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    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen

    Die Börse im Blick: So wird investiert.

    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen | 4.1.2016 Drucken

    Immobilien: Schere geht auseinander

    Der demografische Wandel wirkt sich auch auf den Markt für Immobilien aus. Für Städte und Regionen mit zunehmender Bevölkerungszahl erwarten die amtlichen Gutachterausschüsse in Deutschland auch in Zukunft weiter steigende Preise bei Wohnimmobilien.

    Hier teils stürmisch wachsende Großstädte, dort ländliche Räume mit Bevölkerungsschwund. Beim Bauen und Wohnen wird der demografische Wandel aufgrund von Angebot, Nachfrage und Preisen für jedermann besonders augenfällig. Wie städtische Boomregionen und ländliche Peripherie unvermindert und teils sogar mit wachsender Tendenz auseinanderdriften, führt einmal mehr die jüngste Analyse der amtlichen Gutachterausschüsse zum bundesweiten Immobilienmarkt 2015 vor Augen. Ihr Bericht erfasst Marktgeschehen und Preise deutschlandweit auf der Grundlage der notariellen Kaufverträge. Danach wurden im Jahr 2014 hierzulande insgesamt 900.000 Wohn- und Wirtschaftsimmobilien im Wert von 191 Milliarden Euro verkauft. Das Investitionsvolumen hat damit den höchsten Stand seit 2007 erreicht – mit jährlichen Steigerungsraten von acht Prozent seit 2009. Der Wohnimmobilienmarkt vereint mit 130 Milliarden Euro das Gros der Kaufinvestitionen des Jahres 2014 auf sich. Rund 75 Prozent davon entfallen auf Eigentumswohnungen und Eigenheime – und damit de facto auch auf einen wesentlichen Teil der Altersvorsorge der Deutschen.

    Der Markt ist gespalten

    Durchschnittlich verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser zwischen 2009 und 2014 um 3,3 Prozent jährlich. Sichtbar wird zugleich eine große Spanne: In den Großstädten stiegen die Kaufpreise für Eigenheime im Schnitt jährlich um rund zehn Prozent, nachdem dort bis 2009 kaum Bewegung war. Am teuersten erwies sich München mit 7.200 Euro je Quadratmeter. Dagegen wurden in den Landkreisen Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt, im Kyffhäuser-Kreis (Thüringen) und in Osterode in Niedersachsen mit 500 Euro sehr niedrige Quadratmeterpreise für Eigenheime registriert. „Das heißt, in ländlichen Räumen stagnieren die Preise und sind insbesondere in Bereichen mit sinkender Bevölkerungsentwicklung rückläufig“, so Siegmar Liebig, Sprecher des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse bei der Vorstellung des Immobilienmarktberichts in Berlin.


    Immobilien: Schere geht auseinander


    Auch bei Eigentumswohnungen ging es zwischen 2009 und 2014 preislich nach oben, im Durchschnitt um 2,7 Prozent jährlich: dabei mit deutlichen Steigerungsraten von jährlich sechs Prozent in den oberen Preiskategorien und ebenfalls mit der bayerischen Metropole als Spitzenreiter (4.200 Euro/qm). In den unteren Kategorien, das heißt in eher ländlich geprägten Regionen, war die Tendenz stabil bis leicht fallend. Für Städte und Regionen mit steigenden Bevölkerungszahlen erwarten die amtlichen Gutachter auch in Zukunft weiter steigende Preise.

