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Beitragszusage nimmt letzte parlamentarische Hürde

In der betrieblichen Altersversorgung wird ein neues Kapitel aufgeschlagen: Heute behandelt der Bundestag das Betriebsrentenstärkungsgesetz in der 2. und 3. Lesung. Damit hält die reine Beitragszusage ohne Garantie Einzug ins deutsche Betriebsrentenrecht.

Deren Beurteilung reicht von „Meilenstein“ bis „Zockerrente“. Die Wahrheit liegt wohl wie immer in der Mitte. Mit der reinen Beitragszusage und dem damit verbundenen Zielrentensystem erhält die betriebliche Altersversorgung in Deutschland ein neues, zeitgemäßes Instrumentarium.

In den letzten, zähen Verhandlungen zwischen den Regierungskoalitionen, die sich vor allem um das Verbot von Garantien bei dieser neuen Zusageform drehten, wurde die Beitragszusage noch ein wenig nachgeschärft. Auch mit Blick auf die Argumente derer, die Garantien zumindest auf der Ebene des Versorgungsträgers gefordert hatten. Bis zuletzt wurde heftig über die Sicherheit der Leistungen und die Begrenzung von Leistungsschwankungen diskutiert. Schwankende Renten sind für die deutsche bAV ein Novum. Heftige und vor allem häufige Schwankungen sollen daher auf jeden Fall vermieden werden.

Puffer verringern Anpassungen

So sah das Zielrentenkonzept von Anfang an einen Puffer in der Kapitalbedeckung der künftigen Rentenverpflichtungen vor. Die Versorgungsträger müssen die Rentenhöhe regelmäßig überprüfen und bei Bedarf anpassen. Damit dies nicht zu oft geschieht, können sie Puffer bilden. So wird bei ungünstiger Kapitalmarktentwicklung zunächst dieser Puffer abgeschmolzen. Der bisherige Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes sah eine Obergrenze für den Kapitaldeckungsgrad vor. Erreicht dieser 125 Prozent, muss die Rente erhöht werden. Eine Mindesthöhe für den Puffer, die bei dieser Anpassung einzuhalten ist, gab es dagegen nicht. Lediglich ein Untergrenze für die Kapitaldeckung, ab der die Renten herabgesetzt werden müssen (100 Prozent).

Kein Wettbewerb um „höchste“ Renten

Damit wäre es nach dieser Mechanik möglich gewesen, den Puffer vollständig aufzulösen, um die Leistungen stärker zu erhöhen. So hätte sich zwischen den Versorgungsträgern ein Wettbewerb um die „höchste“ Rente entspinnen können. Die Folge wären häufigere Schwankungen gewesen. Reizt ein Versorgungsträger den Puffer komplett aus, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass nach einer Erhöhung die Rente schon bald wieder reduziert werden muss. Um solch ein Auf und Ab zu verhindern, das der Akzeptanz der Beitragszusage ohne Frage schaden würde, gibt es im Gesetz nun noch eine dritte Grenze.

Leichtfertige Rhetorik schürt Misstrauen

Nach einer Erhöhung der Leistungen muss noch so viel Puffer vorhanden sein, dass der Kapitaldeckungsgrad mindestens 110 Prozent beträgt. Den Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) zu Folge fängt ein solcher Puffer einen Einbruch der Aktienkurse bis zu 25 Prozent ohne Leistungskürzung auf, selbst wenn das Vermögen des Versorgungsträgers zu 35 Prozent in Aktien investiert ist. Diese Mechanik sollten sich all jene anschauen, die der reinen Beitragszusage allzu leichtfertig das Etikett „Zockerrente“ anheften. Solche Rhetorik wird zum einen dem Konzept der Zielrente nicht gerecht und schürt zum anderen Misstrauen, das einer sachlichen Grundlage entbehrt.

Ähnlicher Verlauf wie beim Pensionsfonds?

In der Begründung des Gesetzentwurfes wird übrigens noch einmal explizit das Prinzip des kollektiven Sparens herausgestellt. Dieser Text soll auf Wunsch der Regierungskoalition auch in die Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung aufgenommen werden. Damit wird die Puffer-Funktion bei der Zielrente zusätzlich abgesichert. Wahrscheinlich werden diese Änderungen noch nicht die letzten an diesem Konzept gewesen sein. Vielmehr ist ein ähnlicher Verlauf wie beim Pensionsfonds anzunehmen. Nachdem dieser 2002 eingeführt worden war, gab es anschließend noch erheblichen Korrekturbedarf bei der Ausgestaltung. Mit mehreren Novellen des Versicherungsaufsichtsgesetzes wurden dann zum Beispiel auf Drängen der Praxis die Bedeckungsregeln und die Ausgestaltung der Renten verändert. So ist inzwischen auch eine vorübergehende Unterdeckung bei Pensionsfonds erlaubt, wenn ein Sanierungsplan vorliegt und die Unterdeckung eine festgelegte Zeitdauer nicht überschreitet. Für die langfristige, kollektiv organisierte Altersvorsorge sind vorübergehende Unterdeckungen nämlich ein beherrschbares Phänomen.

Von den Pensionsfonds können ohnehin einige Elemente für die Zielrente übernommen werden, zum Beispiel die Regeln bei vorübergehender Unterdeckung. Da sind derzeit bei der Zielrente, anders als beim Pensionsfonds, noch 100 Prozent vorgeschrieben. An diese Größe traute sich während der Diskussion in den zurückliegenden Wochen niemand in der Politik heran, obwohl Experten durchaus für eine geringere Grenze plädierten.