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Beherrscht Scholz die Grundrechenarten?

Bundesfinanzminister Olaf Scholz wurde bisher unterstellt, dass er die Grundrechenarten beherrscht. Seit er in diesen Tagen den hochsommerlichen Gabentisch mit unhaltbaren Rentenversprechungen schmückt, ist das jedoch nicht mehr sicher.

Er forderte, das Rentenniveau von 48 Prozent weit über das Jahr 2025 hinaus, nämlich bis 2040 zu garantieren. Das Rentenniveau ist das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Jahren zum Durchschnittslohn und dem aktuellen Durchschnittsverdienst. Wenn der Koalitionspartner die SPD bei dieser Festlegung nicht unterstützt, drohe eben ein Rentenwahlkampf. Die Rente sei schließlich die entscheidende Zukunftsfrage. Es gelte, Nationalisten vom Schlage Trumps in Deutschland zu verhindern.

Gleichzeitig verlangt Scholz ein plausibles Finanzierungsmodell. Damit fasst er sich an die eigene Nase und fordert Erklärungsbedarf heraus. Wie immer man im gegenwärtigen demographischen Wandel rechnet, ohne kräftige Steuererhöhungen wird es nicht gehen. Außerdem wird eine solche Lösung auf dem Rücken der von der Zahl her schrumpfenden jungen Arbeitnehmer ausgetragen. Dass bei hohen Beitragsbelastungen auch die Arbeitsfreude und Leistung abnimmt, versteht sich von selbst. Steuererhöhungen sind gleichzeitig Gift für die Wirtschaft, haben wir doch heute schon die höchsten Sozialausgaben der Nachkriegszeit. Propagandistisch bewegt sich Scholz damit auf der Linie des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm. Der hatte einst angekündigt, die Renten seien sicher. In der Retrospektive wirkt diese Aussage geradezu burlesk.

SPD will mit Rentenversprechen bei den Wählern punkten

Was den Scholz-Vorschlag aber vor allem unannehmbar macht, ist die Tatsache, dass sich die Große Koalition darauf verständigt hat, eine Rentenkommission einzusetzen. Diese soll Vorgaben für die Zeit nach 2025 machen. Statt die Anregungen dieses Experten-Gremiums abzuwarten, hat Bundesarbeitsminister Heil jüngst eine weitere Rentenreform in Marsch gesetzt. Jetzt hat sein Kabinettskollege Scholz noch draufgesattelt.

SPD-Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles hat sich im ZDF-Sommerinterview mit den sozialpolitischen Absichten der SPD gebrüstet. Offenkundig glaubt die im demoskopischen Tief befindliche Partei, mit Rentenversprechungen bei den Wählern punkten zu können. In aktuellen Umfragen liegt die SPD zwischen 17 und 19 Prozent, also noch hinter ihrem katastrophalen Bundestagswahlergebnis. Bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen ist Besserung nicht in Sicht, von den Landtagswahlen im Osten der Republik im nächsten Jahr ganz zu schweigen. Ein Überbietungswettbewerb mit Spendierhosen wird zu Streit in der Großen Koalition führen. Die Forderungen der Populisten von links wie rechts sind ohnehin nicht zu übertreffen. Mit anderen Worten: Die Partei hat nichts zu gewinnen. FDP-Chef Lindner hat dieser Tage treffend charakterisiert, an wen die SPD ihre Wähler verliert. Auf der einen Seite an die „Lehrerzimmer der Grünen“ und auf der anderen Seite die zur AfD abwandernden Industriearbeiter.

Fixer Rententermin ist nicht mehr zeitgemäß

Die Vorschläge der Rentenkommission sollen indes ohne Tabus sein. Nach diesen Vorfestlegungen aus der Bundesregierung wird das angesichts der staatsnahen Zusammensetzung dieses Expertengremiums nicht leicht sein. Am Thema der Verlängerung der Lebensarbeitszeit wird man angesichts der demographischen Entwicklung aber mit Sicherheit nicht vorbeikommen. Dabei wird man die hierzulande als k.o.-Formeln verstandenen Postulate wie „Rente mit 70“ vermeiden. Klüger wäre es, die Lebensarbeitszeit an die nach oben gehende Altersentwicklung anzupassen oder wie in einigen skandinavischen Ländern einen Korridor zu schaffen, in dessen Rahmen sich Arbeitnehmer frei über ihren Einstieg in den Ausstieg entscheiden können. Dass aber ab einem fixen Alter für alle der Hammer fällt und dies in Tarifverträgen festgeschrieben ist, damit sollte Schluss sein.

Neue Pensionslasten für Unternehmen

Die Altersvorsorge belastet übrigens auch die Unternehmen immer stärker. Es drohen zusätzliche Pensionslasten. Die neuen Sterbetafeln, die die Lebenserwartung modellieren, dürften zu einer Erhöhung der Pensionsrückstellungen in der Größenordnung von acht Milliarden Euro führen. Wirtschaftsprüfer gehen davon aus, dass dies für einzelne Unternehmen eine Belastung von ein bis drei Prozent ihrer bilanzierten Altersvorsorge beträgt. Auch die prekäre Lage der Pensionskassen in Deutschland könnte sich demnächst verstärkt in den Jahresabschlüssen der dahinterstehenden Unternehmen wiederfinden. Bislang haben vor allem die Arbeitnehmer Abstriche machen müssen. Sie erhalten bei zahlreichen Pensionskassen ihre künftig eingezahlten Beiträge niedriger verzinst.