Website-Icon DIA Altersvorsorge

Abschied von 100 Prozent Beitragsgarantie

Zu Anfang dieses Jahres sank der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. Das hat auch Auswirkungen auf Neuabschlüsse in der betrieblichen Altersversorgung (bAV).

Für Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des Pensionsberaters Longial, ist eine 100-prozentige Beitragsgarantie in der bAV auf diesem Niveau nicht mehr darstellbar. Aber er sieht auch Chancen und zeigt zukunftsfähige Lösungen auf.

In den versicherungsförmigen Durchführungswegen, also Direktversicherung und Pensionskasse, je nach Ausgestaltung auch Pensionsfonds sowie bei rückgedeckten Unterstützungskassen, ist die Garantieleistung des Versicherers beziehungsweise der Pensionskasse ein maßgebliches Kriterium. Für den Arbeitnehmer, weil es die Höhe der Versorgungsleistung beeinflusst. Für den Arbeitgeber, da sich daraus gegebenenfalls das Risiko der sogenannten Subsidiär-(Nach)Haftung ableitet.

Zusageform hat Konsequenzen

Aber nicht nur der Durchführungsweg ist für die bAV ein entscheidender Parameter, auch die Zusageart. Möglich sind Beitragszusage, Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML), beitragsorientierte Leistungszusage (BOLZ) und Leistungszusage. Die Beitragszusage birgt keinerlei Risiken für den Arbeitgeber. Er zahlt nur den Beitrag, trägt für die sich daraus ergebende Versorgungsleistung jedoch keine Verantwortung oder Haftung. Bei der Leistungszusage steht er für die Erfüllung der zugesagten Leistung ein. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch die Leistungen aus Versicherungen oder Pensionskassen sind. In der jüngsten Praxis wurden vor allem die Zwischenlösungen vereinbart, also BOLZ und BZML.

Niedriger Rechnungszins macht Beitragsgarantie unmöglich

Bei der BZML garantiert der Arbeitgeber, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles mindestens das eingezahlte Kapital zur Verfügung steht, um daraus die Versorgungsleistung für den Arbeitnehmer lebenslang zu zahlen. Beiträge für Risikoleistungen, wie Tod oder Berufsunfähigkeit, können dabei abgezogen werden. Das entspricht einer 100-prozentigen Bruttobeitragsgarantie. „Wissenschaftler des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften an der Uni Ulm haben schon im Sommer 2021 ausführlich dargestellt, dass ein Versicherer beziehungsweise eine Pensionskasse eine 100-prozentige Bruttobeitragsgarantie bei einem Rechnungszins von 0,25 Prozent selbst bei Laufzeiten von 30 und mehr Jahren nicht abbilden kann“, erklärt Michael Hoppstädter. „Selbst dann nicht, wenn keine Vertriebskosten, also Provisionen und Courtagen für Vermittler und Makler, bei der Kalkulation des Produktes berücksichtigt werden.“

Rückzug fast aller Anbieter

Das bedeutet: Der Versicherer kann nicht garantieren, dass das eingezahlte Kapital bei Eintritt des Versorgungsfalles zur Verfügung steht. Aber genau für diese Garantie steht der Arbeitgeber gegenüber seinem Arbeitnehmer ein. Ein Risiko, das die wenigsten Arbeitgeber freiwillig auf sich nehmen, wenn sie sich dessen bewusst sind, ist Hoppstädter überzeugt: „Arbeitgeber werden derlei Zusagen nicht mehr erteilen und derlei Produkte nicht mehr kaufen. Zum Jahreswechsel haben sich fast alle Anbieter aus der BZML zurückgezogen oder angekündigt, dies in naher Zukunft zu tun.“

Arbeitgeber schwenken um

Bei der BOLZ wird der vom Arbeitgeber gezahlte Beitrag nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine Versorgungsleistung umgerechnet. Der Arbeitgeber haftet demnach nur für genau diese Leistung. Im Vergleich zur BZML gibt es in der BOLZ keine Bruttobeitragsgarantie in Höhe von 100 Prozent – weder im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) noch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Nahezu alle bAV-Versicherer bieten mit dem neuen Rechnungszins daher nur noch Produkte als BOLZ an.

Versicherer reagieren auf die neue Situation

Aber auch hier greifen die Gesetze der Mathematik, wie das IFA ermittelt hat. Demnach ist eine 100-prozentige Bruttobeitragsgarantie nicht finanzierbar. Zudem stellt sich die Frage, wie die Anbieter das umsetzen. Eine aktuelle Studie der auf Versicherer und Versicherungsprodukte spezialisierten Ratingagentur „Assekurata“ vergleicht Produkte mit garantierten Leistungen (sogenannte Neue Klassik). Ob die Versicherer das Produkt auch für die bAV anbieten, geht aus der Studie nicht hervor, eine Tendenz dagegen schon:

Chancenreichere Kapitalanlage möglich

„Die Zeit hoher Garantiezinsen ist ebenso vorbei wie die Zeit der 100-prozentigen Bruttobeitragsgarantie“, sagt Hoppstädter zusammenfassend, sieht aber für die Versorgungsberechtigten durchaus die Chance auf höhere Versorgungsleistungen. Garantien kosten Geld, das ist nicht neu. „Bei geringeren Garantiezinsen und bei geringerem Niveau der Beitragsgarantien heißt das konkret, dass der Versicherer bzw. die Pensionskasse anders am Kapitalmarkt anlegen kann, woraus sich durchaus Chancen auf höhere Versorgungsleistungen ergeben.“

Prüfung der bestehenden Versorgungswerke

Arbeitgeber sollten nun sehr genau auf die Ausgestaltung der bAV achten, denn „betriebliche Altersversorgung ist Arbeitsrecht – der Arbeitgeber muss die zugesagte Leistung gegenüber den Arbeitnehmern erfüllen, nicht der Versicherer“. Wenn noch nicht geschehen, empfiehlt Hoppstädter Arbeitgebern schnellstmöglich zu prüfen, welche Zusageart die bestehende Versorgungsregelung etwa für die Entgeltumwandlung vorsieht. Falls es sich um eine BZML handelt, rät er, diese unbedingt für Neueintritte zu schließen und eine neue Versorgungsregelung als BOLZ aufzusetzen.