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Ampel plant Einstieg in die Kapitaldeckung

Die konkreteste Festlegung im gestern vorgestellten Koalitionsvertrag der kommenden Bundesregierung ist der Einstieg der gesetzlichen Rente in eine teilweise Kapitaldeckung.

Dafür gibt es bereits einen Termin und einen Betrag. In einem ersten Schritt erhält die Rentenversicherung im nächsten Jahr zehn Milliarden Euro zusätzlich aus dem Bundeshaushalt. Diese teilweise Kapitaldeckung soll mittels eines dauerhaften Fonds erfolgen, den eine unabhängige öffentlich-rechtliche Stelle professionell verwaltet.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Der Koalitionsvertrag verlangt einen dauerhaften Eigentumsschutz für das Kollektiv der Beitragszahler. Damit wollen die Ampel-Koalitionäre von Anfang an Befürchtungen entgegentreten, dieses Geld könne der Fiskus nutzen, um in Krisen Haushaltslöcher zu stopfen. Vergleicht man den Punkt „Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente“, der im Kapitel Altersvorsorge zudem prominent im zweiten Absatz steht, mit den übrigen Rentenprojekten, so fällt auf, dass er verbindlicher und detaillierter fixiert ist als vieles andere zur Rentenpolitik.

Nichtsdestotrotz bleibt ein erhebliches Manko. Die künftige Finanzierung über 2022 hinaus erwähnen die Koalitionäre mit keinem Wort. Aber genau das ist der neuralgische Punkt. Einmalig zehn Milliarden Euro Kapitaldeckung bewirken wenig Stabilisierung der Rentenversicherung. Das sind gerade einmal drei Prozent der gesamten jährlichen Einnahmen. Wenn die Rentenversicherung mit den Erträgen eines Kapitalstocks entlastet werden soll, muss dieser deutlich andere Dimensionen annehmen.

Längst bekannte Probleme erneut vertagt

Andere Vereinbarungen im Rentenkapitel des Koalitionsvertrages sind deutlich unschärfer. So werden ein Mindestrentenniveau von 48 Prozent und ein Beitragssatz von 20 Prozent zugesichert, eine weitere Anhebung des Rentenniveaus ausgeschlossen. Damit legt sich die Koalition von vornherein in der Rentenpolitik enge Fesseln an. Als Instrument der Stabilisierung der Rentenversicherung bleibt dann nur noch eine Erhöhung des Bundeszuschusses. Die Ampel macht sich dabei den Umstand zunutze, dass bis zum Ende ihrer Legislaturperiode die Weichen bereits gestellt sind und der eigentliche Handlungsdruck erst ab 2025 eintritt. Diese kurze Zeitspanne wird aber nicht genügen, um einen ausreichend großen Kapitalstock aufzubauen, der dann schon Entlastung bringen könnte. Eine Lösung der demografischen Probleme in der Rentenversicherung vertagt die neue Bundesregierung also. Mit diesem Verhalten zeigt sie Kontinuität zur Großen Koalition.

Positiv: Nachholfaktor reaktiviert

Entschlossener zeigten sich die Verhandler des Koalitionsvertrages in einem anderen Punkt: Der sogenannte Nachholfaktor bei der Rentenberechnung soll rechtzeitig vor der Rentenberechnung 2022 zurückkehren. Das klingt nach einem technischen Detail, sorgt aber für mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Da Rentenkürzungen, die sich aus krisenhaft bedingt sinkenden Löhnen ergeben, gesetzlich ausgeschlossen sind, sorgt der Nachholfaktor dafür, dass unterbliebene Rentenkürzungen mit künftigen Anhebungen verrechnet werden. Die Große Koalition hatte den Nachholfaktor ausgesetzt. In der Folge hätten sich Renten und Löhne nicht mehr im Gleichklang entwickelt.

Vage Formulierungen an vielen Stellen

In wesentlichen anderen Punkten bleibt der Koalitionsvertrag eher vage: Die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren soll gesteigert werden. Das ist ohne Zweifel eine vernünftige Maßgabe. Wie dies geschieht, bleibt indes offen. Gerade im Hinblick auf ältere Arbeitnehmer liegen eine Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch, auf die sich die Koalitionäre verständigen könnten. Erst vor wenigen Tagen hat das Deutsche Institut für Altersvorsorge auf eine widersinnige Regelung bei Wertguthaben aufmerksam gemacht, die einen längeren Verbleib im Arbeitsleben behindert.

Chance für renditestärkere Sparformen

Für die private Altersvorsorge will die neue Bundesregierung prüfen, ob das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds das bisherige System ergänzen kann. Damit bleibt offen, ob es tatsächlich dazu kommt. Das ist auch gut so. Die „Nebenwirkungen“ eines solchen Fonds auf die schon bestehenden Altersvorsorgesysteme müssen gründlich untersucht werden. Besser als solch ein neuer Fonds wäre eine Vereinfachung des bestehenden Systems. Da gibt es mehr als genug zu tun, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge kürzlich aufgezeigt hat.

Positiv ist auf jeden Fall ein anderer Prüfauftrag: So will die kommende Regierung erörtern, ob private Anlageprodukte mit höheren Renditen, als sie derzeit bei der Riester-Rente möglich sind, eine gesetzliche Anerkennung erhalten. In dem Zusammenhang sollten dann auch gleich die gesetzlich bedingten Rendite-Blockaden wie die vorgeschriebene Bruttobeitragsgarantie bei der Riester-Rente gelockert werden. Es bleibt zu hoffen, dass auf dem Wege dieser Prüfung Aktiensparpläne ohne einschnürende Vorschriften in den Katalog der geförderten Altersvorsorge Eingang finden.