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Kleine und mittlere Unternehmen nutzen kaum bAV

Betriebsrente

Für Unternehmen, die sich am Arbeitsmarkt interessant machen wollen, ist die betriebliche Altersversorgung ein hervorragendes Instrument, um geeignete Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu binden.

Nicht nur im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte, sondern auch durch die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung können Unternehmen punkten. Kleine und mittlere Firmen nutzen aber bislang die bAV kaum. Die neuen Regelungen ab 2018 werden daran wohl wenig ändern.

Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson von 2015/2016 finden es 83 Prozent der Arbeitnehmer wichtig, dass der Arbeitgeber eine aktive Rolle bei der Bereitstellung einer Altersversorgung spielt. PwC erhob in einer Studie 2016, dass 21 Prozent aller Befragten und immerhin 28 Prozent der Akademiker angaben, das Angebot einer betrieblichen Altersversorgung sei ein wichtiger Grund gewesen, warum sie sich für ihren derzeitigen Arbeitgeber entschieden hatten. Für 41 Prozent ist sie ein wichtiger Grund, um ihrem Arbeitgeber treu zu bleiben.

Daneben gibt es noch einen ganz praktischen Grund: Seit 2002 haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltumwandlung und können von ihrem Arbeitgeber die Umsetzung verlangen. Schon um hierauf eine Antwort parat zu haben, ist es als Arbeitgeber sinnvoll, sich entsprechend aufzustellen. Trifft der Arbeitgeber nämlich keine Wahl, kann jeder Arbeitnehmer die Modalitäten selbst festlegen. Der Arbeitgeber muss dann für diese fremde Wahl nach dem Betriebsrentengesetz einstehen. Mit einer unternehmensspezifischen Lösung hingegen wird die Basis für alle Mitarbeiter geschaffen.

Verschiedene Varianten der betrieblichen Altersversorgung

Arbeitnehmer haben seit 2002 das gesetzlich verankerte Recht, Bruttogehalt im Umfang von bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuer- und sozialabgabenfrei in eine Betriebsrente einzuzahlen. Aktuell sind das 3.048 Euro für 2017. Der Vorteil: Durchschnittsverdiener sparen fast 50 Prozent der Beiträge, da ihr Nettoaufwand entsprechend geringer ist. Der dadurch mögliche höhere Sparbeitrag und die in der Regel niedrigere Steuerbelastung in der Rentenphase führen meist zu einer deutlich höheren Nettorente im Vergleich zu einer alternativen Vorsorge. Hilft der Arbeitgeber dann finanziell noch mit, lohnt sich die Betriebsrente umso mehr. Ab 2018 soll dieser Beitrag um weitere steuerfreie vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze erhöht werden können, auf die dann jedoch Sozialabgaben anfallen.

Über die Form der bAV entscheidet der Arbeitgeber: Ihm stehen fünf Durchführungswege zur Auswahl. Zum einen kann er die Versorgungszusage unmittelbar erteilen. In diesem Fall spricht man von einer Direkt- oder Pensionszusage. Zum anderen kann er die bAV auch über einen externen Versorgungsträger abwickeln. Hierfür stehen die Direktversicherung, die Pensionskasse, der Pensionsfonds und die Unterstützungskasse als Durchführungswege zur Verfügung. Bei der insbesondere bei kleineren und mittelständischen Unternehmen weit verbreiteten Direktversicherung schließt der Arbeitgeber eine Lebensversicherung für seine Arbeitnehmer ab. Als Leistungen lassen sich sowohl eine Rente wegen Alters als auch wegen Invalidität oder für die Hinterbliebenen im Todesfall des begünstigten Arbeitnehmers vereinbaren. Optional kann eine Kapitalzahlung oder eine Mischung aus beidem gewählt werden.

Neues Gesetz: 2018 sind die Tarifpartner am Zug

Mit dem anstehenden Betriebsrentenstärkungsgesetz wird ab 2018 Tarifpartnern ein weiterer Weg in der betrieblichen Altersversorgung offen stehen: Die sogenannte Zielrente sieht, anders als die bisherigen Modelle, keine Garantien und Mindestleistungen, sondern lediglich die Beitragszahlung in die betriebliche Altersversorgung vor. Die Zielrente leistet im Alter ausschließlich Rentenleistungen.

Wichtig ist, dass Unternehmen Altersversorgungsmöglichkeiten einrichten, die für sie und ihre Mitarbeiter passen. Welcher Durchführungsweg und Vertragspartner für die Betriebsrente im Unternehmen sinnvoll ist, richtet sich nach den Zielen und der Motivation des Unternehmers: Welche Wirkung soll mit der Einführung einer bAV erreicht werden? Sollen unterschiedliche Bedürfnisse für verschiedene Hierarchien, Funktionen oder Betriebszugehörigkeiten abgebildet werden? Müssen Unternehmensziele berücksichtigt werden?

Eine unabhängige Beratung ist unabdingbar, denn die Errichtung eines bAV-Konzeptes ist kein Produktverkauf, sondern wird unmittelbar durch Arbeits-, Steuer-, Sozialversicherungs- und Versicherungsrecht bestimmt. Ein passendes Versorgungssystem schafft rechtssichere Lösungen und ermöglicht reibungslose sowie verwaltungsarme Prozesse. Um die größtmögliche Akzeptanz unter den Mitarbeitern zu erreichen, ist eine persönliche Beratung die wichtigste Maßnahme. Ein Kommunikationskonzept, zusammen mit der Geschäftsführung erstellt, vermittelt den Mitarbeitern die bAV in verständlicher Sprache und berücksichtigt die Kenntnisse, den Bedarf und die Erwartungen der Mitarbeiter.

