Die derzeit niedrigen Zinsen liefern immer weniger Anreiz zum langfristigen Sparen. Gleichzeitig wirken sie wie eine verdeckte Steuer auf die Rücklagen für das Alter. Aus risikolosem Zins ist längst ein zinsloses Risiko geworden. Kreditinstitute, Versicherer und Altersvorsorge-Einrichtungen suchen nach Lösungen. Wo führt ein anhaltender Niedrigzins hin?
Über diese Frage diskutierten die Teilnehmer des DIA-Forums „Altersvorsorge mit Nachhaltigkeit“, das am 10. Oktober 2013 in Berlin stattfand, mit Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Die Sparer, so Georg Fahrenschon, werden bei der Bewältigung der Euro-Staatsschuldenkrise in Geiselhaft genommen, sichere Geldanlagen mit einem Vermögensverlust bestraft. Er verglich die Altersvorsorge mit einem Keimling, der gute Bedingungen zu seinem Wachstum benötigt.
Außerdem sollten die Förderbeträge erhöht und auf ein dynamisches System umgestellt werden. Die derzeit geltenden Größen beruhen auf der Beitragsbemessungsgrenze aus dem Jahr 2001. Für junge Menschen sollten Anreize wie zum Beispiel ein Berufseinsteigerbonus geschaffen werden. Georg Fahrenschon appellierte an die Regierung, das vermögenswirksame Sparen attraktiver zu machen. Das koste ohne Frage Geld, aber der Staat profitiere schließlich von den derzeit geltenden Niedrigzinsen. Da sei es recht und billig, einen Teil an die Sparer weiterzugeben, die unter den gegenwärtigen Bedingungen Vermögen verlieren.
Pensionskassen haben Nachholbedarf
Bei der nachhaltigen Kapitalanlage haben die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland im europäischen Vergleich noch erheblichen Nachholbedarf. Diese Einschätzung traf Prof. Dr. Henry Schäfer von der Universität Stuttgart auf dem DIA-Forum. Für 70 Prozent der deutschen bAV-Einrichtungen sind nachhaltige Geldanlagen noch kein Thema beziehungsweise der Wissensstand dazu eher gering. Nur wenige Pensionskassen und Pensionsfonds haben zudem die Prinzipien der Vereinten Nationen für nachhaltiges und verantwortungsvolles Investment unterzeichnet. Diese Zurückhaltung, so Schäfer, stehe im Widerspruch zur allgemeinen Unternehmenspolitik: So ist der Nachhaltigkeitsgedanke in vielen Unternehmen zwar bereits auf der operationellen Seite umgesetzt worden, nicht aber in der dazugehörigen Altersvorsorgeeinrichtung.
Verbesserungen bei Rendite und Risiko
Mit Hilfe eines Simulationsmodells wurden Prinzipien der nachhaltigen Kapitalanlage auf die bestehenden Portfolios von Pensionskassen übertragen, ohne deren Struktur grundlegend zu ändern. Diese Simulationen bewiesen, dass nachhaltige Geldanlagen gezielt eingesetzt werden können, um Verbesserungen im Rendite- und Risikobereich zu erzielen. Damit würden große Kapitalverwalter in der betrieblichen Altersversorgung nicht nur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung gerecht, sondern sie könnten zugleich neue, aktive Kapitalanlagestrategien im Umfeld sinkender Kapitalmarktrenditen und bislang nicht vorhandener Anlagerisiken wahrnehmen. „Außerdem ist es damit möglich, drohenden Regulierungsdruck abzuwenden“, ergänzte Schäfer. Dabei sei noch nicht einmal eine zwingende Abkehr von den bestehenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Anlageregulierung erforderlich.
Die politischen Entscheidungen müssen für die nächsten Jahre stabil bleiben. Seine Anregung: Nachhaltigkeit sollte als eigenständige Anlageklasse eingeführt werden. Heute finden sich Wind-, Solar- oder auch Sozialprojekte unter dem Oberbegriff „Alternative Anlagen“. Dadurch konkurrieren sie mit Hedgefonds, Immobilien und strukturierten Finanzprodukten. Weber warf die Frage auf, ob es heute noch zeitgemäß ist, starre Anlageklassen und Anlagegrenzen zu bestimmen. Stattdessen sollte lieber definiert werden, worin verantwortungsvolles Investieren besteht, das an sich schon zu einer Risikobegrenzung führt. So kann er sich eine Mindestquote für verantwortungsvolle Investments wie nachhaltige Anlagen vorstellen.
Freiwillige Klima-Schutzrente
Sie entspreche mehr dem Subsidiaritätsprinzip einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, weil damit die Konsumentensouveränität zum Tragen komme. Zudem bestehe keine Gefahr einer breiten Verweigerung wegen „hoheitlicher Bevormundung“. Aber auch eine obligatorische Klimaschutz-Rente bringe Vorteile mit sich. So könnten alle sozialversicherungspflichtigen Erwerbspersonen im Kontext eines transparenten und stabilen staatlichen Ordnungsrahmens verpflichtet werden. Allerdings ergebe sich dabei zugleich ein Problem: Wie erreicht man die zehn Millionen Nicht-Versicherungspflichtigen? Mit einem Obligatorium könnten die verfügbaren Finanzmittel bei den Sozialversicherungspflichtigen optimal mobilisiert werden. Außerdem sei eine Zusatzrente insbesondere für die Zielgruppen der potentiellen Altersarmut sichergestellt.
Erstens die Senkung des Rentenniveaus, die noch nicht zu Ende ist. Zweitens die Reform der Erwerbsunfähigkeitsrenten in den Jahren 2000/2001, verbunden mit der Einführung der Abschläge von bis zu 10,8 Prozent. Zum Dritten besitzt das Gros der Erwerbsminderungsrentner eine deutlich veränderte Erwerbsbiografie im Vergleich zu früheren Jahrzehnten. Personengruppen, die auf dem Arbeitsmarkt ohnehin schon benachteiligt sind, seien offenkundig einem höheren Erwerbsminderungsrisiko ausgesetzt. Dr Steffen schlug zwei Reformschritte vor: Zum einen sollten die Abschläge von bis zu 10,8 Prozent abgeschafft werden. 96 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten sind derzeit mit Abschlägen versehen. Zum anderen müsse die sogenannte Hinzurechnungszeit an die „Rente mit 67“ angeglichen und auf 62 Jahre ausgeweitet werden. Die Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr sei historisch entstanden und entspreche nach der Anhebung des Renteneintrittsalters und den veränderten Erwerbsbiografien nicht mehr der Realität.