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    Einkommen & Vermögen

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    Einkommen & Vermögen | 13.4.2022 Drucken

    Umkehrhypothek als Finanzierung im Alter?

    Werbung für Immobilienverrentung und Teilverkauf von selbstgenutzten Wohnhäusern boomt derzeit. Unternehmen, die solche Lösungen anbieten, versprechen Eigentümern Liquidität im Alter. Der Preis ist der teilweise oder gar komplette Verzicht auf die Immobilie.

    Eine verwandte Lösung, nämlich die Umkehrhypothek, verschafft den Hausbesitzern ebenfalls ein zusätzliches Einkommen, ohne die Immobilie veräußern zu müssen. Ein DIA-Werkstattgespräch mit Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., geht der Frage nach, warum die Umkehrhypothek sich bislang in Deutschland nicht durchsetzte.

    Angebote für Umkehrhypotheken sind in Deutschland schwer zu finden. Lässt sich das erklären?

    Ein Grund ist aus unserer Sicht ein Henne-Ei-Dilemma. Was muss zuerst da sein? Die Nachfrage, damit ein Produkt vom Markt angeboten wird, oder ein Angebot, das dann Nachfrage generiert. Nachfrage ist aus unserer Sicht vorhanden. Das zeigen die zunehmenden Produkte zur Immobilienverrentung. Aber alle Anbieter, die noch vor einigen Jahren das Produkt „Umkehrhypothek“ pilothaft auf den Markt brachten, haben es wieder eingestellt. Damals waren allerdings die Rahmenbedingungen ganz anders. Hohe Zinsen und nicht so hohe Immobilienwerte machten die monatlich verbleibende Immobilienrente aus einer Umkehrhypothek anscheinend unattraktiv. Insgesamt ist das Produkt zudem recht komplex und beratungsintensiv. Es war damit für Anbieter wenig lukrativ. Erschwerend kommt die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos des Hypothekennehmers hinzu. Eine sichere, dauerhafte Rentenzahlung bis zu einem sehr hohen Alter ergab für den Kunden ebenfalls recht geringe Renten.

    Markt hat noch kein Angebot geschaffen

    Auch die Tatsache, dass dies in Teilen ein Versicherungs- und in Teilen ein Bankgeschäft ist, bereitet Probleme. Banken dürfen kein Versicherungsgeschäft betreiben. Die Umkehrhypothek passt aber eher nicht in die Logik der Versicherungswirtschaft. Dies zusammen sind mutmaßlich die Hauptgründe dafür, dass der Markt das Problem bisher noch nicht gelöst und ein entsprechendes Angebot geschaffen hat. Aber unserer Meinung nach gibt es Lösungen, die den Wohneigentümern mit der Umkehrhypothek eine attraktive Alternative zu den bereits vorhandenen Immobilienverzehrprodukten sowie eine weitere Chance auf Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Für Immobilienfinanzierer wären sie eine Ergänzung ihres Produktportfolios, um private Immobilienkunden vom Erwerb bis zum Verzehr dauerhaft zu begleiten. So könnte schon eine zeitlich begrenzte Rentenzahlung zum Beispiel bis zum Alter 90 die Attraktivität deutlich erhöhen. Alternativ könnten Versicherungen und Banken gemeinsam ein Produkt konstruieren. 

    Andere Bedingungen in den USA und in Großbritannien

    In den USA und in Großbritannien ist die Umkehrhypothek eine verbreitete Form der Altersvorsorge. Was ist in Deutschland anders? Die Banken, die sich aus kalkulatorischen oder Reputationsgründen ein solches Angebot nicht trauen? Die Mentalität der Deutschen, die eine Verschuldung im Alter meidet?

    Ein nicht zu unterschätzender Grund ist zum einen tatsächlich die Mentalität, zum anderen sind es die sozialen Sicherungssysteme. In den USA und Großbritannien ist die soziale Absicherung durch Renten sehr viel schlechter ausgeprägt. Gekoppelt mit einer viel höheren Wohneigentumsquote in beiden Ländern – etwa 65 Prozent in Großbritannien gegenüber 45 Prozent in Deutschland – ist das Wohneigentum eine unverzichtbare Quelle für zusätzliche Alterseinkünfte. Zumindest mittelfristig werden bei sinkenden gesetzlichen und betrieblichen Rentenniveaus aber auch viele deutsche Eigentümer in eine ähnliche Situation kommen.