Was passiert beim Arbeitgeberwechsel?

Bei einem Wechsel des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer seit 2005 einen Rechtsanspruch auf Portabilität. Das bedeutet, dass er das unverfallbare Guthaben zum neuen Arbeitgeber mitnehmen kann. Der Rechtsanspruch besteht allerdings nur, wenn der Vertrag 2005 oder später abgeschlossen wurde und die bAV via Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung erfolgt. Allerdings müssen sich alle Beteiligten, nämlich Arbeitnehmer sowie neuer und bisheriger Arbeitgeber, auf die Modalitäten einigen. Entweder übernimmt das neue Unternehmen den bestehenden Vertrag und führt ihn weiter oder es lässt die erworbenen Anwartschaften in sein eigenes System zur betrieblichen Altersversorgung übertragen. Alternativ kann der Arbeitnehmer den bisherigen Vertrag privat weiterführen.

Vor- und Nachteile einer Entgeltumwandlung

Einer der größten Vorteile der betrieblichen Altersvorsorge als Entgeltumwandlung liegt in der Einsparung bei den Sozialabgaben und Steuern. Arbeitnehmer müssen die Beiträge nicht aus dem bereits versteuerten Brutto aufbringen. Sie gehen vielmehr von ihrem Bruttogehalt ab. Die Ersparnis hat zur Folge, dass ein Teil der Beiträge durch den Staat finanziert wird.

Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung können nicht verfallen, auch bei längerer Arbeitslosigkeit darf das angesparte Guthaben nicht angetastet werden. Während der Sparphase gelten Restriktionen: Ein Arbeitnehmer kann den Vertrag nicht vor Rentenbeginn kündigen, um die Rückkaufswerte zu beziehen, sondern nur beitragsfrei stellen. Die anteilige Leistung erfolgt dann zum ursprünglich vereinbarten Termin. Auch eine Beleihung oder Verpfändung ist nicht möglich.

Neben Vorteilen gibt es aber auch Nachteile: Da auf den umgewandelten Teil des Gehalts keine Sozialabgaben erhoben werden, schrumpfen gegebenenfalls auch die Ansprüche, die später an die gesetzliche Rentenversicherung erhoben werden können. Mit einem Zuschuss des Arbeitgebers werden im Falle einer Rentenzahlung die Nachteile der bAV aufgewogen. Mit dem neuen Betriebsrentenstärkungsgesetz werden zukünftig Arbeitgeber zu einem Arbeitgeberzuschuss von 15 Prozent verpflichtet, soweit der Arbeitgeber aus der Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge spart.

Im Rentenalter müssen die Betriebsrenten versteuert werden, in der Regel jedoch zu einem deutlich niedrigeren Steuersatz als während der erwerbstätigen Zeit. Zudem müssen Pflichtversicherte später den vollen Beitrag an die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.

Neue Regelungen ab 2018 – bAV II

Nach Angaben der Allianz Lebensversicherung haben derzeit rund 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland eine Betriebsrente. Das waren Ende 2015 rund 15,3 Millionen und damit mehr als doppelt so viele wie 2001. Insbesondere die Direktversicherung hat dazu einen großen Beitrag geleistet.

Bei Arbeitnehmern mit geringem Einkommen und bei kleineren und mittleren Unternehmen gibt es jedoch Nachholbedarf. Hier liegt der Anteil der Mitarbeiter, die eine Betriebsrente aufbauen, bei gerade einmal 19 Prozent. Das soll mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz anders werden. Es soll vor allem für tarifgebundene Unternehmen attraktiver werden, eine Betriebsrente anzubieten. Auch steuerliche Anreize gerade für Geringverdiener sind in dem neuen Gesetz enthalten. Schließlich wird es bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Freibeträge geben.

Ob jedoch die vorgeschlagene tarifvertragliche Lösung mit einer reinen Beitragszusage (das sogenannte Sozialpartnermodell) zu mehr bAV führt, ist fraglich. Anders als bisher soll für die aus dieser Beitragszusage finanzierte Leistung weder der Arbeitgeber noch der in die Finanzierung eingebundene Versorgungsträger einstehen. Zwar könnten Tarifverträge auf einen Schlag die bAV für eine gesamte Branche regeln und auf nicht-tarifgebundene Unternehmen ausstrahlen, aber das Sozialpartnermodell wirft dennoch zahlreiche Fragen auf.

Die eigentliche Zielgruppe, die zu fördernden kleinen und mittleren Unternehmen, sind häufig nicht tarifvertraglich gebunden. Weitere Konkretisierungen und womöglich Nachbesserungen sind notwendig, um die Komplexität des Gesetzes zu mildern. Praktisch wichtige Änderungen für bestehende bAV-Systeme wurden mit dem Gesetz nicht berücksichtigt.


Ab und zu schreiben Experten für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), die nicht zum Kernteam gehören. Aber was bedeutet das schon. Gäste empfängt man immer am wärmsten.

Wie Vera Moll. Sie ist Expertin für betriebliche Altersversorgung (DMA) bei der NOVETHOS Financial Partners GmbH in München.