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    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen

    Die Börse im Blick: So wird investiert.

    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen | 11.8.2022 Drucken

    Das Trilemma der Notenbank

    Am 21. Juli vollzog die EZB eine lange erwartete historische Zinswende. Sie führte den Hauptrefinanzierungssatz aus der Nullzins-Talsohle mit einem kräftigen Schritt um 0,5 Prozent heraus.

    Es handelt sich um die erste Erhöhung der Zinsen seit 2011. In den letzten Jahren fluteten die westlichen Notenbanken die Märkte mit kostenloser Liquidität. Der Lehre nach führt das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Inflation. Doch die Inflation ließ sich scheinbar Zeit. In Deutschland hat sie nun aber ein 40-Jahres-Hoch erreicht. Für den Juni wird eine Inflationsrate von 7,6 Prozent angenommen. Auch wenn der Höhepunkt überschritten zu sein scheint, liegt die Inflation meilenweit über dem gewünschten Wert von zwei Prozent pro Jahr.

    EZB

    Die Zentralbank stand unter Druck und musste reagieren. Volkswirte raten schon lange zu einer Wende in der Geldpolitik. Aber EZB-Präsidentin Lagarde zögerte Zinserhöhungen hinaus. Kritiker bezeichneten sie schon als die „Mutter der Inflation“. Viele sprechen der Juristin und langjährigen Chefin einer internationalen Anwaltskanzlei den ökonomischen Sachverstand ab. Die EZB-Präsidentin ist keine ausgebildete Ökonomin. Ihre Kollegen der anderen wichtigen Zentralbanken waren wesentlich schneller. Jerome Powell zum Beispiel von der US-Notenbank hatte den US-Leitzins schon im März erhöht. Ende Juli hat die Fed die Leitzinsen um weitere 0,75 Prozentpunkte angehoben und sie damit in einen Korridor zwischen 2,25 und 2,5 Prozent befördert. Auch Australien und die Bank of England hatten angesichts einer Rekordinflation die Zinsen schon früher angehoben. Nur die EZB hielt lange die Füße still.

    Preisstabilität vorrangig, aber es gibt Nebenziele

    Allerdings steht die EZB vor einem Trilemma. Damit bezeichnet man eine Wahl aus drei Optionen, bei der jede der drei Optionen als inakzeptabel oder ungünstig erscheint. Vorrangiges Ziel ist die Gewährleistung der Preisniveaustabilität in der Eurozone. Dieses oberste Ziel steht dabei jedoch in einem Spannungsverhältnis zu ihren Nebenzielen, ohne deren Gewährleistung die Zentralbank kaum ihre Aufgabe erfüllen könnte. Aktuell ist die Inflation zu hoch, das Wachstum in der Eurozone zu niedrig und die Fähigkeit der Staatshaushalte, höhere Zinsen zu verkraften, sehr gering. Zusätzlich ist der sogenannte Spread, die Zinsdifferenz zwischen Deutschland und anderen Mitgliedern der Eurozone, ein Problem. Dieser liegt im Falle von Italien bei etwa 225 Basispunkten, also bei 2,25 Prozentpunkten. Ökonomisch zeigen die Spreads an, dass die Märkte das Ausfallrisiko für Italien höher einschätzen als für Deutschland. Anleger fordern für italienische Anleihen einen höheren Zins als für das bis dato Sorgenkind der Währungsunion Griechenland.

    EZB war spät dran

    In der Öffentlichkeit ist der Verbraucherpreisindex die wichtigste Bezugsgröße. Für die Notenbank spielt jedoch die Entwicklung der Kerninflation eine wichtigere Rolle. Bei der Berechnung der Kerninflation wird die Preisentwicklung bei Energie und Nahrungsmittel nicht berücksichtigt. Dadurch schwankt sie deutlich weniger als die Inflationsrate. Aktuell ist die Kerninflation zwar niedriger als die Inflation, erreichte aber im Juni 2022 mit 4,0 Prozent den höchsten Wert seit 2006. Dieser hohe Wert verdeutlicht, dass die EZB diesmal mit einer Zinserhöhung spät dran war.  Schließlich ist die Geldwertstabilität ihr Auftrag. Das Vertrauen der Bürger in die Geldwertstabilität ist entscheidend.

    Inflation hat nicht den klassischen Auslöser

    Allerdings hat eine Zinserhöhung einen direkten Einfluss auf die Konjunktur. Verteuert eine Zentralbank das Geld, wird die wirtschaftliche Aktivität ausgebremst. Kredite werden teurer, es wird weniger investiert und gebaut. Die Nachfrage sinkt. Dadurch sinken die Preise und die Inflation geht zurück. Beobachter haben allerdings Sorge, dass in der jetzigen Situation diese Wirkungskette nicht greift. Die Gründe für den starken Inflationsanstieg liegen nicht in einer starken Nachfrage, sondern in einem mangelnden Angebot. Die Zero-Covid-Politik Chinas, der Ukraine-Krieg und das Handelsembargo gegen Russland sind vor allem dafür verantwortlich, dass zu wenig Öl und Gas auf dem Weltmarkt sind, dass Lieferketten unterbrochen und Produktionsengpässe entstanden sind. Von einer Überhitzung der Konjunktur, normalerweise der klassische Auslöser von Inflation, kann derzeit nicht Rede sein.

    Staaten haben ihre Hausaufgaben versäumt

    Viele Staaten in der Eurozone haben es sich in den letzten Jahren in der Welt des billigen Geldes gemütlich gemacht. Man konnte sich darauf verlassen, dass die Staatsschulden immer billiger und zudem noch von der Notenbank aufgekauft werden. Nun müssen die Finanzminister für ihre Kredite wieder Zinsen zahlen. Vor allem Deutschland konnte aufgrund der guten Bonität mit seinen Schulden Geld verdienen. Diese Zeiten sind vorbei.

    Viel schlimmer trifft es jedoch die Problemländer der Eurozone. Die Gefahr einer erneuten oder wiederauflebenden Eurokrise ist allgegenwärtig. Leider nutzten diese Länder die letzten Jahre nicht, um ihre Staatsschulden abzubauen oder notwendige Reformen umzusetzen. Eigentlich hat sich die Eurozone strenge Regeln zu den Schuldenquoten der einzelnen Mitgliedsstaaten auferlegt. Aber kaum ein Land hält die Regeln aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt noch ein. Auch die gegenwärtige Bundesregierung macht in zwei Haushaltsjahren mehr Schulden als alle Bundesregierungen zusammen in den ersten 40 Jahren der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

    Aktienmärkte reagierten ungewöhnlich

    Eigentlich gelten Zinserhöhungen als schlecht für Aktien, weil Anleihen mit höheren Zinsen zu stärkeren Konkurrenten im Kampf um Anlegergelder werden. Allerdings reagierten die Aktienmärkte sowohl in den USA als auch in Deutschland überraschend positiv auf die Entscheidungen der Notenbanken. Die Anleger hatten die Zinserhöhungen schon lange erwartet. Die gute Kommunikation der Notenbanken im Vorfeld hatte ebenfalls dazu geführt, dass die Märkte nicht überrascht wurden. Durch den Kursverfall der Aktien in diesem Jahr sind die Aktienbewertungen in der Breite wieder auf langfristig fairen Niveaus. Langfristig orientierte Investoren nutzen die Gelegenheit, um wieder in den Markt einzusteigen.


    Markus Richert

    Gastautor Markus Richert ist CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.

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