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bAV im Mittelstand: Anpassungen angesagt

Baustelle bAV

In der mittelständischen Wirtschaft wird sich die betriebliche Altersversorgung in den kommenden Jahren erheblich verändern. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt das Consulting-Unternehmen Towers Watson nach einer Umfrage unter kleinen und mittleren Unternehmen.

Traditionell setzen diese Betriebe bei der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) auf unternehmensinterne Pensionsrückstellungen. Nur 45 Prozent bilden dafür spezifisch reservierte Vermögenswerte. 55 Prozent hingegen vertrauen darauf , die Pensionszahlungen aus dem operativen Ergebnis leisten zu können. Jedoch plant gut die Hälfte (52 Prozent), ihre bAV in den kommenden Jahren anzupassen. Grund für diese Überlegungen ist vor allem die Niedrigzinsphase.

„Gerade Mittelständler vertrauen traditionell eher auf die Kraft der Innenfinanzierung und behalten die Liquidität bevorzugt im Unternehmen“, so Heiko Gradehandt, Bereichsleiter Betriebliche Altersversorgung bei Willis Towers Watson in Wiesbaden. „Hier spielen Pensionsverpflichtungen meist keine allzu bedeutende Rolle in der Gesamtbilanz, und da sich viele Mittelständler nicht fremd finanzieren, ist das Bankenrating für sie weniger wichtig“, ordnet der bAV-Experte die Umfrageergebnisse ein.

Deckungsquoten steigen

Statisch ist der Zustand der bAV im Mittelstand dennoch nicht. Bei den Unternehmen, die sich für ein spezifisch reserviertes Deckungsvermögen entschieden haben, sind die Deckungsquoten gegenüber 2015 gestiegen. Das ergab ein Abgleich mit einer vorangegangenen Umfrage. Knapp die Hälfte (43 Prozent) verfügt über eine komfortable Deckungsquote von mehr als 75 Prozent. Vor zwei Jahren hatte nur knapp ein Viertel (23 Prozent) eine solche Deckungsquote.

Dass so viele Unternehmen die Finanzierungsgrundlagen ihrer bAV ausbauen, führt Gradehandt auf zwei Einflussfaktoren zurück: „Häufig wird bei den Vorbereitungen zur Unternehmensnachfolge die Finanzierung der Pensionsverpflichtungen neu überdacht. Zudem werden derzeit viele schon lange bestehende Rückdeckungsversicherungen für Pensionsverpflichtungen an die aktuellen Niedrigzinsverhältnisse angepasst und die Deckungsquote erhöht.“

Prognosen für die Verpflichtungen

Ganz gleich, wie die Finanzierung erfolgt, die Mittelständler behalten ihre Pensionsverpflichtungen genau im Blick. Auch das belegte die Umfrage. Fast vier Fünftel (78 Prozent) greifen bei der Finanzplanung auf regelmäßige versicherungsmathematische Prognosen für die Entwicklung ihrer bAV zurück. „Mit dem Monitoring legen die Unternehmen die Basis, um bei Bedarf rechtzeitig gegensteuern zu können – von der angeblichen Sorglosigkeit, die Mittelständlern im Zusammenhang mit der bAV oft vorgeworfen wird, ist keine Spur zu sehen“, kommentiert Gradehandt.

Die jüngsten Änderungen des Handelsrechts schaffen für die Finanzplanung allerdings nur kurzfristig Entlastung, sagen drei Viertel der Unternehmen (76 Prozent). 2015 wurden die handelsrechtlichen Vorschriften für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen angepasst. Statt einem siebenjährigen ist seitdem ein zehnjähriger Durchschnittszins zugrundezulegen. Angesichts des andauernden Niedrigzinsumfelds will gut die Hälfte der befragten Mittelständler (52 Prozent) ihre bAV in den kommenden Jahren anpassen. Die Art und Weise der Anpassung ist allerdings uneinheitlich. 44 Prozent in dieser Gruppe wollen neu eintretenden Mitarbeitern keine bAV mehr anbieten. 43 Prozent wollen die bAV beibehalten, aber die Gestaltung oder Finanzierung neu aufstellen.

Neues Gesetz mach die bAV noch komplexer

„Die Abschaffung der bAV ist aus personalpolitischen Gründen eher nicht zu empfehlen – viele Mitarbeiter erwarten heutzutage eine bAV und die Debatte um das Betriebsrentenstärkungsgesetz dürfte diese Erwartungen noch befeuert haben“, sagt Gradehandt. „Zudem lassen sich auch im Niedrigzinsumfeld robuste und unkomplizierte Pensionszusagen gut umsetzen, etwa indem Versorgungsbeiträge in eine Direktversicherung fließen, die dann die Rentenzahlungen im Alter übernimmt. Viele Mittelständler haben ihre Pensionszusagen in den vergangenen Jahren schon auf solche Modelle umgestellt.“

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat sich nur ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen (30 Prozent) genauer beschäftigt. Weit über die Hälfte hat es noch nicht angeschaut (60 Prozent) oder findet es zu kompliziert (10 Prozent). Entsprechend skeptisch werden seine Auswirkungen eingeschätzt. „An der bAV in unserem Unternehmen wird sich dadurch nichts ändern“, sagen 43 Prozent. „Das Gesetz macht die Welt der bAV noch komplexer“, sagen dagegen 68 Prozent. Der Umfrage nach erwarten Mittelständler von einer bAV-Reform vor allem eine Absenkung des hohen steuerlichen Rechnungszinses für bAV-Direktzusagen, verbesserte Bedingungen für eine „schlanke“ Umsetzung und Verwaltung der bAV sowie Enthaftungsmöglichkeiten von bestehenden bAV-Verpflichtungen.