Website-Icon DIA Altersvorsorge

Gastarbeiter: hier geschuftet, dort in Rente

Rente

Ihre in Deutschland mitunter jahrzehntelang erarbeitete Rente beziehen viele ehemalige Gastarbeiter dann doch lieber zuhause – zumindest die aus den ersten Generationen. Darauf deuten neue Zahlen zu den Auslandsüberweisungen der Deutschen Rentenversicherung hin.

Am 10. September 1964 stieg der damals 38-jährige Armando Rodrigues de Sá aus dem kleinen nordportugiesischen Dorf Vale de Madeiros im Köln-Deutzer Bahnhof aus dem Zug. Dort erwartete ihn sprichwörtlich ein „großer Bahnhof“. Immerhin wurde Senor de Sá als einmillionster Gastarbeiter in Deutschland begrüßt. Zackig mit der portugiesischen Nationalhymne und ganz materialistisch mit einem Zündapp-Moped empfangen. Also mit jenem Pomp, den sich die damalige Republik in jener Zeit so leisten konnte. Auch wenn der arbeitswillige Portugiese laut Lokalpresse eher zufällig ausgewählt worden war. In jenem Moment wird er wohl kaum an seine spätere Rente gedacht haben. Noch heute hingegen profitieren viele Tausende ehemalige Gastarbeiter von ihrer „Aufbauarbeit“, mit der sie diese Republik und sich selbst gewissermaßen reicher gemacht hatten. Unlängst veröffentlichte Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen, wohin nunmehr die meisten Zahlungen fließen. Ehemalige Gastarbeiter aus dem Süden Europas profitieren davon deutlich.

„Fachkräftemangel“ war damals noch kein Begriff

Deutschland, Mitte der 1950er Jahre. Mit dem Marshall-Plan sowie den hierzulande zunehmend marktwirtschaftlichen Anforderungen standen die ökonomischen Zeichen auf Aufbruch. Vor allem der Krieg und damit verbunden auch die hohe Zahl noch internierter Kriegsgefangener sorgten dafür, dass männliche Arbeitskräfte rar waren. „Fachkräftemangel“ war dabei noch kein Begriff. Es wurde einfach jeder gebraucht. So begann die noch junge Bundesrepublik bereits ab Mitte der 1950er Jahre zielstrebig ihren Arbeitskräftebedarf zu stillen.

Dafür hatte das deutsche Wirtschaftswunderland jeweils bilaterale Anwerbeabkommen mit etlichen Staaten abgeschlossen. Beginnend mit Italien wurden später auch aus Spanien, Griechenland, der Türkei, Jugoslawien und Portugal Arbeitskräfte nach Deutschland geholt. Selbst mit Marokko oder Tunesien wurden entsprechende Vereinbarungen getroffen. Doch während von den ersten Gastarbeitern viele wieder in ihre Heimat zurückkehrten, wandelte sich dieser Trend später. Es wurden immer mehr in Deutschland dauerhaft sesshaft, zum Beispiel aus der Türkei.

Die meisten Zahlungen gehen nach Italien

Daher ist es auch nicht weiter überraschend, wohin nunmehr die ins Ausland gezahlten Leistungen der Deutschen Rentenversicherung größtenteils gehen.

Abgesehen von den deutschen Rentnern, die ihren Ruhestand lieber im Ausland verbringen, erfolgt der überwiegende Teil der staatlichen Rentenüberweisungen ins Ausland an ehemals hier beschäftigte Gastarbeiter. Spitzenreiter dabei ist Italien. Rund 367.000 Italienerinnen und Italiener sowie etwa 6.900 Deutsche bekommen ihre Rente südlich der Alpen.

Doch auch in die Staaten des ehemaligen Jugoslawien (232.000) gehen zahlreiche Zahlungen, darunter die meisten nach Kroatien. Gut vertreten sind deutsche Renten ebenso in Spanien (rund 227.000). Über 100.000 Rentenzahlungen werden Monat für Monat nach Österreich sowie Griechenland geleistet. Nach Übersee sind die USA und Kanada häufige Zielländer für in Deutschland erworbene Rentenansprüche. In Portugal hingegen kommen gerade einmal rund 24.000 Renten an. Armando Rodrigues war nie unter den Empfängern. Er starb bereits 1979 und hatte seine verdiente Rente leider nicht mehr erlebt.

Mehr als 1,7 Millionen „grenzüberschreitende“ Renten

Summa summarum gingen mit Stand Ende 2016 über 1,7 Millionen deutsche Renten ins Ausland. Die Empfänger waren 234.017 Deutsche und über 1,5 Millionen Ausländer. Viele von ihnen stammten aus den Generationen der ersten Gastarbeiter in der Bundesrepublik, die inzwischen wieder in ihren Heimatländern oder in anderen Teilen der Welt leben. Basis für diese Rentenzahlungen ins Ausland sind neben EU-rechtlichen Grundlagen in der Regel sozialrechtliche Vereinbarungen, die zwischen Deutschland und anderen Ländern bestehen.

Deutschland hat mit etwa 20 Staaten bisher solche Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Dabei gilt jedoch die Einschränkung, dass Rentenansprüche aus Weltkriegszeiten oder aus dem Herkunftsland von (Spät-)Aussiedlern nicht ins Ausland überwiesen werden können. Zudem werden unter bestimmten Voraussetzungen dorthin auch keine vollen Erwerbsminderungsrenten ausgezahlt. Auch Rentenansprüche aus DDR-Zeiten bleiben bis 2025 bei Auszahlung in einem Drittstaat auf das derzeit noch niedrigere Ost-Niveau umgestellt.

Vertragsarbeiter der DDR gingen meist leer aus

Auch in der DDR fehlte es beim geplanten Aufbau des Sozialismus einst – vor allem ab den 1970er Jahren – an ausreichend Arbeitskräften. Bis zu 150.000 Menschen kamen deshalb als Gastarbeiter aus befreundeten Staaten wie Mozambique, Angola, Kuba oder Vietnam. In der DDR hießen diese Arbeitskräfte aus dem Ausland „Vertragsarbeiter“. Nahezu alle von ihnen gingen später in punkto Rentenanwartschaften leer aus. Das lag vornehmlich an Abfindungsregelungen, die im Zuge der Wiedervereinigung in Kraft traten, oder an speziellen Verträgen, die zwischen der DDR und den jeweiligen „Bruderstaaten“ bestanden.