Umverteilung wird zur Belastung
Zwischen den Generationen herrscht der Wunsch nach mehr Solidarität untereinander. Aber der Zusammenhalt steht auf dem Spiel. Eine Mehrheit geht davon aus, dass die Umverteilung zwischen Jung und Alt Konflikte verursachen wird. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Versicherers Swiss Life.
Bei Rentenreformen heißt es oftmals, sie seien notwendig, um die Akzeptanz des umlagefinanzierten Systems aufrechtzuerhalten. Mit diesem Argument begründen Politiker auch künftige Beitragssteigerungen. Wie die Belastungen von denen eingeschätzt werden, die sie schultern müssen, bleibt dabei zumeist im Dunkeln. Der Versicherer Swiss Life wollte daher in einer Umfrage wissen, wie es um das Verhältnis zwischen den Generationen tatsächlich bestellt ist. Dazu wurden 3.078 Menschen in Deutschland, Frankreich und in der Schweiz im Alter zwischen 18 und 79 Jahren befragt.
Die gute Nachricht vorweg: Mit 89 Prozent wünscht sich eine sehr große Mehrheit stärkere Solidarität zwischen den Generationen. Das ist für ein umlagefinanziertes System zunächst eine gute Basis. Schließlich erarbeiten die Jüngeren, Erwerbsfähigen die Rente der Älteren. Doch Wunsch und Wirklichkeit stimmen nur bedingt überein. Zugleich äußerten nämlich 40 Prozent die Auffassung, dass die Solidarität und der Austausch zwischen den Generationen heute nicht zufriedenstellend funktionieren.
Zwei Drittel erwarten Konflikte zwischen Jung und Alt
Es braut sich etwas zusammen: Fast zwei Drittel erwarten durch die Umverteilung von Jung zu Alt Konflikte. Dabei sehen die Jungen das Zusammenspiel der Generationen viel stärker bedroht als ältere Menschen. Je jünger die Befragten, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit von Konflikten eingeschätzt: Millenials (18 – 35 Jahre) 70 Prozent, Generation X (36 – 50 Jahre) 68 Prozent, Babyboomer (51 – 65 Jahre) 63 Prozent, Veteranen (66 – 79 Jahre) 55 Prozent. Immerhin jeweils ein Drittel der Milleniums, der Generation X und der Babyboomer zeigte sich schon jetzt nicht bereit, die ältere Generation zu finanzieren. Das relativiert die übergroße Mehrheit, die sich allgemein für mehr Solidarität aussprach, erheblich.
Diese Ablehnung könnte sich mit steigenden Belastungen, die wegen der demografischen Entwicklung ins Haus stehen, noch vergrößern. So sind heute schon 52 Prozent der Millenials der Meinung, die Älteren lebten heute auf Kosten der Jüngeren. In der Generation X ist diese Gruppe mit 37 Prozent zwar etwas kleiner, aber dennoch erheblich. Die rentennahe Generation und die Rentner selbst sehen dies erwartungsgemäß deutlich anders (Babyboomer: 23 Prozent, Veteranen: 14 Prozent).
Politiker sollten gewarnt sein
Die befragten Deutschen, Schweizer und Franzosen zeigten sich mehrheitlich einig bei der Beurteilung der Generationensolidarität. In einigen Punkten gingen die Meinungen aber doch ein ganzes Stück auseinander. Die Schweizer äußerten sich vor allem kritisch zur Umverteilung. Von ihnen waren insgesamt 40 Prozent der Ansicht, dass die Älteren auf Kosten der Jungen leben (Deutschland: 34 Prozent, Frankreich: 31 Prozent). Unter den Deutschen wiederum ist die Furcht vor Konflikten wegen der Umverteilung im Rentensystem besonders ausgeprägt. Fast drei Viertel (72 Prozent) der Deutschen rechnen damit (Schweiz: 69 Prozent, Frankreich: 54 Prozent).
Gerade Letzteres sollten deutsche Politiker vor Augen haben, wenn sie über Reformen am Rentensystem nachdenken. Die finanzielle Umverteilung von Jung zu Alt wird von einem erheblichen Anteil der jüngeren Generation heute schon als unfaire Bürde angesehen. Weitere Zugeständnisse an die aktuelle Rentnergeneration, wie sie vor allem mit den Reformschritten zu Beginn der amtierenden Großen Koalition in Deutschland gemacht wurden, gefährden die Akzeptanz unter jenen, die noch am längsten in das Rentensystem einzahlen müssen.
Weitere Ergebnisse der Umfrage zeigt die Slide-Show mit 14 Grafiken:
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