    Hier Leerstand, dort wachsender Bedarf

    Auf der einen Seite herrscht in weiten Teilen des Landes Leerstand, auf der anderen Seite wächst in etlichen Städten der Bedarf. „Diese Schere schließt sich nicht, sondern sie wird im Augenblick größer“, so Professor Harald Herrmann vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das für den Immobilienmarktbericht mit verantwortlich zeichnet. Auch die Zuwanderung aus dem Ausland wird nach seiner Einschätzung daran „prinzipiell nichts ändern“. Er rechnet damit, dass auch die Neuankömmlinge dem Trend der heimischen Bevölkerung in die großen Städte und Ballungsräume folgen. „Der Markt bleibt gespalten“, so der Direktor des Instituts. Das hat seine Wohnungsmarktprognose inzwischen deutlich nach oben korrigiert. Statt der Zielmarke von 270.000 Wohnungen, die jährlich gebaut werden müssen, geht das BBSR jetzt aufgrund der zusätzlichen Flüchtlingsnachfrage von 350.000 bis 400.000 neuen Wohnungen aus, die jährlich erforderlich sind.

    Wohnungspolitik vor doppelter Herausforderung

    Wo die Wohnungspolitik angesichts dieser doppelten Herausforderung künftig die Schwerpunkte setzen sollte und welche Anreize – darüber ist die öffentliche Diskussion im Gange. Ein Thema war dies jüngst auch auf dem 15. Wohnungspolitischen Forum des ifs Städtebauinstituts in Berlin. Die Podiumsdiskussion mit Abgeordneten der Bundestagsfraktionen bot unterschiedliche Lösungsansätze. Für den „Vorrang der Innenentwicklung“ und deutlich „mehr Transfermittel in den sozialen Wohnungsbau“ sprach sich seitens der Bündnisgrünen Christian Kühn aus. Der hochpreisige Wohnungsbau funktioniere ohnehin, so der Fraktionssprecher für Bau- und Wohnungspolitik.

    Ähnlich argumentierte die Vertreterin der Linken. Der Bund müsse sich „mit seinen Fördermöglichkeiten hauptsächlich auf den sozialen Wohnungsbau konzentrieren“. Wer sich aus eigener Kraft mit Wohnraum versorgen könne, werde das auch weiterhin tun, befand die bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion, Heidrun Bluhm. Für eine „behutsame Nachverdichtung“ einerseits und eine deutlich stärkere Baulandausweisung andererseits plädierte Sören Bartol, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Der Förderung von Wohneigentum wieder mehr Augenmerk zu schenken, forderte Georg Nüßlein. In diesem Zusammenhang warb der Bundestagspolitiker für eine Neuauflage der Eigenheimzulage. „Bauherren machen Bestandswohnungen frei, die wieder vermietet werden können“, so der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion.

    Zuwanderung schwer abzuschätzen

    Ein Aspekt, der in zahlreichen Debatten mitschwingt und beim ifs-Forum vom ehemaligen Bundesbauminister und ifs-Kuratoriumsvorsitzenden Eduard Oswald nachdrücklich angesprochen wurde: Wir wissen über den demografischen Wandel deutlich mehr als über die Zuwanderung. Unsere Bevölkerung ist statistisch genau erfasst. Anders bei der aktuellen Zuwanderung. Alle bisher dazu veröffentlichten Zahlen vermitteln – wie könnte es anders sein – nur Ausschnitte.


    Immobilien: Schere geht auseinanderWie die Regionen auseinanderdriften und welche Konsequenzen das für die Entwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt hat, untersuchte das Deutsche Institut für Altersvorsorge bereits 2013 mit der Studie „Wohnimmobilien für die Altersvorsorge – worauf muss man achten?„.

    In den Zuwanderungsregionen steigt die Einwohnerzahl. Das Wohnungsangebot kann nicht Schritt halten mit dem Zuwachs der Haushalte.

    Ganz anders in den Abwanderungsregionen. Hier ist nicht nur die Einwohnerzahl, sondern auch die Zahl der Haushalte rückläufig. Dennoch werden auch dort neue Wohnungen errichtet. Neubau auf schrumpfenden Märkten ist kein Paradox: auch dort gibt es zahlungskräftige Nachfrager. Deren Ansprüche können im vorhandenen Bestand nicht erfüllt werden. Jeder zusätzliche Wohnungsbau erhöht dort aber den bestehenden Leerstand eins zu eins. Dies trifft dann immer zuerst die weniger attraktiven Standorte und Bauformen.


     

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