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Beflügelt Ungleichheit das Wachstum?

Human inequality as global social issue. Stop discrimination on grounds of race, sex or religion as hand holding a paper sheet with injustice, unfairness symbol over crowded street background.

Gibt es zu viel soziale Gleichheit? Diese provokante Frage warf unlängst die Investmentgesellschaft DWS auf.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht lautet nach Einschätzung der DWS-Experten die Antwort: ja. Der richtige Grad an Ungleichheit beflügele die individuellen Aufstiegschancen und das Wachstum. Mit einem Chart zum Thema zeigt die Fondsgesellschaft auf, welcher Zusammenhang sich zur Gleichheit/Ungleichheit in der Welt beobachten lässt und stößt damit eine Diskussion an. Den Anlass dafür lieferte die Einführung des Bürgergeldes. Auch das wurde heftig diskutiert. Während die eine Seite mehr aufs Fordern setze, habe die andere eher das Fördern im Blick. Um die Themen „Umverteilung“ und „soziale Ungleichheit“ sei es dabei weniger gegangen, so die DWS.

Einige Ökonomen argumentieren, so schreibt die Fondsgesellschaft, dass Ungleichheit Anreize schafft, zu arbeiten und sowohl in Sachkapital als auch in Bildung zu investieren. Dementsprechend würden staatliche Umverteilungsmaßnahmen zu einer Verringerung der Anreize für Arbeit und Investitionen führen, was letztlich zu einem Rückgang der Produktion führt. Ein höheres Maß an Ungleichheit wäre demnach mit einem höheren Wachstum des Bruttoinlandsproduktes verbunden.

Andere Ökonomen argumentieren, heißt es weiter, dass eine höhere Ungleichheit arme Menschen davon abhält, sich auf dem Arbeitsmarkt zu engagieren, weil die Chancen auf Erfolg zu gering sind. Gleichzeitig hätten Top-Verdiener nur begrenzte Anreize zur Arbeitsaufnahme, weil ihre soziale Position bestens gesichert sei – man denke an ererbten Reichtum. Darüber hinaus zeigten die Daten, dass reichere Menschen eher zum Sparen als zum Ausgeben neigen. Zudem gebe es bei zu großer Ungleichheit auch ein Problem mit der Nachfrageseite. Wegen der geringeren Konsumneigung der Reichen kann die Nachfrage ins Stocken geraten, wenn der Wohlstand zu sehr am oberen Ende der Einkommensleiter konzentriert ist.

Beide Ökonomen-Lager haben gute Argumente

Wer nun der Meinung sei, dass beide Ökonomen-Lager gute Argumente haben, liege nicht völlig falsch. Wie die Auswertungen zeigen, gebe es ein zu wenig und ein zu viel an Gleichheit und damit an Umverteilung. Entsprechend finde sich auch ein Optimum. Die Grafik zeigt die Einkommensungleichheit gemessen am Gini-Koeffizienten* und wie diese sich auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Dabei hat die Investmentgesellschaft versucht, so gut es geht, andere Ursachen unterschiedlicher Wachstumsraten weitgehend herauszurechnen. So bereinigt ergibt sich der abgebildete parabelförmige Zusammenhang zwischen Ungleichheit und Wachstum.

G7-Staaten liegen nahe am Optimum

Die Parabel zeigt, dass der optimale Gini-Koeffizient ungefähr bei 30 liegt. Zu den wenigen Ländern, die eine zu geringe Ungleichheit aufweisen, zählen Tschechien und Skandinavien. Hier würde mehr Ungleichheit zu mehr Wachstum führen. Die G7-Staaten liegen ungefähr am Optimum, während viele Schwellenländer eine zu hohe Ungleichheit aufweisen. Dass ein Mehr an Gleichheit dem Wachstum guttäte, könnte China erkannt haben, meinen die DWS-Experten. Das „Common prosperity“-Programm des Landes ziele darauf ab. Allerdings könne gerade unter den autokratisch regierten Schwellenländern der Weg von der Kenntnis über diesen Zusammenhang und einer politischen Handlung ein ziemlich langer sein, insbesondere wenn politische Macht und Reichtum in gleichen Händen liegen.

Aber auch in den westlichen Demokratien, das muss man hinzufügen, dürfte der Zusammenhang zwischen Gleicheit/Ungleichheit und Wachstum/Wohlstand je nach politischem Lager auch ziemlich unterschiedlich interpretiert werden. Das zeigen die Diskussionen um Einkommensunterschiede und prekäre Lebensverhältnisse immer wieder aufs Neue.


* Der Gini-Koeffizient kann einen Wert zwischen Null und 100 annehmen. Ein Wert von Null entspräche absoluter Gleichverteilung, bei 100 liegt alles Einkommen bei einer Person.