr als Frauen mit neun Jahren Schulbildung oder weniger.

Zudem fanden die Forscher große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer hatten eine höhere durchschnittliche lebenslange Rente als Frauen, aber eine kürzere Lebenserwartung. Mit anderen Worten: Frauen haben einen Vorteil, weil sie länger leben als Männer, aber einen Nachteil, da sie weniger Rente im Monat bekommen. Dieser Umstand gleicht den Vorsprung in der Lebenserwartung mehr als aus und führt zu einem Gesamtvorteil der Männer.

Ausgleich für niedrigere Einkommen gefordert

Bis zu einem Viertel der Ungleichheit bei den lebenslangen Renten ist auf den Umstand zurückzuführen, dass gut gebildete und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen länger leben. Das gilt insbesondere für Männer. Die Ungleichheiten bei der Lebenserwartung spielen also eine wichtige Rolle, aber eine geringere als die Ungleichheiten beim monatlichen Einkommen vor der Rente.

„Wir haben festgestellt, dass das schwedische Rentensystem wegen der regressiven Rolle der Lebenserwartung weniger progressiv ist, als wir dachten. Diejenigen mit einem niedrigeren Einkommen müssen in Zukunft einen noch höheren Prozentsatz ihres früheren Einkommens als Rente erhalten, um die Auswirkungen der Lebenserwartungsunterschiede zwischen den sozioökonomischen Gruppen auszugleichen“, sagt Jiaxin Shi.

Unterschiede in den staatlichen Systemen

Die Ergebnisse der Untersuchung sind nicht ohne weiteres auf andere Rentensysteme übertragbar. So unterscheiden sich die Ungleichheit beim Einkommen und bei der Lebenserwartung von Land zu Land. Außerdem sind die Rentensysteme unterschiedlich gestaltet. In Deutschland kommt zum Beispiel noch hinzu, dass ein starkes Äquivalenzprinzip herrscht. Die spätere Rentenhöhe folgt weitgehend dem früheren Einkommen. Andere Systeme wie das schwedische sind progressiv angelegt. Das bedeutet, dass Personen mit einem niedrigeren Einkommen einen höheren Prozentsatz ihres früheren Einkommens in der Rente erhalten als Personen mit einem höheren Einkommen. Aber zumindest liegen damit für ein Land exakte Zahlen vor, wie sich die Lebenserwartung auf die lebenslange Rente auswirkt.