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Auf der Suche nach Webfehlern im Rentensystem

Für eine differenzierte Betrachtung des Risikos, altersarm zu werden, wirbt Prof. Dr. Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging (MEA) am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München.

Die Altersarmut werde sich in den nächsten Jahren verdoppeln, von drei auf sechs Prozent. „Im Durchschnitt der Bevölkerung beträgt die Armutsquote aber neun Prozent“, wendet er ein.

Noch deutlicher werden die Unterschiede, wenn man sich einzelne Gruppen anschaut. Börsch-Supan nennt einige Beispiele: Unter den Alleinerziehenden mit Kindern beträgt die Quote 25 Prozent. Kommt dann noch ein Migrationshintergrund hinzu, sind es sogar mehr als 50 Prozent. „Das hat aber erst einmal alles gar nichts mit der Rente zu tun, sondern mit dem Arbeitsmarkt“, wendet er ein. Das Problem der Altersarmut müsse vor dem Rentenbeginn, auf dem Arbeitsmarkt gelöst werden, so lautet seine Forderung auf dem Max-Planck-Forum in Berlin Mitte November. Zum Beispiel mit einer besseren Absicherung der Selbstständigen.

Plädoyer für längere Lebensarbeitszeit

Börsch-Supan ist ein Verfechter für eine längere Lebensarbeitszeit. Ein Rentensystem könne es auf Dauer nicht aushalten, wenn die immer längere Lebenszeit einzig und allein zu einer Verlängerung der Rentenphase führt. Daher plädiert er schon länger für eine Aufteilung der hinzugewonnenen Lebenszeit, die sich aus der seit Jahrzehnten steigenden Lebenserwartung ergibt, im Verhältnis von 2:1 auf Arbeit und Rente. Wenn die Lebenserwartung drei Jahre ansteigt, würde sich dadurch das Renteneintrittsalter um zwei Jahre nach hinten verschieben. Man brauche nun einmal ein Jahr Erwerbszeit, um 0,5 Jahre Rentenzeit zu finanzieren, gibt er zu bedenken.

Andere Lösungen für Erwerbsgeminderte

Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit kommt für Börsch-Supan aber nur für die rund 80 Prozent der Bürger in Betracht, die einen Job in vollem Umfang ausüben können. Für Menschen mit Problemen im Arbeitsmarkt müssten andere Lösungen gefunden werden. Beispiel: Erwerbsgeminderte. „Das deutsche Rentensystem ist weit weniger großzügig gegenüber den Erwerbsgeminderten, als in anderen Ländern üblich.“ Aber man könne sie nicht so behandeln wie normale Rentner. Börsch-Supan stellt damit indirekt die Rentenabschläge infrage, die Erwerbsgeminderte durch ihren weit früheren Renteneintritt hinnehmen müssen. Er verweist vor allem auf jene Personen, die sehr früh in die Erwerbsminderung geraten.

Mit schlechter Ausbildung geradewegs in die Altersarmut

Eine weitere Problemgruppe sieht er in den wenig Qualifizierten und fordert ein „systematischeres Vorgehen in der Ausbildung“. Vor allem schlechte Ausbildung in Kombination mit Migrationshintergrund ist ein Problem für die Absicherung im Alter. „Zeitbombe Migration“ – so bringt er es auf einen knappen Nenner. Für die Selbstständigen wiederum gebe es derzeit gar keine geregelte Absicherung für das Alter. Börsch-Supan macht auf die starke Heterogenität unter den Selbstständigen aufmerksam. Während einige Gruppen sehr gut allein fürs Alter vorsorgen können, gebe es einen Teil unter den Selbstständigen, „die nie auf einen grünen Zweig kommen“. Sein Vorschlag daher: Nach einer Karenzzeit im Anschluss an die Unternehmensgründung sollten Selbstständige Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung werden.

Aufgebaut auf das Familienbild der 50er Jahre

Prof Börsch-Supan hat einen Webfehler am deutschen Rentensystem entdeckt: Es beruht immer noch auf dem Familienbild der 50er Jahre. Damals galt der Mann als Hauptverdiener und die Frau wurde über ihn im Alter mitversorgt. Inzwischen haben sich die Lebensverhältnisse gründlich geändert. Daher kann er sich auch eine Art „Zugewinngemeinschaft“ in der Rentenversicherung vorstellen. Alle Rentenpunkte, die während der Partnerschaft erworben werden, sollten gleichmäßig aufgeteilt werden. In diesem Punkt sei Schweden zum Beispiel schon ein ganzes Stück weiter.