    Aber auch bessere rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen spielen eine wichtige Rolle in den USA und in Großbritannien. Zum Beispiel eine gemeinschaftlich organisierte Form der Risikoübernahme, in den USA auch durch einen staatlich getragenen Fonds zum Langlebigkeits-, aber auch zum Ausfallrisiko der Banken. In den USA stellen Reverse-Mortgage-Produkte deshalb ein erfolgreiches Modell dar. Auch in Großbritannien sind sie bereits seit 1965 etabliert. Das Land ist weltweit der zweitgrößte Markt dafür. Diese Parameter ließen sich ohne Schwierigkeiten auf Deutschland übertragen, um auch Wohneigentümern hierzulande die Möglichkeit zu bieten, ihre Immobilie zur Ruhestandsfinanzierung zu nutzen.

    Von Vorteil: kein biometrisches Risiko

    Lässt man mal den gravierenden Unterschied beiseite, nämlich den Eigentümerwechsel, wie fällt dann bei den anderen Eigenschaften ein Vergleich von Immobilienverrentung, Teilverkauf und Umkehrhypothek aus? Vor allem mit Blick auf die Zahlungen an die Eigentümer.

    Die Höhe der zu erwartenden Zahlung hängt von der Laufzeit des Darlehens ab. Da aber kein biometrisches Risiko eingepreist werden muss, dürfte die Zahlung abzüglich der Zinsen aus der Umkehrhypothek höher sein. Was die Risikoabschläge angeht, so muss davon ausgegangen werden, dass Banken dieses Geschäft ausschließlich im ersten Rang betreiben werden. In Ausnahmefällen, zum Beispiel in sehr guter Lage, könnte ich mir vorstellen, dass auch darüber hinaus gegangen wird. Je besser die Lage und der Zustand des Hauses, desto höher der Beleihungsrahmen. Je kürzer die Laufzeit des Darlehens umso höher die Zahlung. Sollte der Umkehrhypothekennehmer am Ende der Darlehenslaufzeit noch leben und weiter in der Wohnung wohnen bleiben, könnte das Darlehen zu den dann geltenden Zinsen prolongiert werden. Hier profitiert er nochmal vom gegebenenfalls gestiegenen Immobilienwert.

    Lösungen für das Zinsänderungsrisiko

    Aus Sicht des Kunden böte ein gleichbleibender Zins mehr Sicherheit, weil die Zinszahlung später nicht steigen kann. Andererseits machen die langen Zeiträume und ein stabiler Zins die Umkehrhypothek weniger attraktiv. Welche Lösung gibt es für das Zinsänderungsrisiko?

    Für das Zinsänderungsrisiko böten sich zwei Ansätze: Entweder man vereinbart einen stabilen Zins, in den die Bank Zinsänderungsrisiken für die Refinanzierung einpreisen muss. Er ist deshalb höher. Die Alternative wäre ein variabler Zins, wodurch sich dann aber die Obergrenze der zu belastenden Hypothek bei einem niedrigen Eingangszins reduziert, weil die Zinsen künftig steigen können.

    Für Bausparkassen geeignet, aber nicht erlaubt

    Gerade Bausparkassen könnten über das Kollektiv gut eine Finanzierung für Umkehrhypotheken darstellen. Außerdem böte sich damit eine Chance, in der Niedrigzinsphase weggefallene Finanzierungen durch ein neues Geschäftsfeld zu ersetzen. Warum haben Bausparkassen die Umkehrhypothek noch nicht entdeckt?

    Ein Haupthindernis besteht darin, dass Teile einer Umkehrhypothek Versicherungsgeschäfte sind. Außerdem erscheinen die Produkte aus Bankensicht recht komplex und beratungsintensiv und auch durch die Verbindung mit dem Thema Tod und Erben heikel in der Beratung. Im Vergleich zu den bisherigen Immobilienverzehrprodukten besitzt die Umkehrhypothek allerdings Vorteile. Das Eigentum bleibt erhalten. Außerdem ist sie transparenter. Aber offenkundig besteht auch gegenüber Umkehrhypotheken wegen der scheinbar geringen Rentensummen pro Monat der Eindruck, dass man übervorteilt wird, obwohl der große Vorteil darin liegt, dass der Kredit nur so lange anwächst, wie die Rente gezahlt wird und der Restwert der Immobilie beim Eigentümer oder seinen Erben verbleibt. Bei der Leibrente ist die Immobilie weg.

