Wer das Szenario einer zunehmenden Altersarmut prognostiziert, verweist meist auch auf den Niedriglohnsektor.
Tatsächlich ist die Niedriglohnquote mit 24,1 Prozent in Deutschland vergleichsweise hoch. Eines stimmt allerdings nicht: Diese Entwicklung wurde nicht durch die Agenda 2010 ausgelöst, wie oft in der politischen Diskussion behauptet.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat angesichts der kontroversen Diskussion über Lohnungleichheit eine Momentaufnahme der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland und in weiteren 16 europäischen Ländern vorgenommen. Niedriglöhne beginnen nach der üblichen inter- nationalen Definition unterhalb von zwei Dritteln des mittleren Lohns (Median). Dieser Schwellwert beträgt in Deutschland 9,54 Euro pro Stunde. Wie unterschiedlich die Grenze für einen Niedriglohn in Abhängigkeit von den nationalen Bedingungen ausfallen kann, zeigt die Spanne der Niedriglohn- grenze in den untersuchten 17 Staaten: Sie reicht von 1,08 Euro (Bulgarien) bis 15,80 Euro (Dänemark).
Große Diskrepanz auch zwischen Frauen und Männern
Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn Frauen und Männer verglichen werden. Da Frauen in Deutschland wie auch in den Vergleichsländern durchschnittlich weniger verdienen als Männer, bilden sie erwartungsgemäß die Mehrheit unter den Niedrigverdienern (Deutschland: 62,9 Prozent). Mit 16,7 Prozent ist die Niedriglohnquote unter den deutschen Männern bereits relativ hoch. Die Quote der Frauen fällt mit 32,4 Prozent aber fast doppelt so groß aus. In keinem anderen Land, mit Ausnahme Österreich, so die IAB-Forscher, ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern so ausgeprägt. In den skandinavischen Ländern hingegen liegen die Quoten von Frauen und Männern dicht beieinander. Das IAB führt dies auf die lange Tradition der Gleichstellungspolitik in diesen Ländern und die starke Position von Frauen im Arbeitsmarkt zurück.
IAB-Kurzbericht 15/2013 „Deutsche Geringverdiener im europäischen Vergleich“ Datengrundlage: „Survey on Income and Living Conditions“ (EU-SILC)