    Dieses Geschäft wäre für Bausparkassen prädestiniert und würde den gesamten Lebenszyklus einer Kundenbeziehung komplettieren. Der Kunde fängt als Bausparer an, um das notwendige Eigenkapital anzusparen, finanziert den Eigenheimerwerb, finanziert Modernisierungen und geht am Ende zum Verzehr des selbstgeschaffenen Eigenheims über. Der Haken an der Sache: nach dem Bausparkassengesetz ist dies heute noch nicht zulässig, da nur der Erwerb von Wohneigentum finanziert werden darf. Das müsste der Gesetzgeber ändern.

    Gesetzgeber sollte einiges klarstellen

    Bleiben wir bei den regulatorischen Anforderungen. Was steht noch auf Agenda?

    Tiefgreifende Änderungen braucht es eigentlich nicht, aber ein paar Erleichterungen wären hilfreich. So müssten Unklarheiten hinsichtlich des Zinseszinsverbotes und bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses beseitigt werden. Bei der Umkehrhypothek baut sich, analog zu einem privaten Dispo- oder Kontokorrentkredit der Darlehenssaldo sukzessive auf und auch die Zinsen würden aufgrund ihrer „Nichtfälligkeit“ in den Darlehenssaldo einfließen. Vor diesem Hintergrund muss die Anwendung des § 248 Abs.1 BGB (Zinseszinsverbot) ausgeschlossen werden. Ebenfalls könnte die Absicherung des Langlebigkeitsrisiko durch kollektive Lösungen erleichtert werden. So müsste es nicht von jedem Anbieter allein abgesichert werden, sondern durch ein gemeinschaftliches Fondssystem.

    Auch eine noch eindeutigere und klare rechtliche Definition könnte helfen. Die in der Regel lebenslange Auszahlung, in jedem Fall aber die Voraussetzung, zu Lebzeiten keine Rückzahlungen leisten zu müssen, führt für den Anbieter zu Risiken bei der Vergabe des Darlehens. Real betrachtet tritt dieser Risikofall in Form einer notwendigen Stundung des Darlehens und gegebenenfalls weiteren Auszahlungen nach „Verbrauchen“ des Immobilienwertes jedoch höchst selten ein. Statt diese Einzelfallrisiken auf jedes Darlehen in Form von Abschlägen zu kalkulieren, wäre eine gemeinschaftliche Versicherung der „Langlebigkeit“ in Form eines Risikofonds wesentlich attraktiver.

    Auszahlung in Tranchen statt auf einen Schlag

    Darlehen gibt es traditionell auf einen Schlag. Bei einer Umkehrhypothek, die als Zusatzrente dient, ist eine einmalige Auszahlung aber unpassend. Der Empfänger plant die Ausgabe des Geldes ratierlich über einen langen Zeitraum. Wenn er alles Geld sofort bekommt, muss er zum einen auf den gesamten Betrag von Anfang an Zins zahlen, zum anderen hat er ein derzeit kaum zu lösendes Anlageproblem. Am Ende wird es auf eine zinslose „Aufbewahrung“ der Darlehenssumme hinauslaufen, die obendrein der Inflation ausgesetzt ist. Wäre eine Auszahlung des Betrags in Monats- oder Jahrestranchen nicht die kundenfreundlichere Lösung? Die Zinslast folgt dann der Verwendung der Darlehensmittel. Hand aufs Herz: Wollen und können Banken so etwas?

    In Bezug auf die Zinswirkung ist dies richtig gedacht. Bisherige Modelle waren aber auch meist auf monatliche oder jährliche Zahlungen ausgelegt oder aber den Kunden wurde Wahlfreiheit gelassen. Mancher benötigt eine oder mehrere größere Zahlungen. Andere wünschen eine planbare monatliche oder jährliche Rate zur Aufbesserung des Lebensstandards. Das Problem der ratierlichen Auszahlung auf Seiten der Bank ist, dass sie damit in ein Zinsänderungsrisiko läuft. Je nachdem, wie sie ihre Zinsänderungsrisiken steuert, hat das Auswirkungen auf die Zinsfestschreibungszeiten. Bausparkassen könnten hier das Bausparkollektiv nutzen.


    Das Werkstattgespräch entstand im Austausch mit Oda Scheibelhuber, Staatssekretärin a. D. und Vorsitzende des ifs Institut Wohneigentum; Dirk Botzem, Vorstand der Debeka Bausparkasse, und Manfred Morwinski, Leiter Immobilienkunden/Wohneigentum der Investitionsbank Schleswig-Holstein.

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